Theatertipp: Nornen

(Foto: Patrick Galbats)

Die Nornen, drei nordische Schicksalsgöttinnen, erzählen sich immer wieder dieselbe Geschichte: die von Ragnarök, dem als „Götterdämmerung“ bekannten Weltuntergang. Eines Tages aber möchte eine von den mythischen Schicksalslenkerinnen aus der verstaubten Routine ausbrechen und sich neuen, modernen Narrativen zuwenden. Das führt natürlich zu Konflikten – aber zugleich beginnen Urd, Verdandi und Skuld, sich auch über das Storytelling, das „Weben, Stricken und Flechten“ von Erzählungen Gedanken zu machen. Sie fangen an, den erzählerischen Dreiklang aus Anfang, Mitte und Schluss zu hinterfragen – und wie sieht es eigentlich mit dem Spannungsbogen aus? Die Stoßrichtung des Stücks, das seine eigene Bedingungen erforscht, ist interessant, ein bisschen weniger Klamauk und plakativer Humor hätten ihm aber gutgetan. mehr lesen / lire plus

Inklusion im Luxemburger Kultursektor: Noch Luft nach oben

Das Kulturministerium hat vergangenen Freitag zum Workshop „Les publics de la culture“ eingeladen. Neben der Präsentation einer Studie wurden während zwei inhaltlich dichten Gesprächsrunden Themen wie Teilhabe, Integration, soziale Gerechtigkeit und Partizipation verhandelt. Die Redner*innen machten darauf aufmerksam, dass der Luxemburger Kulturbereich hinsichtlich seiner Inklusivität durchaus noch entwicklungsfähig ist.

„Kultur ist für jeden da“ – was in der Theorie stimmt, ist faktisch leider noch immer nicht Realität. Praktische, finanzielle und soziale Hürden verhindern, dass ausnahmslos jede*r Zugang zur Kultur hat. (Foto: pexels/marcus aurelius)

Man muss an diesem Freitagmorgen nur kurz den Blick durch den vollen Saal im regionalen Kulturzentrum „Opderschmelz“ schweifen lassen, um zu wissen: Das Thema, das hier in den nächsten Stunden das Geschehen auf dem Podium bestimmen wird, interessiert – und zwar sehr. mehr lesen / lire plus

Expotipp: Wee bass du?

(Foto: Chris Lauer)

Wer bist du?“ Es gibt wohl kaum eine intimere Frage, zielt sie doch auf das hin, was uns im Kern ausmacht. Die Fotografin Jessica Theis nahm eben diese Frage als Ausgangspunkt für ein inklusives audio-fotografisches Projekt, bei dem sie 25 Menschen mit geistiger Behinderung fotografierte und interviewte. „Wie möchtest du, dass andere dich sehen?“ oder „Was sind deine Träume?“, wollte Theis zum Beispiel von den Teilnehmer*innen wissen. Auf ungekünstelt-ehrliche Weise verdeutlicht das Projekt, dass eine Behinderung zwar zu einem Betroffenen dazugehört, jedoch nicht dessen gesamtes Wesen bestimmt. Die expressiven Schwarz-Weiß-Bilder, die bei den Gesprächen entstanden, kann man sich noch bis Anfang August auf der Place de Strasbourg ansehen. mehr lesen / lire plus

Spielzeit 2024/25: Aufbegehrende Frauen und eine gerechtere Welt

Das Escher Theater hat vor Kurzem sein Programm für die Saison 2024/25 veröffentlicht. Auffällig ist die sozialkritische Dimension vieler Bühnenwerke.

Die Produktion „Feste“ wurde 2021 in Berlin uraufgeführt. (Foto: Simon Wachter)

Engagiert, gegenwartsnah und versetzt mit einem kräftigen Schuss Humor – diese Qualitäten sind für Intendantin Carole Lorang zwar nicht unentbehrlich, aber dennoch wesentlich, wenn es um die darstellende Kunst geht. Ihr sei wichtig, dass Theater auch politische und soziale Themen aufgreife, sagt die Direktorin des Escher Theaters im Gespräch mit der woxx. Vor Kurzem hat das Haus im Süden des Landes seinen Spielplan für die Saison 2024/25 veröffentlicht: Geplant sind 45 Spektakel, 80 öffentliche Aufführungen und 58 Schulvorführungen, acht Eigenkreationen und sieben Koproduktionen. mehr lesen / lire plus

Podcast-Tipp: Transfert

Der Podcast „Transfert“ wurde im ersten Trimester 2024 weltweit über 4,5 Millionen Mal heruntergeladen. Damit führt er die von der „Alliance pour les Chiffres de la Presse et des Médias“ (kurz: ACPM) herausgegebene Liste der beliebtesten französischen Podcasts an. Nicht ohne Grund ist der vom Online-Magazin Slate.fr produzierte Podcast so erfolgreich: Peripetien, Miseren oder auch Glücksfälle – die Höhen und Tiefen des Lebens, die trotz ihrer Außerordentlichkeit jede*n ereilen können, werden hier auf berührende Weise erzählt. Pro Folge wird ein Schicksal, eine wahre und faszinierende Lebensgeschichte in den Mittelpunkt gerückt. Ob nun eine Frau erzählt, wie sie als Teenagerin in die Heroinabhängigkeit abrutschte (und wieder ihren Weg aus der Sucht herausfand) oder ein Mann davon berichtet, wie er die Nuklearkatastrophe von Fukushima erlebte – die Erlebnisse, welche die Sprecher*innen mit uns teilen, gehen immer unter die Haut. mehr lesen / lire plus

Poesie im Sommer (I): „Lyrik ist für mich noch immer die Königsdisziplin“

Internationale Großveranstaltungen wie der Pariser „Marché de la Poésie“ (19. bis 23. Juni) und das Poesiefestival in Berlin (4. bis 21. Juli) zeigen: Der Sommer ist die Jahreszeit, in der nicht nur die Natur gedeiht, sondern auch die älteste aller Literaturgattungen: die Lyrik. Im Gespräch erklärt der Luxemburger Autor und Lyriker Guy Helminger, warum die Lektüre von Gedichten seiner Ansicht nach so beglückend ist – und die Kunstform trotzdem einen schweren Stand hat.

