Wahlen in Katalonien: Wie gewonnen, so zerronnen?

Die Neuwahlen bringen in der Katalonienkrise zwei selbsterklärte Wahlgewinner, aber keine Einigungsansätze.

(Foto: Wikimedia Commons)

„Präsidentin, Präsidentin“ hallt es über die Plaça d‘Espanya in Barcelona, als Inés Arrimadas gegen Mitternacht das Podium betritt. Die Leaderin der liberalen Ciutadans-Partei proklamiert mit 25,37 Prozent aller Stimmen den Wahlsieg – ein Sieg für ein vereintes Katalonien, ein vereintes Spanien, ja ein vereintes Europa.

Doch auch im separatistischen Lager wird in dieser Wahlnacht des 21. Dezembers gefeiert – die drei Pro-Unabhängigkeitsparteien JxC, ERC und CUP kommen in den vorgezogenen Regionalwahlen zwar nur auf 47,5 Prozent der Stimmen, doch dank des katalanischen Wahlsystems, das die traditionell separatistischen ruralen Gegenden bevorzugt, auf eine absolute Mehrheit an Sitzen.

Regieren per WhatsApp

Eröffnet wird das neugewählte Regionalparlament am 17. Januar. Bis zu fünf der 135 Abgeordneten könnten aber von der Teilnahme an der ersten Sitzung ausgeschlossen sein, da sie sich entweder in Madrid in Haft oder in Brüssel im Exil befinden. So wurde etwa der Antrag des früheren Vizepräsidenten und Spitzenkandidat der separatistischen ERC, Oriol Junqueras, auf Entlassung aus der Haft in Madrid abgelehnt.

Carles Puigdemont seinerseits will angesichts eines in Spanien ausstehenden Haftbefehls weiterhin im Exil bleiben; er schließt aber sowohl eine telematische Teilnahme an der ersten Parlamentssitzung wie auch eine physische Rückkehr nach Katalonien nicht aus, sollte er als Präsident wiedergewählt werden. Mariano Rajoy, Präsident der Zentralregierung in Madrid, nennt solch eine Aktion „absurd“, Wahlsiegerin Arrimadas mokiert sich darüber, ob Puigdemont glaube, er könne die Generalitat über Internet und Whatsapp präsidieren. Der separatistische Block, der mit 70 Sitzen die absolute Mehrheit hat, könnte am 17. Januar nur 65 Stimmen, und damit eine weniger als die Unionisten haben. Insgesamt 67 Stimmen werden für eine einfache, 68 für eine absolute Mehrheit gebraucht.

Am Wochenende kam Unruhe im separatistischen Lager auf, als katalanische Medien titelten, Puigdemont habe hinter vorgehaltener Hand gesagt, dass er eher Neuwahlen ausrufen würde, als einen anderen separatistischen Präsidenten zu akzeptieren. Am Dienstagabend konnten die Unabhängigskeitanhänger aber aufatmen: In Brüssel hatten sich die beiden großen Unabhängigkeitsparteien ERC und JxC auf einen Pakt geeinigt. Auf die nötigen Stimmen für eine absolute Mehrheit, um Puigdemont als Präsidenten zu bestätigen, würden sie dank der kleineren separatistischen Partei CUP kommen.

Binnen zweier Wochen nach der Eröffnung des Parlaments – also bis zum 31. Januar – kommt es zur Wahl eines Präsidenten. Im ersten Wahlgang wird eine absolute Mehrheit benötigt, im zweiten reicht eine einfache Mehrheit. Die Regierung muss in den darauffolgenden zwei Monaten gebildet werden.

Dass Puigdemont sein Amt zurückgewinnt ist wahrscheinlich, ob und wie er sein Mandat ausüben kann, bleibt aber weiterhin unklar. Aus Madrid kamen indes erste Stimmen, dass man, im Falle einer Fortsetzung der Unabhängigkeitsbestrebungen, nicht zögern würde den Artikel 155 der spanischen Verfassung zu einer erneuten Absetzung des katalanischen Regionalparlaments auszurufen. Eins ist klar: Unterstützung für die Zentralregierung in Madrid gibt es in Katalonien kaum. Rajoys Regionierungspartei kam bei den Wahlen auf lediglich 4 Prozent.


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