Literatur: Lyrische Lektüretipps, Teil 2

In den vergangenen zwölf Monaten ist eine Vielzahl an interessanten Lyrikbänden erschienen – aus der Fülle haben wir eine kleine Auswahl an lesenswerten Publikationen herausgegriffen und für Sie rezensiert.

 

„Nachwasser“ von Frieda Paris

(Foto: Chris Lauer/woxx)

(© Verlag Voland & Quist)

Frieda Paris erschafft in ihrem Langgedicht „Nachwasser“ ein poröses, durchlässiges Textgewebe, das von dem Erdichteten der großen „Wortmutter“ Friederike Mayröcker sowie den Worten anderer großen Autor*innen wie Ingeborg Bachmann oder Paul Celan tröpfchenweise durchdrungen wird – auf diese Weise reichert sie die Matrix dieses spielerisch-komplexen, 130 Seiten langen Werkes ständig mit neuem Sprachmaterial an: „ich liege in großen Fragen: / aber werde ich denn noch lieben? mehr lesen / lire plus

Buchtipp: „Als Versprechen dieser Zeit“

(© Haymon Verlag)

Erdnah, sich nie zu weit vom Diesseits in seiner konkreten Gegenständlichkeit entfernend und doch zugleich ausgreifend scheinen die gedanklichen Umlaufbahnen, die der Sprecher – oder Protagonist? – in „Als Versprechen dieser Zeit“ beschreibt. Es ist ein sanftes Rotieren um sich selbst und die eigene Vergangenheit – denn was bedeutet zum Beispiel die geschlechtsspezifische kindliche Prägung für das spätere Leben? Mithilfe einer dichten, lyrischen Sprache versucht der Sprecher sich von den Glaubenssätzen, die seine Kindheit und Jugend formten, freizumachen; er verliert sich dabei aber zu keinem Moment in einer übertriebenen Nabelschau. Ebenso konstitutiv wie die eigene Geschichte ist für das Ich nämlich das Du, dem er in Liebe und Respekt begegnet. mehr lesen / lire plus

Martin Peichl: Es sind ja nur wir

(© Haymon Verlag)

Sturmböen, Starkregen, Stadtflucht – und sind das dort nicht die vier apokalyptischen Reiter, die hoch zu Ross den Wald durchstreifen? Die Welt, die Martin Peichl in seinem neuen Roman „Es sind ja nur wir“ heraufbeschwört, ist aus dem Lot geraten, ihr Kollaps scheint unabwendbar. Wie damit umgehen? Während der Ich-Erzähler scheinbar ohne ein Fünkchen innere Gegenwehr die Geschehnisse hinnimmt – und doch darunter leidet –, wappnet sich Prepperin Mascha gegen die drohende Katastrophe. Beieinander suchen und finden sie Halt, in einer Zeit, in der alle vermeintlichen Gewissheiten zerbröckeln und die Natur aus dem Gleichgewicht geraten ist. In einer eindringlichen und eleganten Sprache, deren Komprimiertheit etwas Lyrisches anhaftet, erzählt der österreichische Autor vom bevorstehenden Weltuntergang und der daraus erwachsenden Malaise einer ganzen Gesellschaft. mehr lesen / lire plus

Künstler*innenresidenzen: Kreative Einsiedelei

Kunst schaffen unter annähernd idealen Bedingungen: Das versprechen Residenzprogramme für Künstler*innen. Doch wie steht es um Künstler*innenresidenzen in Luxemburg? Diese Frage umrundeten Expert*innen am vergangenen Freitag während eines Workshops.

Vor einem vollen Saal präsentierte Sébastian Thiltges am vergangenen Freitag die Ergebnisse seiner Studie zu Künstler*innenresidenzen in Luxemburg. (Foto: Sven Becker/MCULT)

„Die größten Ereignisse, das sind nicht unsere lautesten, sondern unsere stillsten Stunden“, sagte Friedrich Nietzsche. Gerade für Künstler*innen sind Stille und Zurückgezogenheit das Rohgold, aus dem sie die schönsten Kleinodien schmieden können – sofern die Rahmenbedingungen stimmen. Genau deswegen sind Künstler*innenresidenzen für Kreativschaffende von grundlegender Bedeutung: Als Stipendiat*innen oder sogenannte „Artists in residence“ können sie ihrer kreativen Tätigkeit in Ruhe nachgehen und sind dabei finanziell abgesichert. mehr lesen / lire plus

Zehn Jahre „Luxembourg Art Week“: LAW is in the air

Die bekannte „Luxembourg Art Week“ geht in die zehnte Runde. Ein kleiner Rückblick auf die Geschichte der Messe, die sich als feste Größe im Kunstkalender etabliert hat.

