Wasserschutz am Stausee: Blau-grüne Algen

Kommt die Invasion der Cyanobakterien im Stausee der grünen Umweltministerin gelegen? Ist Wasserschutz unvereinbar mit Biolandwirtschaft? Berechtigte Fragen und komplizierte Antworten.

Cyanobakterien-Kolonie. Nicht essen! (Foto: Wikimedia/Christian Fischer/CC BY-SA 3.0)

Ein „Weckruf“ der Natur sei die explosionsartige Vermehrung der Blaualgen im Stausee an der Obersauer, so Umweltministerin Carole Dieschbourg am Dienstag bei der Pressekonferenz über Wasserschutz und Cyanobakterien (wie die Blaualgen von den Wissenschaftler*innen genannt werden). Kritik an den neuen Schutzmaßnahmen um den See war zuvor auf RTL-Tele laut geworden. Da lag es nahe, die Invasion der giftigen Mikroorganismen als Argumentationshilfe zu benutzen.

„Wir müssen das Trinkwasser für 400.000 Menschen bewahren“, unterstrich der neue Staatssekretär im Umweltministerium Claude Turmes. Es könne nicht sein, dass einzelne Personen – gemeint waren die sich beklagenden Landwirt*innen – sich aus privatem Interesse dem Allgemeinwohl entgegenstellten. „Wenn alles gut wäre mit dem Wasserschutz, dann hätten wir keine Blaualgen“, so Turmes‘ Argumentation. Dieschbourg räumte ein, dass es sich um eine komplexe Materie handle und es viele Ursachen für die Vermehrung der Blaualgen gebe. Man habe auch schon viele Maßnahmen ergriffen, zum Beispiel die Modernisierung der Kläranlagen. Doch die wichtigste Präventivmaßnahme ist in den Augen der Umweltministerin die Neuauflage der Wasserschutzzonen um den See.

Dieschbourg verweist auf das Pilotprojekt „Landwirtschaftlech Kooperatioun Uewersauer“ (LAKU), an dem über 70 Betriebe teilnehmen und wasserschutzkonforme Anbaumethoden ausprobieren. Besonders strenge Auflagen, insbesondere für organischen Dünger, gebe es nur in der Zone 2B, Das macht einen normalen Biolandbau tatsächlich unmöglich. „Dort liegen gerade mal 2,4 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche im gesamten Schutzgebiet“, wiegelte die Ministerin ab. Das Problem: Viele Betriebe nehmen nicht an der LAKU teil – 40 Prozent der Areale im Schutzgebiet. Und die Flächen in der Zone 2B machen immerhin 160 Hektar aus, was ein paar Betriebe hart trifft.

„Wir bieten eine Beratung an“, so die Umweltministerin. Sie komme auch aus einem Unternehmen – neue Umweltauflagen seien auch eine Gelegenheit, die Wirtschaftsweise zu überdenken und eine neue Vision zu entwickeln. Und zählt ein paar umweltschonende Alternativen zur „Massenproduktion für den Export“ auf: Firnis (Vernis) auf Leinölbasis, Dämmstoff und Biomasse aus Miscanthus, Hanfprodukte … Ob das die Landwirt*innen überzeugen wird?

(Foto: Wikimedia/Kelvinsong/CC BY-SA 3.0)

Menschenschutz ist Naturschutz

Die Sauer sei ein natürlicher Lebensraum, so ein zusätzliches Argument von Dieschbourg. „Wenn das Ökosystem kippt, dann können wir den Stausee als Wasserreservoir und in seinen anderen Funktionen vergessen. Trinkwasserschutz ist Naturschutz.“ Was grundsätzlich richtig ist, konnte allerdings im Anschluss an die Ausführungen des Wasserexperten Christian Penny weniger überzeugen. Die Nährstoffe für die Blaualgen, Phosphor und Stickstoff, haben sich laut Penny seit der Anlage des Sees angesammelt. Ein besserer Schutz werde erst langfristig Wirkung zeigen. Penny versicherte auch, von den Cyanobakterien gehe derzeit keine Gefahr für die Trinkwasserversorgung aus.

Die Argumentation, man brauche dringend Wasserschutzauflagen gegen die Blaualgen und für das Trinkwasser, ist ganz klar simplistisch und tendenziös. Die Eile der Ministerin und ihrer Partei hat, wie der Einsatz der CSV für die Landwirt*innen, mit dem Wahlkampf zu tun – und mit der Sorge, die CSV wolle nicht, wie behauptet, die Auflagen verbessern, sondern sie verwässern oder gar torpedieren. Eigentlich sind die Auflagen alleine schon deshalb notwendig, weil ein Stausee einen drastischen Eingriff in die Natur darstellt und als Ökosystem besonders verwundbar ist. Prävention ist nicht nur, wie das Ministerium unterstreicht, billiger als die immer aufwendigere Filterung des Trinkwassers, sie trägt auch zur Resilienz bei. Ernst machen mit dem Wasserschutz ist also richtig – nur wurde hier für eine gute Sache schlecht argumentiert.


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