Im Kino: Joker

Mit „Joker“ kommt einer der am meisten herbeigesehnten Filme des Jahres in die Säle. Dass die Comic-Verfilmung Standing Ovations und den goldenen Löwen in Venedig einheimste, sorgte für Aufregung – nicht umsonst.

Lieber mal mitlachen, sonst wird der Stand-Up-Comedian vielleicht zum Comic-Psychopathen.

Arthur Fleck (Joaquin Phoenix) versucht in der kaputten Gesellschaft Gothams seinen Weg zu finden. Tagsüber verdient er sein Geld als Clown, nachts strebt er danach, als Stand-Up-Comedian Karriere zu machen – doch immer wieder scheint der Scherz auf seine Kosten zu gehen. Gefangen in einer zyklischen Existenz zwischen Gleichgültigkeit und Grausamkeit, trifft Arthur eine falsche Entscheidung, die eine Kettenreaktion eskalierender Ereignisse auslöst.

In einer Zeit, in der Hollywood mit schnell produzierten, einfallslosen Superheldenfilmen und Comicbuchverfilmungen, seinen kreativen Bankrott zeigt, ist es bemerkenswert, dass es dennoch Drehbuchschreiber und Regisseure gibt, die aus einer Comicfigur eine unkonventionelle, tiefgründige, düstere und zugleich anspruchsvolle Charakterstudie zusammenstellen können.

In dieser Studie hat Regisseur Todd Philips das Bild eines Menschen erschaffen, der zwar psychologisch labil ist, aber dennoch als Teilzeitclown und Möchtegern-Komiker den Menschen in Gothams moralisch verkommener Welt ein Lächeln ins Gesicht zaubern wünscht. Denn Gotham, wie wir es erleben, kennt keine Warmherzigkeit und steht vor dem politischen Chaos. Jedoch geben die Leute rundum ihm – seine Mitarbeiter, seine Mutter, die Leute von der Straße – ihm kein Gefühl von Zusammengehörigkeit und so wird Fleck andauernd von der Gesellschaft abgelehnt um am Ende von ihr zerstört zu werden. Als Zuschauer trauert man um und mit ihm, und sieht zu, wie er dem Wahn verfällt. Bis er zum allgemein bekannten Joker wird, nimmt sich der Film viel Zeit. Aber erst dann kann man seine Aktionen, die in den Jahren danach folgen, zwar nicht entschuldigen, aber definitiv verstehen.

Beim Eintauchen in die düstere und depressive Welt des Films werden Parallelen zwischen „Joker“ und zwei Martin Scorsese-Klassikern erkennbar: „Taxi Driver“ und „King of Comedy“.  Die Atmosphäre, der Look der die depressive und hässliche Seiten der 1970er-Jahre einfängt, genauso wie einige politische Themen, sind eine klare Hommage an „Taxi Driver“. Die Stand-Up-Comedy-Elemente sind an „King of Comedy“ angelehnt. Die Hommagen aus beiden Filmen wurden dabei umgesetzt, ohne sie zu plagiieren.

Aber das Herz und die Seele, welche diesen Film ausmachen, sind anderwärts zu finden. Joaquin Phoenix gibt eine sprachlos machende Performance; ihm bei der Verkörperung dieser komplexen Figur zuzusehen sollte jeden daran erinnern, warum man gerne Schauspieler beim Spielen zusieht und warum das Schauspiel als Kunst hochgehalten wird. Phoenix verdient definitiv jeden Schauspielpreis, den es zu gewinnen gibt. Ob aber seine Performance jetzt nun besser ist als diejenige von Heath Ledgers ikonischer Darbietung in „The Dark Knight“ – darüber lässt sich streiten. Und das Thema wird wahrscheinlich in den kommenden Jahren immer wieder zum Subjekt zahlloser, unfruchtbarer Debatten werden.

Am Ende bleibt dieser Film ein Meisterwerk und nicht nur ein Traum, der für Comicbuchfans in Erfüllung geht, sondern mit höchster Wahrscheinlichkeit ein „Kultklassiker“. Eine unvergessliche Performance, eine tiefe Charakterstudie und einige Twists am Ende, welche diesen Film mit der Batman-Saga verbindet.

In fast allen Sälen. Alle Uhrzeiten finden Sie hier.

Bewertung der woxx : XXX


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