Reger Betrieb im Zelt der „Luxembourg Art Week“: Vergangenes Jahr besuchten 22.000 Menschen die Kunstmesse. (Foto: © Laurent Sturm)

Die Korken lässt zwar niemand knallen – zumindest nicht vor großem Publikum –, dafür gibt es jedoch noble Kost für das Kennerauge: Zu ihrem zehnjährigen Bestehen lockt die „Luxembourg Art Week“ (LAW) an diesem Wochenende wieder tausende Besucher*innen in das eigens dafür errichtete riesige Zelt auf dem Glacis-Platz. In der vergangenen Dekade hat sich die LAW von einer privaten Initiative, die sich ihr Renommee erst erkämpfen musste, zu einem fixen Termin im Kalender von in- und ausländischen Galerist*innen, Kunstliebhaber*innen und Branchen- spezialist*innen gemausert. mehr lesen / lire plus

Der audiovisuelle Sektor im Fokus: Filme, Fonds und Fortschritt

Der audiovisuelle Sektor ist ein bedeutender Teil der Luxemburger Kreativindustrie. Im Gespräch mit der woxx liefert Statistikexperte Philippe Robin eine Momentaufnahme dieser sich stetig weiterentwickelnden Sparte.

Nicht immer sind die Kinosäle so gut gefüllt. Das liegt auch daran, dass Menschen zunehmend auf Streaming-Plattformen ausweichen, um sich Filme anzusehen. (Foto: krists-luhaers-AtPWnYNDJnM-unsplash)

woxx: Herr Robin, wie geht es dem hiesigen audiovisuellen Sektor, zu dem auch die Filmbranche gehört?

Philippe Robin: Wirtschaftlich gesehen geht es ihm gut, er ist aktiv. Er hat sich im Laufe der Jahre gut entwickelt. Aber natürlich gibt es auch noch immer Schwierigkeiten. Diese betreffen vor allem die Beschäftigung. Für viele Berufstätige in der Branche, allen voran die Selbstständigen, ist es nicht einfach, eine Tätigkeit auszuüben, von der sie auch leben können. mehr lesen / lire plus

Buch: Mein drittes Leben

(© Diogenes)

Der schwarze Abgrund, in den Linda nach dem Verlust ihrer siebzehnjährigen Tochter Sonja kopfüber gestoßen wird, heißt Trauer. Wie mit diesem zerquälenden, alles verschlingenden Gefühl weiterleben? Die Mittvierzigerin zieht es nach der harten Lebenszäsur aufs Land, wo sie anstrengende körperlicher Arbeit verrichtet. Nur langsam, nachdem die Beziehung zu ihrem Ehemann Richard schon verkümmert ist, tastet sich die verwaiste Mutter vorwärts und versucht, ins Leben zurückzufinden. Die Schriftstellerin Daniela Krien erzählt in „Mein drittes Leben“ mit beeindruckend sensibler Feder von einer Existenz, die zertrümmert und schließlich wieder neu zusammengesetzt wird – wobei die Narben, die sichtbaren Spuren, hier nicht wie nach Art der japanischen Kintsugi-Reparaturtechnik mit Gold bedeckt werden, sondern so bleiben dürfen, wie sie sind: nackt, blass, unschön. mehr lesen / lire plus

Sexualisierte Gewalt: „Krieg ist ein Chaoszustand“

Wo Krieg herrscht, erfahren Frauen, Kinder und Männer sexualisierte Gewalt. Cid-Projektleiterin Claire Schadeck sprach mit der woxx darüber, inwiefern Sexismus und Kriegsverbrechen miteinander verbunden sind und wie digitale Medien zu neuen Formen der Viktimisierung führen können.

Eine Klientin bei einer psychosozialen Beratung bei „Medica Gjakova“, einer Partnerorganisation von „medica mondiale“. (Copyright: Majlinda Hoxha)

woxx: Seit 2009 veröffentlicht die Uno jährlich einen Bericht über sexualisierte Gewalt in bewaffneten Konflikten. Wie hat sich die öffentliche Wahrnehmung und der Umgang mit diesem Thema in den letzten 15 Jahren entwickelt?

