Aktionspläne gegen Lärm und Luftverschmutzung (3/3): Warum Tempolimits sinnvoll wären

Sowohl bei den Plänen für Lärmschutz als auch beim Programm gegen Luftverschmutzung fristen Tempolimits ein Nischendasein. Dabei wären sie eine einfache und effektive Maßnahme, um beide Probleme zu bekämpfen.

Foto: CC-BY-SA Manfred Sauke/wikimedia

In den Niederlanden wurde am 27. Oktober, ein allgemeines Tempolimit von 30 km/h in Siedlungsgebieten beschlossen. Eine niedrigere Höchstgeschwindigkeit innerorts ist in vielen Ländern eine langjährige Forderung von Aktivist*innen, aber auch der Wissenschaft. Die Vorteile liegen auf der Hand: Für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen gestaltet sich der Verkehrsraum so sicherer. Außerdem werden die Emissionen von Lärm und Schadstoffen dadurch gedrosselt.

In dem „programme national de lutte contre la pollution atmosphérique (NAPCP)“ fehlt ein Verweis auf Geschwindigkeitsbegrenzungen gänzlich, in dem Aktionsplan gegen Straßenlärm auf vielbefahrenen Straßen ist die Möglichkeit zumindest erwähnt. Gleich wird jedoch abgewiegelt, dass dadurch der Verkehrsfluss ins Stocken geraten könnte. In dem Plan zum Ballungsgebiet Luxemburg-Stadt, wo eine solche Maßnahme eigentlich ihren Platz finden sollte, ist nichts von Geschwindigkeitsbegrenzungen zu lesen.

Elektrofahrzeuge werden oft als sehr leise beschrieben. Diese Eigenschaft haben sie aber nur bei niedrigen Geschwindigkeiten, denn ab etwa 30 km/h dominiert auch bei Verbrennungsmotoren das Geräusch, das von den Reifen auf dem Asphalt erzeugt wird. Wer sich also von der individuellen Elektromobilität leise Straßen erhofft, muss die Geschwindigkeit senken.

Solche Maßnahmen sorgen ebenfalls für mehr Verkehrssicherheit, weil der „Tunnelblick“, also die Verengung des Sichtfeldes, nicht so ausgeprägt ist. Der Unterschied zwischen 30 und 50 km/h ist größer, als viele Fahrer*innen meinen würden. Mit der damit einhergehenden höheren Reaktivität das Auto fährt weniger Meter, bis die Information vom Auge im Hirn verarbeitet wurde und man aufs Bremspedal tritt – verringert sich der Bremsweg noch einmal, was im Ernstfall Leben retten kann. Für Radfahrer*innen und Fußgänger*innen wird das Leben etwas sicherer, auch wenn angepasste, räumlich getrennte Infrastrukturen gerade fürs Rad immer noch gebraucht werden.

Natürlich muss der Straßenraum bei einer Änderung auch angepasst werden, was jedoch weder sonderlich teuer, noch unergründliches Hexenwerk ist. Im Gegenteil wäre das eine Gelegenheit, den öffentlichen Raum so zu gestalten, dass alle Verkehrsteilnehmer*innen ihn benutzen können – und nicht nur jene, die sich den größten und schwersten SUV-Panzer leisten können.

Auf die Fahrzeiten hätte ein niedriges Tempolimit wenig Einfluss, denn die realen Durchschnittsgeschwindigkeiten innerorts sind oft schon niedriger als 30 km/h. Und wenn es so wäre, dass PKWs dadurch einige Minuten verlieren würden – warum sollte uns das kümmern? Wir bauen ja auch nicht eine Autobahn durch jedes Dorf, nur weil dadurch theoretisch irgendjemand ein paar Minuten schneller am Ziel wäre. Wenn wir die Klimakrise bewältigen, die Luftqualität erhöhen und die Lärmpegel senken wollen, dann muss Autofahren unangenehmer und sanfte Mobilität angenehmer werden. Niedrige Tempolimits sind ein Puzzlestück, das dazu beitragen kann.

Es ist bezeichnend für Luxemburgs Verkehrspolitik, dass Geschwindigkeitsbegrenzungen in den Aktionsplänen zu Lärm und Luftqualität kaum vorkommen. Statt tatsächlich auf das Ziel – weniger motorisierter Individualverkehr – hinzuarbeiten, wird darauf gehofft, dass Elektrobusse und die Tram das Problem wundersam lösen. Dieses „magische Denken“ verkennt die Realität. Es ist an der Zeit, mutige Schritte zu gehen – und langsamer mit dem Auto zu fahren.


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