Weinbau: Warten auf das Marketingkonzept

Klasse statt Masse, dieses Motto wurde auch in der rezenten Parlamentsdebatte zur Lage des Weinbaus betont. Doch auch der beste Wein muss an die Kundschaft gebracht werden.

(Fotos: woxx)

Bestgehütetes Geheimnis: Die Qualität des Luxemburger Weins ist oft hoch, nur die Kundschaft kriegt das nicht unbedingt mit. (Fotos: rw)

„Same procedure“ hieß es am Dienstag in der Chamber. In regelmäßigen Abständen verlangt der eine oder die andere Ost-Abgeordnete, mehr über die Lage im Luxemburger Weinbau zu wissen; diesmal war es die Oppositionspolitikerin Octavie Modert. Doch war ihre Rede nicht dazu angetan, den Minister ins Schwitzen zu bringen. Dabei kam die von ihr initiierte Orientierungsdebatte zur Lage des Weinbaus eigentlich gerade recht. Denn bei den aktuellen Konzentrationsprozessen riskieren immer mehr Genossenschaftsbetriebe, auf der Strecke zu bleiben (die woxx berichtete in Nr. 1397).

Die ehemalige CSV-Ministerin legte den Akzent ihrer Rede auf die Verwaltungshürden und übertriebenen Kontrollen, die die Winzerbetriebe plagen: „Mat kee Kontrollstaat aus eisem Land“, forderte sie. Modert störte sich auch am Verbot, Grünschnitt zu verbrennen, und äußerte ihr Bedauern darüber, dass die Umweltministerin die Sitzung bereits verlassen hatte. Das war tatsächlich schade, denn Ministerin Carole Dieschbourg (Déi Gréng) hätte erklären können, wo man denn mit dem durchaus Sinn machenden angekündigten Plan dran ist, Grünabfälle systematisch zu sammeln und zu verwerten statt sie unkontrolliert zu verbrennen.

Ein Problem mit der Kommunikation

Beim Thema Marketing griff Modert den in der Orientierungsdebatte 2012 von dem damaligen CSV-Deputierten Weydert gemachten Vorschlag auf, in Brüssel eine „Maison du Vin“ zu eröffnen. Und sie beklagte, dass die Vermarktungsstudie, die seit mehreren Jahren in der Pipeline steckt, noch immer nicht fertiggestellt ist. In der Tat lässt die bei Ernst & Young bestellte Studie weiterhin auf sich warten – erstaunlich angesichts der Dringlichkeit des Problems.

Denn darin waren sich alle Abgeordneten einig: Eine offensive Vermarktungsstrategie tut not, sowohl was das inländische Zielpublikum als auch was die neu zu erschließenden ausländischen Märkte angeht. Dass man es sich geleistet hat, die vom Weinbauinstitut vor einigen Jahren gerade zu diesem Zweck angeheuerte Marketingmanagerin Nathalie Reckinger kaltzustellen, erscheint angesichts dieser Notlage völlig unverständlich. Genauso wie die Stilllegung der „Commission de Promotion des Vins et Crémants“, die anscheinend zwischen den unterschiedlichen Interessen der PrivatwinzerInnen und denen der „Großen“, des Genossenschaftsverbands Vinsmoselle zum Beispiel, zerrieben worden ist. Der DP-Abgeordnete Gilles Baum wies in der Debatte zudem darauf hin, dass das staatlicherseits vorgesehene Budget zur Förderung des Weinmarktes reduziert worden ist. Immerhin forderte die Chamber in zwei einstimmig angenommenen Anträgen den Minister auf, die Studie „dans les meilleurs délais“ abzuschließen und Konsequenzen aus ihr zu ziehen.

Zum Marketing gehört auch ein adäquates Kulturangebot an der Mosel. Die LSAP-Abgeordnete Tess Burton erinnerte an die Pläne zur Einrichtung eines „Centre mosellan“, mit denen das etwas verstaubte Weinmuseum in Ehnen umgebaut werden soll. Doch auch dieses Projekt, das dem an der Mosel unvermeidlichen Architekten François Valentiny übertragen wurde und das bereits 2013 unter der vorigen Regierung vorgestellt worden war, scheint nicht voranzukommen.

Viel vs. gut

1399weintelexxWeinförderung läuft aber nicht nur über Werbekampagnen. Vordergründig waren sich alle einig, dass „Klasse statt Masse“ angesichts von Überproduktion und Preisverfall auf dem internationalen Markt die richtige Orientierung sei. Während Henri Kox (Déi Gréng) für eine Hektarbegrenzung plädierte, schlug Gilles Baum (DP) – trotz seiner Überzeugung, dass Billigexporte dem Ansehen des Luxemburger Weines abträglich sind – jedoch vor, als neue Absatzregionen auch Länder wie China, Skandinavien oder die baltischen Staaten ins Auge zu fassen. Ob zu solchen Plänen eine extensive, auf Qualität setzende Bewirtschaftung passt?

Weinbauminister Etgen warnte am Schluss der Debatte, dass ein Drittel des Areals wegzufallen drohe, weil der Absatz nicht mehr garantiert sei. Die Gesamtzahl der Betriebe ist in 10 Jahren von 445 auf 324 zurückgegangen, hauptberuflich betriebene Betriebe gibt es nur noch 171. Man fragt sich aber, wo staatliche Konzepte bleiben, die den gefährdeten Betrieben bei ihrer Umorientierung von Masse auf Klasse Unterstützung bieten. Eine wichtige Hilfe könnte hierbei allerdings das neue Agrargesetz sein, das, so Etgen, zum Ziel hat, die Entwicklung der Familienbetriebe zu fördern. Auch die Förderung von Direktvermarktung und die Subventionierung von „Schmaachstuffen“ seien möglich. Jedoch, so meinten mehrere Abgeordnete, müssten solche Aspekte des Gesetzes erst einmal bekanntgemacht werden. Henri Kox wies auch darauf hin, dass ein offensiver Aktionsplan für den Anbau des von der Kundschaft stark nachgefragten Bioweins weiterhin fehlt.

Ein letzter Punkt, der in der Debatte aufhorchen ließ, ist die Ausbildung. Abgeordnete Modert äußerte, dass sich die meisten der zukünftigen WinzerInnen ihr Wissen im Ausland aneignen. Der Ausbildungsstand sei generell hoch, weshalb Investitionen in diesem Bereich nicht erforderlich seien. In Luxemburg wird tatsächlich seit Jahren keine Ausbildung im Weinbau mehr angeboten, wie Tom Delles, Direktor der Ackerbauschule in Ettelbrück, auf Nachfrage gegenüber der woxx bestätigte. Ein letzter Versuch, Ende der Neunzigerjahre unternommen, sei aufgrund mangelnden Erfolgs abgebrochen worden, die Ackerbauschule sei jedoch für neue Vorschläge offen. Im Luxemburger Immigrationsmilieu, besonders in der portugiesischen Community, bringen viele junge Leute bereits Weinbau-Erfahrungen aus ihrem Ursprungsland mit. Laut Tom Delles ist es jedoch im Luxemburger Weinbau, ähnlich wie in der Landwirtschaft, für Externe schwierig, „an dee Milieu eranzekommen“. Eher würden die brachliegenden Flächen Nachbarbetrieben überlassen.


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