Claire Schadeck: Es ist nach wie vor ein Thema, das nicht im Vordergrund steht. Wenn wir über bewaffnete Konflikte reden, dann wird die damit zusammenhängende Genderperspektive oft vernachlässigt. mehr lesen / lire plus

„Marianengraben“: Alter Wein in alten Schläuchen

Die Luxemburger Produktion „Marianengraben“ arbeitet sich in lockerer Manier an ernsten Themen ab. Dabei überspannt sie nicht nur manchmal den Bogen, sondern ist leider oft auch einfallslos.

Mal herrscht Einigkeit zwischen Paula und Helmut, dann entzweien sich die beiden wieder im Streit – die gemeinsame Reise wird zu einer emotionalen Achterbahnfahrt. (Foto: Olivier Oppitz)

Trauer und Tod: zwei paarweise auftretende Themen, die selten Platz finden in der Mitte unserer Gesellschaft. Zwar wimmeln die Filme und Bücher, die wir konsumieren, von Leichen – der nicht abebbende Erfolg des Krimi-Genres allein verdeutlicht das –, dennoch tun wir uns deutlich schwerer mit Werken, die das Hinscheiden eines geliebten Menschen und das Gefühlschaos, in das die Hinterbliebenen durch diesen Verlust gestoßen werden, thematisieren und dabei vor allem ins Herz treffen. mehr lesen / lire plus

Buchtipp: Lichtungen

(© Klett-Cotta)

Iris Wolffs kunstreicher Roman „Lichtungen“ hat seinen Platz auf der Shortlist des diesjährigen Deutschen Buchpreises verdient. In schön ausgeformter Sprache wird die Liebesgeschichte von Lev und Kato erzählt, die, weil sie während des Ceaușescu-Regimes in Rumänien aufgewachsen sind, Mangel und Unterdrückung kennen. Die beiden Freunde stehen sich während ihrer Jugendjahre sehr nahe, gehen aber getrennte Wege, als sich die Grenzen öffnen. Jahre wird es brauchen, bis sie wieder zueinanderfinden – aber das erfahren die Leser*innen schon zu Beginn des Romans, denn dieser erzählt konsequent rückwärts. „Lichtungen“ ist ein Buch, das so vielschichtig ist wie ein „infinite zoom picture“ – ein Bild, das man vergrößern und vergrößern kann, nur um immer weitere, verschachtelte Mikrokosmen zu erblicken. mehr lesen / lire plus

American Teenage Cinema: Von Horror zu Highschool-Humor

Trivial? Von wegen! Die Teenie-Filmklassiker der späten 1970er- und 1980er-Jahre lassen sich nie auf nur eine Weise lesen – das wissen die Filmexpert*innen Julia Rock und Yves Steichen vom CNA. An diesem Samstag, dem 19. Oktober halten sie deshalb einen Vortrag über „Gender und Moral im amerikanischen Komödien- und Horrorkino“.

Ein kultiger Killer: Freddy Krueger. (Foto: Unsplash/Enrique Guzman Egas)

Nicht grundlos beschwören die Netflix-Erfolgsserie „Stranger Things“ oder die Neuverfilmungen des Horrorklassikers „It“ den mit ordentlich Nostalgieglanz besprenkelten 1980er-Flair herauf und stellen dabei Heranwachsende ins Rampenlicht: Teenager*innen und Eighties – eine produktive wie profitable Verbindung, sagt uns die Filmgeschichte. Eine Entwicklung, die sich Ende der 1970er-Jahre mit „Grease“ (1979), „Halloween“ (1978) oder auch „Carrie“ (1978) schon anbahnte, gewann im darauffolgenden Jahrzehnt dermaßen an Schwung, dass man von einer Blütezeit des American Teenage Cinema sprechen kann. mehr lesen / lire plus

Theatertipp: Apoplexie

(©ill)

Anna B. möchte nach dem Tod ihres von ihr entfremdeten Vaters alle Brücken hinter sich abbrechen. Während einer stürmischen Nacht steigt sie in ihr Auto und fährt los – das Ziel: ein sechs Stunden entferntes Motel. Dabei nimmt ihre Flucht immer albtraumhaftere Züge an … Das Live-Hörspiel „Apoplexie“ (Text und Regie von Claire Thill) weiß durchaus eine beklemmende Atmosphäre zu schaffen, für die passende Untermalung der an Stephen King erinnernden Erzählung, vorgelesen von Rahel Jankowski, sorgen die live erzeugten Sounds (Ken Nnganyadi). Dennoch hätte der Geschichte ein strengeres Lektorat gutgetan, nicht nur wegen der vereinzelten Fehler, die ihren Weg in die Endfassung gefunden haben, sondern auch wegen der manchmal allzu verschnörkelten Bildersprache. mehr lesen / lire plus

Film „D’Land am Schiet“: Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht

Mit ihrem Film „D’Land am Schiet“ brechen Regisseur und Produzent*innen eine Lanze für gesellschaftlichen Zusammenhalt und eine offene Haltung gegenüber geflüchteten Menschen. Dabei greifen sie selbst auf Klischees zurück und lassen die Geflüchteten kein einziges Mal für sich selbst sprechen.