Guy Helminger gewann 2022 den renommierten Lyrikpreis Meran. Der mit 8000 Euro dotierte Preis wird alle zwei Jahre verliehen. (Foto: Privat)

woxx: 2002 erhielten Sie den Servais-Preis für Ihren Erzählband „Rost“. mehr lesen / lire plus

„Fête de la Musique“ in Luxemburg-Stadt: „CID Fraen an Gender“: Für mehr Gleichheit in der Musikbranche

Zum zweiten Mal ist das „CID Fraen an Gender“ mit dabei auf der „Fête de la Musique“ in der Luxemburger Hauptstadt. Mit seiner Programmgestaltung fördert das feministische Zentrum vor allem solche Künstler*innen, die aufgrund ihres Geschlechts und ihrer sexuellen Orientierung noch immer benachteiligt werden. Die woxx hat mit Projektleiterin Claire Schadeck sowie der Künstlerin C’est Karma über das bevorstehende Musikevent und die Unterrepräsentation von Frauen in der Musikbranche gesprochen.

Gute Stimmung auf und vor der Bühne beim Auftritt von Miss Sappho im vergangenen Jahr, als das „CID Fraen an Gender“ zum ersten Mal an der „Fête de la Musique“ teilnahm. (©CID – Alfonso Salgueiro Lora)

Bei Festivals und Veranstaltungen aus dem Bereich moderner Musik gilt noch immer: Die meisten Künstler*innen, die auf der Bühne stehen, sind männlich. mehr lesen / lire plus

Theater: Es geht in die heiße Phase

Die Klimakrise trifft die Welt immer härter, die Menschheit steht mit dem Rücken zur Wand. Wie verar- beitet man das künstlerisch? Auf diese Frage versucht „Alphabet. 26 Theater-Miniaturen für eine sich erwärmende Welt“ eine originelle Antwort zu geben.

Die Schauspieler*innen von links nach rechts: Laura Talenti, Alexander Wanat, Pitt Simon und Eugénie Anselin (Copyright: Antoine de St Phalle)

Liefe die Gegenwart wie ein Film ab, würde der Klimawandel den dazugehörigen Soundtrack liefern, der jede Szene grundiert: allgegenwärtig, bedrohlich, aber auch viel weniger fassbar als die Handlungen auf der Leinwand. Der Philosoph Timothy Morton, der auch in der Begleitbroschüre von „Alphabet“ erwähnt wird, erfand deswegen den Begriff des „Hyperobject“: In ihrer Tragweite übersteigt die Klimakrise unser aller Vorstellungsvermögen, deswegen wirkt sie zugleich so abstrakt und fern unserer Lebenswirklichkeit. mehr lesen / lire plus

Buchtipp: „Ich habe das früher schon einmal getan“

Die Gedichte der britischen Dichterin Jen Calleja, übersetzt von Melanie Katz, besitzen einen eigentümlichen Sound. Mittels einer einfachen, unverschlüsselten Sprache skizziert die Autorin in „Ich habe das früher schon einmal getan“ beklemmende, manchmal verzerrt-kafkaesk anmutende Szenen. Kalt läuft es einem den Rücken hinunter, wenn man zum Beispiel das Gedicht „Über das Sehen“ liest, in dem das lyrische Ich einer Augenoperation unterzogen wird – mit einer zu geringen Betäubung, die es zwar lähmt, aber den Schmerz nicht dämpft. Überhaupt sind Gewalt und Leid in ihren unterschiedlichen Ausprägungen zentrale Themen des 58-seitigen Bands, der bei dem Kölner „parasitenpresse“-Verlag erschienen ist – eine interessante, eine seltsame Lektüre. mehr lesen / lire plus

Frauen in der Gruppe 47: Die Vergessenen

Den Namen Ingeborg Bachmann kennt man, vielleicht auch noch Ilse Aichinger – aber was ist mit all den anderen Frauen, die bei den Treffen der „Gruppe 47“ Texte vortrugen? Sie sind diejenigen, die in Vergessenheit geraten sind. Nicole Seifert legt nun ein Buch vor, das ihre Schicksale auf mitreißende Weise beleuchtet.

Radikale Kritik, scharfzüngige Satire: Die Schriftstellerin Gisela Elsner mischte nicht nur die Gruppe 47 auf. (Foto: Süddeutsche Zeitung Photo/Alamy Stock Photo)

Verunglimpft und klein gemacht, auf ihr Aussehen reduziert, missverstanden und schließlich aus der Literaturgeschichtsschreibung weitgehend getilgt – dieses Schicksal ereilte im Laufe der Zeit nicht wenige schreibende Frauen. In ihrem spannenden und überaus gut recherchierten Buch „Einige Herren sagten etwas dazu“ unterzieht Nicole Seifert nun die Geschichte der „Gruppe 47“ einer gründlichen Revision. mehr lesen / lire plus