Causa Traversini: Drama in drei Akten

Die Diskussion über Roberto Traversinis (déi Gréng) Fehltritte schlägt hohe Wellen. Die Angelegenheit wird stark emotionalisiert. Dabei haben persönliche Gefühle hier ausnahmsweise nichts zu suchen.

Roberto Traversini lief bei der Pressekonferenz am Mittwoch mit großen Schritten den Hügel zu seinem Gartenhäuschen hoch. Das Gartenhäuschen, das dem Bürgermeister viel Ärger und vielleicht sogar das vorzeitige Ende seiner Amtszeit eingebracht hat. Nachdem in der Gemeinderatssitzung laut Wort morgens eine Träne geflossen sei, entschuldigte sich Traversini am frühen Nachmittag auch vor der Presse für seine Fehltritte.

Er lieferte Entschuldigungen und Erklärungen, die derzeit von den luxemburgischen Medien breitgetreten werden: Ja, er hat ohne Baugenehmigung vom Umweltministerium an seinem Gartenhäuschen herumgewerkelt – und nein, er wusste anscheinend nicht, dass dieses in einer Natura 2000-Zone liegt. Traversini hat auch im Rahmen einer internen Fortbildung des CIGL Arbeiter*innen vier Stunden lang ohne Entgelt (bis dato) auf seinem Grundstück beschäftigt. Es stimmt ebenfalls, dass ein Lehrling des kommunalen Baudienstes die unglücksbringenden, geerbten Grundstücke für lau ausgemessen hat.

Anstatt von latentem Machtmissbrauch zu sprechen, ist ständig die Rede von Fehlern, Schuld, Unwissen, nagenden Selbstzweifeln, körperlichem Unwohlsein, Überforderung. Es mag härter klingen, als es gemeint ist, aber: Warum ist es relevant, dass der Bürgermeister in den letzten Monaten vier bis sechs Kilogramm abgenommen hat? Dass er sich mehr um sich selbst und um seine Kinder kümmern will, wie er in mehreren Interviews betonte? Selbstverständlich ist es wichtig, wie sich ein Mensch fühlt, und auch das Sprechen über das eigene Befinden hat seine Berechtigung – aber doch bitte nicht in diesem Kontext. Die Karte des fehlbaren Menschen auszuspielen, führt ein weiteres Mal vor, wie Politik funktioniert: mit Emotionen. Sei es vonseiten der Politiker*innen, sei es von potenziellen Wähler*innen, die mit emotionsgeladenen Kommentaren auf den Skandal reagieren.

Es ist nicht die feine Art, ungefragt Fotos von einem privaten Grundstück zu machen, um sie später zum Befeuern politischer Diskussionen auf Facebook zu posten, wie es die Oppositionspartei déi Lénk Déifferdeng getan hat. Die Reaktionen auf die allgemeine Kommunikation der Vertreter*innen der Opposition unterstrich jedoch bereits vor Traversinis Stellungnahme, wie sehr auch auf der Seite der Wähler*innen Privatperson und politische Angelegenheit hier vermischt werden.

Persönliche Gefühle zu äußern, ist wichtig. In der Politik verzerren sie den eigentlichen Sachverhalt.

Ein Facebook-User kommentierte die Pressemitteilung von déi Lénk Déifferdeng zur Causa Traversini mit den Worten: „Egal wie ihr das hier rechtfertigt, das ist nur die Vorführung eines Mannes, der sowas nicht verdient hat. Habt ihr schon mal darüber nachgedacht, dass dieser Mann auch eine Familie hat?“ Andere übten eine Hierarchisierung der Probleme aus („Sturm im Wasserglas. Habt ihr sonst keine Probleme?“). Es bringt ferner auch nichts, wenn eine Reihe potenzieller Wähler*innen androht, sich in die Schmollecke zu verziehen: „Die Politiker*innen sind alle gleich. Ich gebe bei der nächsten Wahl einen leeren Wahlzettel ab.“ Die Frustration ist nachvollziehbar. Dennoch sind Trotz und Resignation nicht die Lösung. Es verkürzt den kritischen Diskurs.

Es wäre unter anderem sinnvoller zu hinterfragen, wie viele Ämter ein*e Bürgermeister*in in der eigenen Gemeinde innehaben darf. Traversini ist beispielsweise, zusätzlich zu seinem Amt als Bürgermeister, auch Präsident des CIGL in Differdingen. Mit einer schärferen Trennung der Aufgabenbereiche könnte man Interessenkonflikten, intransparenten Gefälligkeiten und der persönlichen Überforderung in Zukunft vorbeugen.

Bei Redaktionsschluss am Donnerstag nachmittag war noch unbekannt, dass Roberto Traversini am Freitag seinen Rücktritt als Bürgermeister bekanntgeben würde.


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