Ukraine: Frieden mit oder ohne Waffen?

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Wenn am Samstag in Luxemburg viele demonstrieren, ist das angestrebte Ziel für alle gleich. Der skizzierte Weg dorthin dürfte allerdings nicht in jeder Rede derselbe sein.

Fofo: CC0 1.0

Seit über einer Woche tobt ein verbrecherischer Krieg der von Wladimir Putin befehligten Truppen in der Ukraine. Am Mittwoch hat die UN-Vollversammlung in einer historischen Abstimmung mit 141 gegen fünf Stimmen, bei 35 Enthaltungen, den Angriff der Russischen Föderation auf die Ukraine verurteilt. Nur Nordkorea, Eritrea, Syrien und Weißrussland stimmten mit Russland gegen eine entsprechende Resolution. Anlässlich der Annexion der Krim im Jahre 2014 hatte ein ähnlicher Text die Zustimmung von „nur“ 100 der 193 Mitgliedsstaaten erhalten. Anders als Entscheidungen des UN-Sicherheitsrates – die Russland mit seinem Vetorecht abschmettern kann – sind die Ergebnisse der Abstimmungen in der Vollversammlung völkerrechtlich nicht bindend. Doch dürfte der symbolische Wert für die weitere Entwicklung des Konflikts nicht zu unterschätzen sein.

Ob die Waffen in der Ukraine baldmöglichst ruhen werden, hängt allerdings weiterhin einzig und allein vom Machthaber im Kreml ab — wobei sein Umfeld und die Tausenden, die direkt von seinem politischen System profitieren, nicht aus der Verantwortung genommen werden sollten.

Doch noch herrscht Krieg, ein grausamer Krieg von dem man weiß, wer ihn militärisch gewinnen wird. Friedensbewegte Menschen sehen sich in diesen Tagen vor die schwierige Frage gestellt, ob das Recht auf Selbstverteidigung nicht auch implizit ein solches auf adäquate Bewaffnung beinhaltet. Kurzum: Soll man Waffen an die Ukraine liefern?

Hier mag die Antwort noch leicht erscheinen, doch schon beim nächsten Schritt sieht man sich einer weiteren Zwickmühle ausgesetzt: Können die gelieferten Waffen tatsächlich dazu beitragen, das Ungleichgewicht zwischen Angegriffenen und Angreifern zu verändern? Gewehre, Panzerabwehrsysteme oder gar leichte Boden-Luft-Raketen werden kaum ausreichen, um die russische Offensive zu stoppen.

Komplexere Waffensysteme mit einem höheren Wirkungsgrad, die etwa die russische Lufthoheit in Frage stellen oder die Bodentruppen in ihrer Bewegungsfreiheit dauerhaft beeinträchtigen können, wollen und werden die dazu fähigen Staaten nicht liefern. Viele dieser Systeme sind nicht ohne logistische Unterstützung von außen wirksam einsetzbar. Der Schritt zu einer direkten Nato-Beteiligung wäre nicht mehr weit. Die Gegenseite könnte dann zu noch drastischeren Mittel greifen, wobei der Einsatz taktischer Atomwaffen ein zwar kaum vorstellbarer aber durchaus logischer Schritt sein könnte. Die Gefahr eines Dritten Weltkriegs ist auf einmal so akut wie lange nicht mehr.

Foto: CC BY-ND 2.0 UNDP Ukraine

Stoppt de Krich! Samstag, 5. März, 15 Uhr, Place de Clairefontaine, Luxemburg-Stadt.

Es wird also bei der Lieferung leichterer Systeme bleiben, und soweit sie von den kämpfenden Ukrainer*innen erbeten werden, ist das wohl auch völkerrechtlich vertretbar. Das entlässt aber niemand aus der Pflicht, sich mit der Frage nach dem womöglich noch schlimmeren Elend, das mit einer Verlängerung und Ausweitung der Kämpfe einhergeht, auseinanderzusetzen. Dabei geht es auch um Teile der in der Ukraine ausharrenden Zivilbevölkerung, die sich zwar im Widerstand sieht, aber, aus welchen Gründen auch immer, vom Griff zur Waffe abgesehen hat. Die Chance zu flüchten bietet sich den Wenigsten.

Es wäre fatal, die ukrainische Seite in dem Glauben zu lassen, Waffenlieferungen könnten sie dem Angreifer ebenbürtig und den Krieg im militärischen Sinne gewinnbar machen.

Ziel muss es sein, dass die Kämpfe möglichst rasch ein Ende finden und Putin zu Verhandlungen gezwungen wird, deren Ergebnis nicht aufgrund militärischer Territorialgewinne vorbestimmt ist.

Der insbesondere für die Angreifer unerwartet mutige Widerstand der Ukraine ist natürlich ein wichtiges Element, um eine solche Ausgangssituation herbeizuführen. Er wird aber leider nicht ausreichen. Nur internationaler Druck mit echten Sanktionen, dort wo es (auch uns selber) wirklich weh tut, kann die Zeit bis zur Waffenruhe – wenn überhaupt – merklich verkürzen.


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