Hate Speech im Netz: Hass tötet

Gleich zwei Massenschießereien erschütterten letztes Wochenende die USA und die Welt. Bei beiden scheint der Grund klar: Hass, genährt und geschürt im Netz.

Foto: Pixabay

32 Menschen starben bei den zwei Attacken in El Paso und Dayton. Dass dafür zuallererst die laschen Waffengesetzte in den USA verantwortlich sind, steht außer Frage – beide Male gab es aber auch ideologische Beweggründe. Nach der ersten Tat war schnell klar, dass der Täter aus rassistischen Motiven gehandelt hat und den Supermarkt in der Grenzstadt El Paso exakt deswegen ausgewählt hatte, weil er sicher sein konnte, dort viele Latinx (geschlechterneutraler Begriff zu „Latino“) treffen zu können. Schnell wurde auch ein Manifest auf dem anonymen Forum 8Chan, – das auch schon die Attentäter auf die Moschee in Christchurch und auf die Synagoge in Poway zur Ankündigung ihrer Taten genutzt hatten – gefunden.

Es kann nur ein schwacher Trost sein, dass ein Forum, in dem der Hass spross, nun offline ist.

Beim Attentäter aus Dayton sehen die US-Behörden kein politisches Motiv, laut seinem inzwischen gesperrten Twitter-Account sah er sich selbst wohl als links. Als gesichert gilt aber vor allem, dass er einen großen Hass auf Frauen hatte, zeitweise in einer Band äußerst misogyne und gewaltverherrlichende Texte sang und in der Incel-Szene aktiv war.

Bei Incels handelt es sich um „involuntary celibates“. Das sind vorwiegend weiße heterosexuelle Männer, die keine Sexualpartnerinnen haben und glauben, das sei ein unabänderliches Schicksal. Neben einer äußerst oberflächlichen, biologistischen Weltsicht sind Incels zutiefst frauenfeindlich. Es wäre einfach, sich über Männer lustig zu machen, die ein „Grundrecht auf Sex“ fordern und nicht auf die Idee kommen, dass es eventuell an ihrer Weltsicht liegen könnte, dass sie keine Partnerin finden. Der Szene werden mindestens sechs Mörder zugerechnet, die gezielt Frauen getötet haben.

Neben Rassist*innen und Neonazis waren auch Incels bei 8chan aktiv. Das Forum ist mittlerweile nicht mehr erreichbar, könnte aber bald in der einen oder anderen Form wieder auftauchen. Ein Skandal, dass manche Firmen 8chan überhaupt so lange auf ihren Servern duldeten – obwohl es dort keinerlei Moderation oder Kontrolle der Inhalte gab und schon zwei Attentäter dort radikalisiert wurden.

Es kann nur ein schwacher Trost sein, dass ein Forum, in dem der Hass spross, nun offline ist. Die Protagonist*innen der „alt-right“ sind weiterhin im Netz aktiv, auch in den bekannten sozialen Netzwerken. Teilweise rekrutieren sie gezielt depressive und suizidäre Personen, die empfänglich für ihre menschenfeindliche Ideologie sind. Auch wenn zum Glück die wenigsten tatsächlich zur Waffe greifen, so werden sie doch Teil eines Online-Mobs, der Menschen belästigt. Ihre ursprünglichen Probleme werden selbstverständlich nicht gelöst, sondern lediglich verdrängt.

Diese Gruppen sind jedoch nur die Spitze des Eisbergs. In Form von verinnerlichtem Rassismus und Sexismus steckt das Potenzial zum Hass in uns allen – und schlägt einem täglich in sozialen Netzwerken entgegen. Medien, die ihre Kommentare auf Facebook nicht einmal ansatzweise moderieren, machen sich mitschuldig, dass sich derartiges Gedankengut immer weiter verbreiten kann. Wenn auf der Tagesordnung steht, gegen Flüchtlinge zu schimpfen oder einen Artikel über Frauen in der Logistikbranche absurd zu finden – beides Beispiele der letzten Tage –, ist der Sprung zur rassistischen „alt-right“ oder den frauenfeindlichen Incels nicht mehr sonderlich weit.

Gibt es ein Gegenmittel? Zuerst gilt es, nicht mehr zu schweigen und – so mühsam und sinnlos das auch scheint – Paroli zu bieten, wenn Hass im Netz verbreitet wird. Und dann muss sich die Linke überlegen, wie sie ihre Inhalte besser an die Menschen bringt. Mit dem Phänomen „LeftTube“ (linke Youtuber*innen) oder (weltraum)kommunistischen Memes auf Facebook gibt es zumindest Vorlagen, wie das gelingen könnte.


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