Dimitris Mystakidis: Rebetiko ohne Kitsch und Bouzouki

Dimitris Mystakidis ist ein ausgezeichneter griechischer Rebetiko-Gitarrist und -Sänger und wird am 9.3. in Niederanven mit seinem Quartett auf der Bühne stehen.

Mystakidis kommt aus Thessaloniki und lehrt Musik an der dortigen Universität. Auf mehr als achtzig Schallplattenaufnahmen vieler großer Namen der griechischen Musik ist er als Begleiter zu hören und hat international drei eigene, hochgelobte CDs veröffentlicht: 2006 erschien „16 Rembetika tragoudia me kithara“ mit Stücken aus der Vorkriegszeit, 2015 „Esperanto“ mit Liedern aus der Nachkriegszeit und schließlich 2017 „Amerika“, auf dem Mystakidis Stücke von Emigranten verarbeitet.

Rebetiko, auch Rembetiko genannt, ist die international bekannteste Musikform aus Griechenland, die allerdings zunächst in Kleinasien entstand. Bis 1922 lebten in Griechenland viele Türken und andererseits viele Griechen in der Türkei – überwiegend im westlichen Teil. Am Ende des griechisch-türkischen Krieges wurden beide Gruppen vertrieben. Vor allem aus der Gegend um Smyrna, dem heutigen Izmir, kamen hunderttausende Griechen, die in Thessaloniki und Piräus versuchten, eine neue Heimat zu finden. Die Lebensumstände der Neuankömmlinge waren elend und Kriminalität war weit verbreitet. Sie hatten aber ihre orientalisch geprägte Musik, das Rebetiko mitgebracht, mit der sie ihre Situation verarbeiteten. Oft ging es in den Texten um die prägnanten Figuren dieses Milieus, die Manges – schräge Typen, die Gewalt nicht scheuten und ein inniges Verhältnis zum Haschisch pflegten. Die Gitarre spielte damals eine Rolle als Begleitinstrument, aber die Bouzouki und der verwandte Baglamas dominierten den Klang. Rebetiko mit seinen typischen Instrumenten galt als primitive Ausdrucksform des Subproletariats und war weitgehend gesellschaftlich stigmatisiert. Es sind vor allem Komponisten wie Mikis Theodorakis und Manos Chatzidakis, die das Rebetiko und die Bouzouki ab 1960 von den Slums sogar in die Konzerthäuser Griechenlands und der Welt befördern. Seitdem sind Rebetiko und Bouzouki scheinbar untrennbar miteinander verbunden, vor allem im kitschigen Gedudel für Griechenlandtouristen bei Moussaka und Ouzo.

Mystakidis und die Gitarre

Dimitris Mystakidis interessiert sich nicht für solche kommerzialisierten Verflachungen, sondern für die Wurzeln des Rebetiko und er bedient sich historischer Aufnahmen großer Komponisten. Da findet man die melancholischen Lieder, die der Musikform die fragwürdige Bezeichnung „griechischer Blues“ beschert haben, als auch flotte, beschwingte Stücke. Mystakidis hat sein Repertoire für die Gitarre arrangiert und verblüfft seine Zuhörer mit der Erkenntnis, dass die Bouzouki für Rebetiko keineswegs unverzichtbar ist. Die Gitarre hat jahrzehntelang eine Nebenrolle gespielt, aber Mystakidis zeigt, dass sie bestens als Rebetiko-Soloinstrument funktioniert, wenn man sie so meisterhaft beherrscht wie er. Auf seinem „Amerika“-Album kann man hören, wie stark der Exil-Rebetiko in den USA sogar vom Gitarrenstil des schwarzen Blues geprägt wurde. Das Konzert in Luxemburg bestreitet er zusammen mit der Sängerin Ifigeneia Ioannou und den Gitarristen Dimitris Pappas and Giorgos Tsalampounis. Im Mittelpunkt wird sein „Esperanto“-Album stehen, mit populären Liedern, die zwischen 1946 und 1960 von bedeutenden Komponisten und Musikern wie Manolis Chiotis geschrieben wurden. Darauf darf man sich im Konzert freuen: authentisches Rebetiko, starke Stimmen und erstklassige Gitarrenarbeit. 

Dimitris Mystakidis Quartett, 9.3., 20 Uhr, A Schommesch, Niederanven; Veranstalter: Mitos asbl


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