Im Kino: The Beach Bum

2012 verwandelte Kultregisseur Harmony Korine mit „Spring Breakers“ die studentische Partykultur an den Küsten Floridas in einen neonfarbenen Albtraum. Sieben Jahre später ist er dorthin zurückgekehrt, um den gleichen Film mit umgekehrtem Vorzeichen zu drehen.

Ein enthemmter Moondog (Matthew McConaughey) genießt die Sonne Floridas. (Foto: Constantin Film Verleih GmbH)

„The Beach Bum“ führt durch das Leben einiger Drop-outs, die ungestört von saisonalem Besuch auf den Florida Keys und in Miami endlose Strand- und Villen-Partys feiern. Angeführt werden sie von Moondog (Matthew McConaughey), einem abgehalfterten Hippie-Dichter, der mit Bierdose und Joint in der Hand von einem Abenteuer ins nächste taumelt. Korine gestaltet dessen Eskapaden in sonnendurchfluteten, farbenfrohen Bildern, unterlegt mit Country- und Folkballaden, an die man sich heute eher mit Ironie zurückerinnert.

„The Beach Bum“ ist eine Kifferkomödie für Hipster, ein Film für Menschen, die es auch zugedröhnt zu schätzen wissen, dass Moondogs Verse über seinen Penis aus der Feder des Underground-Lyrikers Richard Brautigan stammen. Das minimale Handlungsgerüst hätte sicherlich auch den Genregrößen Cheech & Chong ein Kichern abgerungen: Um an die Erbschaft seiner reichen Ehefrau Minnie (Isla Fisher) zu gelangen, muss Moondog seinen lange geplanten Roman fertigschreiben. Das klingt nach enthaltsamen Wochen am Schreibtisch. Moondogs Freund und Nebenbuhler, der R&B Sänger Lingerie (Snoop Dogg), erzählt ihm jedoch von einer seltenen Marihuana-Sorte, die nur an einem bestimmten Ort in Jamaica wächst und ungeahnte Kreativität freisetzen soll. Wem das zu dämlich klingt, der sollte einen großen Bogen um diesen Film machen – oder ihm erst nach der geplanten Cannabis-Legalisierung eine Chance geben.

Bevor die pflanzenbasierte Rettung naht, reiht Harmony Korine aber erst einmal neunzig Minuten lose zusammenhängende Episoden aneinander, die in erster Linie von schauspielerischen Leistungen getragen werden. McConaughey erinnert als Moondog an einen durchgeknallten Woody Harrelson. Daneben brillieren die bereits erwähnten Isla Fisher und Snoop Dogg sowie Jonah Hill, Zac Efron und Martin Lawrence in Nebenrollen. Hill mimt Moondogs Agenten mit Südstaatenakzent à la Truman Capote, Efron einen pyromanen Priestersohn, der seinen Hedonismus damit rechtfertigt, dass Jesus bereits für die Sünden der Menschheit gebüßt habe. Lawrence spielt den schrägsten Charakter, den vermeintlichen Vietnam-Veteranen Captain Wack, der einen koksenden Papagei betreut und Bootsausflüge zu Delfinen veranstaltet, die er nicht von Haien unterscheiden kann.

Für das Stoner-Genre ist „The Beach Bum“ zweifellos eine Bereicherung, im aktuellen gesellschaftspolitischen Klima natürlich auch eine ziemlich vorhersehbare und plumpe Provokation. Nach den ungewohnt sozialkritischen und moralischen Tönen von „Spring Breakers“ hat sich Korine gewissermaßen selbst sabotiert und ein Plädoyer für ungezügelten Genuss und augenblickliche Triebbefriedigung geliefert. Der unbeschwerte Film ist völlig frei von Abgründen und Nuancen. Verletzte und Tote mag es geben, aber am Ende geht alles irgendwie gut aus – also immer schön groovy bleiben, nochmal am Joint ziehen, den der Patois sprechende Rastafari herüberreicht, und den jungen Frauen zuschauen, die sich oben ohne auf der Yacht räkeln. „Party like it’s 1999!“ lautet die Botschaft des hippen Eskapismus. So kann man – entsprechende soziale Privilegien vorausgesetzt – Trumps Amerika natürlich auch begegnen, aber selbst im Sunshine State sollte man sich vor dem Kater am Morgen danach in Acht nehmen.

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