Die einen Dorfbewohner*innen wünschen sich Kontakt zu Flüchtlingen, die anderen möchten nichts mit diesen Menschen zu tun haben – eine souveräne Lösung des Konflikts ist nicht in Sicht. (© respect.lu)

Nach dem missglückten Drama „Operatioun Pauly“ (woxx 1806) ist nun die zweite Luxemburger Low-Budget-Produktion innerhalb kurzer Zeit in den hiesigen Kinos angelaufen: „D’Land am Schiet“ heißt das Spielfilmdebüt des jungen Regisseurs Lukas Grevis, das während des diesjährigen LuxFilmFest seine Vorpremiere feierte und auf Filmfestivals in Portugal und der Schweiz gezeigt wurde. mehr lesen / lire plus

Bühnenadaption „Traumnovelle“: Im Halbdunkel der Gelüste

Mit der Adaption von Arthurs Schnitzlers Klassiker „Traumnovelle“ gibt das TNL den Auftakt zu seiner neuen Theatersaison.

Ein Spiel der Verführung: In ihrem Ehebett fechten Fridolin und Albertine nicht nur Konflikte aus, sondern geben sich auch der Sinnlichkeit hin. (Foto: Bohumil KOSTOHRYZ)

Täuschung und Tatsächlichkeit, Wahnbild und Wahrheit, Gaukelei und Geradheit – Arthur Schnitzlers „Traumnovelle“ nährt sich aus dem Spiel zwischen dem, was echt ist, und dem, was nur der eigenen Einbildung entspringt, dem hitzigen Tanz also von Fakt und Fantasie. Und es sind nicht nur diese Gegensätzlichkeiten, durch die die Geschichte von Fridolin und Albertine eine sich in Themenwahl und Erzählweise niederschlagende Doppelgesichtigkeit erhält. mehr lesen / lire plus

Buchtipp: Kleine Monster

Pia, Jakob und ihr siebenjähriger Sohn Luca führen ein glückliches, gewöhnliches Familien-leben – bis zu dem Tag, an dem ein mutmaßlicher Vorfall zwischen Luca und einem Mädchen aus seiner Klasse alles verändert. Das Vertrauen zwischen Mutter und Kind wird durch die Verdächtigungen seitens der anderen Eltern erschüttert und traumatische Erinnerungen werden bei Pia wachgerufen. Ihr Sohn wird ihr indes immer fremder … Subtile Entlehnungen aus dem Horror-Genre und die Slow-Burn-Erzählstruktur machen „Kleine Monster“ von Jessica Lind zu einem spannenden Roman, der sich thematisch an die Abgründe der menschlichen Natur heranwagt.

Jessica Lind: Kleine Monster, 256 Seiten, Hanser Berlin. mehr lesen / lire plus

Luxemburgische Filmproduktion „Operatioun Pauly“: Ein schales Drama

In „Operatioun Pauly“ geht es um die historisch verbürgte, sensationelle Flucht von vier jungen Männern aus einem Nebenlager des KZ Buchenwald. Trotz dieser starken Vorlage erweist sich der Low-Budget-Film jedoch als ein misslungenes filmisches Werk.

Die Schlüsselszene des Films: Die vier Häftlinge können das Lagergelände unerkannt verlassen. (Foto: Unioun vun de Lëtzebuerger Resistenzorganisatiounen asbl)

Die Geschichte hat es in sich: Im Sommer 1944 flüchteten vier Insassen aus dem Nebenlager Arolsen, das zum KZ Buchenwald gehörte, in einem SS-Fahrzeug. Dafür war nicht nur unfassbar viel Mut, sondern auch eine akribische Planung nötig: Der Belgier Fernand Labalue (Constant Kloeckner) stahl aus der Kleiderkammer vier Uniformen, die den Flüchtigen als Tarnung dienen sollten, der Luxemburger Nic Wolff (Charly Leonardy) war für die Benzinbeschaffung zuständig und reparierte zudem gemeinsam mit dem polnischen Häftling Adolf Korzynski (Damian Poltorak) den Fluchtwagen, der in einer Lagerhalle unter einer Plane stand. mehr lesen / lire plus

Ausstellung „Xanti Schawinsky: Play, Life, Illusion – a Retrospective“: Von Spektakeln und Steppmaschinen

In das Gesamtwerk des Künstlers Xanti Schawinsky kann man derzeit im Mudam eintauchen – über eine Ausstellung, die vor Kurzem noch nicht möglich gewesen wäre.

