MALEREI: It’s Them!

Unter dem Titel „It`s Not Us, It`s You“ in der Galerie Schlassgoart in Esch werden zurzeit in einer gemeinsamen Ausstellung Arbeiten von Franck Miltgen und Pascal Piron gezeigt. Die beiden Künstler gehören zu den Gründungsmitgliedern der ALZ Studios, zu denen außerdem noch Max Mertens und Roland Quetsch zählen. Mertens hat die Gruppe inzwischen verlassen, für ihn ist Christian Frantzen nachgerückt. Allerdings führt diese Fassung des Sachverhalts auf eine falsche Fährte, sehen sich die beteiligten Künstler doch explizit nicht als Gruppe oder gar als ein Kollektiv. Selbst Gemeinsamkeiten in der künstlerischen Anschauung oder Ideologie weisen sie von sich.

Ein geeignetes und bezahlbares Atelier zu finden, ist in Luxemburg für junge Künstler nicht einfach. So beschlossen die vier aus der Not heraus, sich eine Werkstatt zu teilen. Daraus entstanden – auch mit dem Ziel, andere Künstler zu unterstützen und ihnen zumindest für eine Übergangszeit einen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen zu können – im November 2010 die ALZ Studios. Die Buchstaben ALZ verweisen dabei auf den allseits bekannten Fluss, der am Atelier vorbeifließt.

Dass die Positionen der vier Künstler durchaus gegensätzlich sein können, zeigt die aktuelle Ausstellung. Betrachtet man die neuen Arbeiten von Pascal Piron, von denen drei bereits beim Salon des CAL im letzten Jahr zu sehen waren, scheint es in unserer Welt viel mehr Menschen gut zu gehen, als man gemeinhin annimmt. Das ist natürlich etwas zu oberflächlich gedacht. Doch zeigen immerhin sieben seiner neun präsentierten Gemälde „The Happy Few“, während nur zwei „The Angry Few“ zum Gegenstand haben. Freilich brauchte es die Titel nicht, um die Laune und Stimmung der abgebildeten Menschen zu erkennen. Allerdings erlaubt sich Piron auch den einen oder anderen Verweis auf die Aktualität.

Die Grundlage für Pirons Bilder sind Fotografien, die er unter anderem im Internet findet. Dabei sichtet er nach eigener Aussage oft tausende von Fotos, ehe er sich endlich für eines entscheidet, das er dann in ein Gemälde umsetzt. In seiner Arbeit geht es ihm bei allem Realismus in der Darstellung immer auch um Reduktion. Als Einfluss nennt er die Kompressionsverfahren, die genutzt werden, um die Dateigröße von digitalen Fotografien für die Darstellung im Internet zu reduzieren. Dazu hat er im Laufe der Jahre verschiedene Möglichkeiten ausgelotet. Von verpixelten Grafiken in Graustufen über Unschärfen bis hin zu dem Netz aus Farbfiltern, das er seit einiger Zeit über seine Bilder legt. Dadurch entsteht ein Raster, das aus der Ferne nur zu erahnen ist, aber mit jedem Schritt auf das Bild zu deutlicher wird. Dies geht einher mit einem Verlust an Informationen, der dem Betrachter keine Möglichkeit mehr lässt, aus dem Ausschnitt auf das Ganze zu schließen. Damit will Piron den Betrachter auch auf dessen Wahrnehmung der Realität aufmerksam machen, die im Prinzip doch darauf angewiesen ist, vermeintlich situativ unwichtige Details auszublenden.

Als Gegenpol zu Piron setzt sein Kollege Franck Miltgen – unter Nutzung verschiedenster Techniken und Materialien – auf Abstraktion. Dabei beeindrucken besonders seine großen Metallreliefs, die an mythische, in Stein gehauene Bilder aus der menschlichen Vorgeschichte erinnern. Ergänzt werden sie von Collagen aus Fotografien verschiedener Graffiti, die Miltgen im Stile eines, weniger abreißenden als vielmehr ausschneidenden, Raymond Hains arrangiert. Im wahrsten Sinne des Wortes sticht unter diesen Arbeiten sein „Outgrowth Painting II“ hervor, das er durch Farbauftrag zu einem Nagelbrett gemacht hat. Die unterschiedlichen Wege, die Piron und Miltgen beschreiten, und die von Miltgen angewendete Technikvielfalt lassen die Arbeiten der beiden Künstler als sehr verschieden erscheinen. Erlebt und betrachtet man sie aber, wie in dieser Ausstellung, zugleich, so können sie doch den Eindruck eines stimmigen Ganzen erwecken. Wird man dann als Besucher durch solch ein Motto, wie „It’s Not Us, It’s You“, noch derart in den Mittelpunkt gestellt, so kann man kaum anders als hinzugehen.

Noch bis zum 8. März in der Galerie Schlassgoart.


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