Willis Tipps
: September 2018

Brillantes indisches Debut

Anandi Bhattacharya ist eine erst 22-jährige indische Sängerin, die gerade ein bemerkenswertes Debutalbum herausgebracht hat. Über ihren Vater, den renommierten Slidegitarristen Debashish Bhattacharya, ist sie mit traditioneller indischer Musik wohlvertraut, zählt aber auch Ella Fitzgerald und Joni Mitchell zu ihren Einflüssen. Infolgedessen hat sie kein puristisches Album produziert, sondern ein Werk, das im Indischen fußt und sich doch stellenweise in andere Sphären wie den Flamenco hineinbewegt. Joys Abound belegt, dass sie den indischen Scat-Gesang, der die komplizierten Rhythmen der Tabla-Trommel imitiert, perfekt beherrscht und ihren Vortrag feindosiert mit Jazz zu würzen versteht. Diese Platte, bei der auch ihr Vater mitgewirkt hat, lässt die Hörer und Hörerinnen an der überschäumenden Freude teilhaben, die sie beim Einspielen im Studio hatte. Das macht wirklich Spaß!

Anandi Bhattacharya – Joys Abound (Riverboat/World Music Network)


Stella Chiweshe wiederentdeckt

Ihre erste international erhältliche Aufnahme erschien 1987 und elektrisierte die damals noch junge Weltmusikszene. Stella Chiweshe begleitet ihren kraftvollen Gesang selbst mit den perkussiven Klängen der Mbira, dem Daumenklavier, die zuvor nur von Männern gespielt wurde. Die Musik Chiweshes und die ihrer Heimat Zimbabwe insgesamt stieß hier nicht zuletzt deshalb auf großes Interesse, weil viele mit dem schließlich siegreichen Kampf der Schwarzen gegen die blutige Unterdrückung durch eine weiße Minderheit im damaligen Rhodesien sympathisierten. Bis 2006 erschienen sieben erfolgreiche Alben von ihr auf dem Piranha Label. Seitdem ist Funkstille, obwohl die heute 72-jährige, die zeitweise in Berlin lebt, immer noch Konzerte gibt. Auf Kasahwa: Early Singles sind nun acht Stücke erhältlich, die Chiweshe zwischen 1974 und 1983 nur in Zimbabwe als Singles veröffentlicht hatte. Das ist die ungebändigte, rohe und keineswegs gefällige musikalische Power einer vitalen Frau, die man (wieder) gehört haben muss.

Stella Chiweshe – Kasahwa: Early Singles (Glitterbeat)


Gurrumul posthum orchestral

Als erster indigener Australier schaffte es Geoffrey Gurrumul Yunupingu 2009 in die europäischen Hitparaden. Mit seiner eindringlich hohen Stimme und schönen Melodien erreichte der blinde Angehörige des Yolngu-Volkes aus dem Norden des Kontinents, der vorher Mitglied der legendären Yothu Yindi und Saltwater Band war, unter seinem Kurznamen Gurrumul viele Menschen, die bis dahin außer Didgeridoo-Klängen keine Vorstellung von der Musik der Aboriginals hatten. Vor einem Jahr ist er im Alter von nur 46 Jahren gestorben. Posthum erschien nun Djarimirri mit 12 Stücken in ganz unerwarteter Form. Seine vorherigen Alben waren recht sparsam und konventionell instrumentiert; hier kommt nun eine wilde, orchestrale, von Streichern und Bläsern dominierte Begleitung zum Zuge, die an die Minimal-Music eines Steve Reich erinnert. Die Einspielung ist nicht arm an beinahe dissonanten Tönen und trägt trotzdem verblüffend überzeugend die schöne Stimme und die bewegenden Lieder Gurrumuls. Eine ganz erstaunliche und in Australien bereits preisgekrönte Platte!

Gurrumul – Djarimirri/Child of the Rainbow (Skinnyfish)


September – Top 20

1. Samba Touré – Wande (Glitterbeat) Mali
2. Ammar 808 – Maghreb United (Glitterbeat) Marokko/Algerien/Tunesien
3. Fatoumata Diawara – Fenfo (Wagram) Mali
4. Anandi Bhattacharya – Joys Abound (Riverboat) Indien
5. SANS – Kulku (Cloud Valley) Finnland/Fusion
6. The Turbans – The Turbans (Six Degrees) GB
7. Angelique Kidjo – Remain in Light (Kravenworks) Benin/USA
8. Vigüela – A Tiempo Real (ARC Music) Spanien
9. Chancha Vía Circuito – Bienaventuranza (Wonderwheel) Argentinien
10. Hermeto Pascoal – Hermeto Pascoal e sua Visão Original do Forró (Scubidu) Brasilien
11. Catrin Finch & Seckou Keita – Soar (Bendigedig) Wales/Senegal
12. Red Baraat – Sound the People (Rhyme & Reason) USA
13. Bombino – Deran (Partisan) Niger
14. Toko Telo – Diavola (Anio) Madagaskar
15. Amsterdam Klezmer Band & Söndörgo – Szikra (Vetnasj) NL/Ungarn
16. Shadi Fathi & Bijan Chemirani – Delâshena (Buda Musique) Iran
17. Eliades Ochoa & Alejandro Almenares – Dos Gigantes de la Música Cubana (Tumi) Kuba
18. Arat Kilo, Mamani Keïta, Mike Ladd – Visions of Selam (Accords Croisés) F/Mali/USA
19. Yossi Fine & Ben Aylon – Blue Desert (Blue Desert) Israel
20. Grupo Mono Blanco – ¡Fandango! Sones Jarochos de Veracruz (Smithsonian Folkways) Mexiko

Die TWMC TOP 20/40 bei: http://www.transglobalwmc.com/ und bei Facebook „Mondophon auf Radio ARA“ und www.woxx.lu/author/Klopottek.


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