Game-Empfehlung : Nuts

Als Praktikant*in einen Sommer lang in einem entlegenen Wald Eichhörnchen beobachten – 
was wie ein langweiliger Sommerjob wirkt, entpuppt sich in Nuts als 
großer Spaß.

Nachts müssen die Videoaufnahmen der Eichhörnchen gesichtet werden, um ihnen schrittweise auf die Spur zu kommen. (Screenshot: Noodlecake)

Unsere Reise beginnt an einer Bushaltestelle in der Einöde. Auf dem Weg in den Wald hören wir in einer akustischen Rückblende eine Stimme. Sie gehört Nina, der Professorin, die als unsere Betreuerin und einziger Kontakt mit der Außenwelt fungieren wird. „Die Bezahlung ist zwar nicht gut, aber du hast deinen eigenen Observationswohnwagen und bist ganz alleine mit den Eichhörnchen im Wald“, erklärt sie. Nach einer kurzen Einführungsphase, in der die Spieler*innen sich mit der grundlegenden Steuerung vertraut machen können, geht es auch schon los. Der Wohnwagen wird mitten im Melmoth Forest abgestellt und das Abenteuer – oder halt der Ferienjob – beginnt.

Jeder Spieltag enthält zwei Phasen: Tagsüber stellt man zwei bis drei Kameras an jenen Stellen auf, an denen man Eichhörnchen vermutet. Nachts kann man sich die aufgenommenen Videos auf einem Videorekorder ansehen und gelungene Bilder der Eichhörnchen ausdrucken und an Nina schicken. Da die Eichhörnchen (zumindest im Spiel) jede Nacht die gleiche Route von ihrem Kobel zu ihrem Nussversteck nehmen, kann man durch ein wenig Mitdenken jede Station filmisch einfangen.

Eigenartige Eichhörnchen

Ist das erste Level noch leicht, so gestalten sich die Aufgaben immer schwieriger, da das Gelände unübersichtlicher und die Routen der Eichhörnchen unvorhersehbarer werden. Die Aufgaben, die Nina per Fax schickt, werden ebenfalls komplexer. Drei Kameras bedeuten zwar mehr Flexibilität, aber auch mehr Videomaterial, das es zu sichten gilt. Ist auch nur eine Kamera etwas falsch ausgerichtet, kann der wichtige Schnappschuss nicht getätigt werden und die Forschungsarbeit kann erst am nächsten Tag fortgesetzt werden. Mit der Zeit stellt sich nicht nur heraus, dass eine ominöse Firma illegalerweise bereits mit Holzfällarbeiten im Melmoth Forest angefangen hat, sondern auch dass die Eichhörnchen sich sehr seltsam benehmen. Es scheint, als wären wir einer Sache auf der Spur, die viel größer ist als die Ernährungsgewohnheiten von ein paar Nagetieren.

Die Grafik ist nicht naturalistisch gehalten, sondern in recht grellen Neontönen, die sich je nach Level verändern. Wichtige Objekte wie die Kameras sind dabei stets so eingefärbt, dass man sie leicht erkennen kann. Das mag auf den ersten Blick befremdlich wirken, stört jedoch nicht bei der Immersion. Durch das exzellente Sounddesign hat man das Gefühl, tatsächlich im Wald zu stehen. Wer das Gelände ausgiebig erkundet, kann zusätzliche Elemente freischalten, wie zum Beispiel Kassetten eines Audio-Tagebuches. Das gehört Nina, die bereits vor 15 Jahren die Eichhörnchen in dem Wald beobachtet hat. Die Steuerung ist mitunter gewöhnungsbedürftig, besonders beim Sichten des Videomaterials.

Widerwillige Videorekorder

Gerade in diesem Spielteil liegt jedoch die Stärke des Spiels: Das Gefühl, isoliert in einem Wohnwagen den scheuen Eichhörnchen auf der Spur zu sein und sich schrittweise an ihr Verhalten heranzutasten, bringt Nuts wunderbar rüber. Bildartefakte, die typisch für VCR-Aufnahmen sind, sorgen für ein realistisches Gefühl. Wer will, kann seinen Wohnwagen mit ausgedruckten Eichhörnchen-Aufnahmen dekorieren und sich seinen Forschungsobjekten so noch näher fühlen. Obwohl das Leben im Wald im Spielgeschehen wenig simuliert wird, so fühlt es sich alleine durch die Anwesenheit von Konserven, einem Kompostklo und der obligatorischen Koje so an, als verbringe man wirklich einen Sommer als Ferienjobber*in im Wald.

Die Geschichte, die im Wesentlichen durch Ninas Telefonanrufe erzählt wird und sich fernab des Waldes entfaltet, ist die klassische Erzählung einer großen, seelenlosen Firma, die durch einen Staudammbau gegen Umweltinteressen handelt, Forschungsergebnisse ignoriert und die Presse manipuliert. Ein wenig mehr Tiefgang wäre durchaus wünschenswert gewesen, vor allem da Eichhörnchen selten die Spezies sind, die tatsächlich Wälder vor dem Abholzen rettet. Allerdings spielt man das Spiel auch aus der Perspektive eines*einer Praktikant*in fernab der Zivilisation mit wenig Einflussmöglichkeiten auf die Politik.

Es gibt immer wieder Fälle, in denen der Nachweis einer Tierart ein Biotop vor der Zerstörung bewahren kann – die Botschaft von Nuts stimmt also auf jeden Fall. Interessanterweise wurde das Spiel von einem Team geschaffen, das an unterschiedlichen Orten lebt und arbeitet und dementsprechend nur remote zusammenarbeiten konnte. Somit ist es auch ein Beweis dafür, dass selbst unter Pandemiebedingungen Großartiges geleistet werden kann, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.

Mit ungefähr acht Stunden Spielzeit ist Nuts recht schnell durchgespielt. Diese wenigen Stunden versetzen die Spieler*innen jedoch derart in eine ruhige Welt abseits der schnelllebigen Moderne, dass sie sich wie Urlaub anfühlen.

Auf Apple Arcade, Steam, Nintendo Switch, Itch.io und Humble Bundle, ca. 18 Euro.

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