(sk) – Über seine Person erfährt man nur wenig, weder über seinen Beruf als Reporter noch über sein Privatleben. Kein Mythos umgibt ihn, wie zum Beispiel Hugo Pratts Corto Maltese. Nur dass Tintin (auf Deutsch: Tim) – wie fast alle Comicfiguren – nicht altert, obwohl er wie kaum eine andere die Geschichte des 20. Jahrhunderts durchläuft. Tintin bleibt eine Konstante im Wandel von mehr als 20 Bänden aus der Feder des Belgiers Georges Remi (Hergé). Der Comic-Reihe ist eine Ausstellung gewidmet, die zurzeit in der Banque de Luxembourg unter dem Titel „Der blaue Lotus“ zu sehen ist. „Der blaue Lotus“, Tintins fünftes Abenteuer, das im japanisch besetzten Schanghai der 30er Jahre spielt, wird als Hergés erstes Meisterwerk betrachtet. Und es stellt einen Wendepunkt dar: „Tim im Kongo“ strotzte zum Beispiel noch vor kolonialistischen Plattitüden, und „Tim im Land der Sowjets“ war ein Comic gewordenes anti-kommunistisches Manifest. In der Tat beginnt mit dem „blauen Lotus“ eine neue, realistischere Ära der Comic-Figur, die in den letzten Bänden fast schon gesellschaftskritische Züge gewinnt, doch auch hier bleiben teils rassistische Klischees nicht aus, die auch später noch in der Reihe zu finden sind. Die Ausstellung bietet einen Einblick in Hergés Schaffen, aber eine kritischere Auseinandersetzung mit dem Werk sucht man vergeblich. Und wer Tintin war, warum er kein Liebes- und schon gar kein Sexleben hatte, das erfährt man wohl nie. Hunderttausend heulende Höllenhunde!
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