Willis Tipps
: Juli 2017

Drei Virtuosen aus Madagaskar

Madagaskar galt in den 1990er-Jahren als musikalischer Hotspot, verschwand dann aber fast vollständig aus den Katalogen der europäischen Labels. Drei bemerkenswerte KünstlerInnen von damals haben sich jetzt unter dem Namen Toko Telo zusammengetan. Monika Njava hatte zuvor mit ihrer starken, vibrierenden Stimme den Klang der Familienband Njava geprägt. D’Gary besaß Kultstatus wegen seines ausgefallenen, perlenden Gitarrenstils, der tief in den musikalischen Traditionen des madagassischen Südens verwurzelt ist. Régis Gizavo, der auch bei den korsischen I Muvrini glänzte, bestach durch seine traumhafte Beherrschung des diatonischen Akkordeons, das die Stimmung der traditionellen Trance-Rituale der Insel transportiert. Wie man auf Toy Raha Toy hören kann, haben die drei nichts verlernt. Im Gegenteil: Toko Telo ist ein perfekt eingespieltes, gereiftes und virtuoses Trio, das wieder richtig Lust auf die fremd-vertrauten Melodien und leicht vertrackten Rhythmen Madagaskars macht.

Toko Telo – Toy Raha Toy (Anio Records)

Wiederentdeckt: die Seele Sowetos

Auch die Musik aus der Republik Südafrika war auf einmal weg, obwohl sie nicht nur in England den Weltmusikboom ausgelöst hatte. Der niederländische Gitarrist und Produzent Joep Pelt hat alte und junge Musiker von dort versammelt und unter dem Namen Soweto Soul eine Platte produziert, auf der klassische südafrikanische Stile wie der jazzige Jive, der stampfende Mbaqanga und der moderne, an der House-Musik orientierte Kwaito zusammengeführt und wieder zugänglich gemacht werden. Einige Mitglieder von Soweto Soul spielten früher in legendären Bands, andere kommen aus der ganz aktuellen Szene; zusammen mit Pelt haben sie nun eine quirlige Platte mit tollen Grooves aufgenommen. Da mischt sich der Chorgesang der Frauengruppe Afrika Mamas mit dem Rap von Zuluboy, und die Hammondorgel von Black Moses Ngwenya bringt die sagenhaften Soul Brothers in die Gegenwart. Wer da noch ruhig sitzen bleiben kann, dem ist nicht zu helfen.

Soweto Soul – Soweto Soul (Joep Pelt Records)

Die moderne Stimme Barcelonas

Die Speerspitze der Mestizoszene Barcelonas war – neben Manu Chao – die Gruppe Ojos de Brujo mit der prägnanten Sängerin Marina Abad. Seit der von vielen bedauerten Auflösung der Band 2010 macht die Frontfrau unter dem Namen Marinah eigene Aufnahmen. Während zahlreiche Mestizobands laut und Ska-lastig sind, waren die Ojos immer subtiler und deutlich an der Flamencovariante Rumba Catalan orientiert. So ist es auch auf Marinahs zweitem Soloalbum Afrolailo, wo sie u.a. von alten BandkollegInnen und zahlreichen GastmusikerInnen begleitet wird. Es klingt denn auch weitgehend nach einer neuen Ojos de Brujo-Platte, was nicht zuletzt an Marina Abads unverwechselbarer Stimme liegt. Die musikalische Basis bleibt die Rumba Catalan, die mal mit einem Schuss Reggae, mal mit Rap, Jazz oder mit Kubaklängen verfeinert wird. Das ist eine schöne, abwechselungsreiche, beinahe elegante Scheibe, die zudem hübsch verpackt ist.

Marinah – Afrolailo (Kasba Music)

 

 

 

Juli – Top 20

1. Danyèl Waro – Monmon (Cobalt/Buda Musique) La Réunion
2. Oumou Sangaré – Mogoya (Nø Førmat!) Mali
3. Orchestra Baobab – Tribute to Ndiouga Dieng (World Circuit Records) Senegal
4. Ifriqiyya Électrique – Rûwâhîne (Glitterbeat Records) Frankreich/Tunesien
5. Vieux Farka Touré – Samba (Six Degrees Records) Mali
6. Toko Telo – Toy Raha Toy (Anio Records) Madagaskar
7. Daymé Arocena – Cubafonía (Brownswood Recordings) Kuba
8. Mara Aranda – Sefarad en el Corazón de Marruecos (Mara Aranda) Spanien
9. Trad.Attack! – Kullakarva / Shimmer Gold (Trad.Attack! Music) Estland
10. Yasmine Hamdan – Al Jamilat (Crammed Discs) Libanon
11. Sabîl – Zabad, l’Écume des Nuits / Zabad, Twilight Tide (Harmonia Mundi) Palästina/Libanon/Frankreich)
12. Mokoomba – Luyando (Outhere Records) Zimbabwe
13. Dimitris Mystakidis – Amerika (Fishbowl) Griechenland
14. Martha Mavroidi – I Klosti kai to Veloni / Thread and Needle (Violins Productions) Griechenland
15. Melech Mechaya – Aurora (Felmay) Portugal
16. V.A. – Zaire 74: The African Artists (Wrasse Records) (DR Kongo/RSA)
17. Songhoy Blues – Résistance (Transgressive Records) Mali
18. Monoswezi – A Je (Riverboat Records) Zimbabwe/Mosambik/Norwegen/Schweden
19. Quantic & Nidia Góngora – Curao (Tru Thoughts) GB/Kolumbien
20. Carmen Souza – Creology (Galileo Music) Kapverden

Die TWMC TOP 20/40 bei: http://www.transglobalwmc.com/ und bei Facebook „Mondophon auf Radio ARA“ und www.woxx.lu/author/Klopottek.


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