Der schweizerisch-amerikanische Künstler experimentierte unter anderem mit dem Element Feuer – hierbei entstanden die „Smoke Paintings“. (FOTO: Mareike Tocha)

Das Lebenswerk des schweizerisch-amerikanischen Künstlers Alexander „Xanti“ Schawinsky war aufgrund eines Rechtsstreits bis vor Kurzem unzugänglich. Nun aber werden unter dem Titel „Xanti Schawinsky: Play, Life, Illusion – a Retrospective“ die in viele künstlerische Richtungen ausstrahlenden Kunstwerke im Museum für zeitgenössische Kunst in Luxemburg (Mudam) gezeigt.

Es ist die erste Retrospektive des Malers und Fotografen außerhalb der Schweiz. mehr lesen / lire plus

Literatur: Lyrische Lektüretipps, Teil 1

Auf dem Lyrikmarkt gibt es immer Neues zu entdecken. Der erste Teil unserer Reihe „Lyrische Lektüretipps“ enthält drei konkrete Empfehlungen, die von „Nature Writing“ bis hin zur Holocaustliteratur reichen.

„Heimliches Gebet. Vom Trockenrasen (und nahebei)“ von Bernd Marcel Gonner

Es ist die prunkvolle Farbpalette dieses Biotops, die dem Auge schmeichelt: Auf dem Trockenrasen, auch Magerwiese genannt, blühen büschelweise seltene Blumen- und Pflanzenarten wie zum Beispiel der Acker-Gelbstern oder das Weiße Waldvöglein, Bienen und Schmetterlinge bummeln von Blüte zu Blüte, Käfer krabbeln durch die hohen Gräser. Dieser kostbare und im Verschwinden begriffene Lebensraum entsteht auf nährstoffarmen Böden, wenn über längere Zeiträume nicht gemäht oder gedüngt wird und auch kaum Beweidung stattfindet. mehr lesen / lire plus

Queeres Verlangen im Holocaust: Die fehlenden Erzählungen

Die Historikerin Anna Hájková legt mit „Menschen ohne Geschichte sind Staub“ ein Buch über das queere Lieben und Begehren im Holocaust vor. Ein präzises und feinfühliges Werk.

Anna Hájková ist Historikerin der jüdischen Holocaustgeschichte. (FOTO: Václav Jirásek)

Der Holocaust gilt als beispielloses Menschheitsverbrechen, welches das Leben von Millionen Menschen forderte. Fast zwei Drittel der europäischen Juden und Jüdinnen wurden durch das nationalsozialistische Regime auf barbarische Weise getötet; ihr oft vergeblicher Überlebenskampf fand unter widrigsten Umständen in Ghettos oder Vernichtungslagern statt. Die Singularität dieses Völkermords macht das Gedenken noch und gerade heute zu einer absoluten Notwendigkeit.

Doch wie der Opfergruppen gedenken, die stigmatisiert und deren persönliche Berichte oft nicht mit aufgenommen wurden in die Dokumentensammlungen, nämlich den queeren Juden und Jüdinnen, die während des Holocausts verfolgt, inhaftiert und deportiert wurden? mehr lesen / lire plus

Im Kino: Emilia Pérez

(Foto: Shanna Besson)

Irrlichternd zwischen Gangsterdrama und Musical erzählt der Film „Emilia Peréz“ die Geschichte der Anwältin Rita (Zoe Saldana), die vom abgebrühten Kartellboss Juan „Manitas“ Del Monte (Karla Sofía Gascón) beauftragt wird einen Arzt oder eine Ärztin ausfindig zu machen. Die Voraussetzung ist absolute Diskretion – denn Manitas, einer inneren Stimme folgend, möchte fortan ein Leben als Frau führen. Buß- und Wandlungsgeschichte, queere Lovestory und tragische Erzählung über Freundschaft und Zusammenhalt: Das alles vereint der gut komponierte Musicalfilm miteinander. Das rechte Maß an Pathos macht den Streifen zu einem gelungenen Kinoerlebnis; trotz einiger kleiner Ungereimtheiten im Plot.

Bewertung der woxx : XX
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