NACHHALTIGKEIT: Die Natur nicht in den Bankrott treiben

Auf Einladung diverser Organisa-tionen wird Anders Wijkman am kommenden Mittwoch einen Vortrag ihm Rahmen der 2052-Kampagne des Club of Rome, dessen Kopräsi-dent er ist, halten. Die woxx veröffentlicht ein Vorabinterview mit dem ehemaligen EVP-Europaabgeordneten.

Zur Person:
Anders Wijkman, 69, ist zusammen mit Ernst Ulrich von Weizsäcker Kopräsident des internationalen Club of Rome. Er war Mitglied des Europaparlaments von 1999 bis 2009 (EVP) und ist Mitglied der Schwedischen Akademie der Wissenschaften. Zuvor war Wijkman beigeordneter Generalsekretär der Vereinten Nationen, stellvertretender Direktor des Bureau for Policy and Program Support beim Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen und Generaldirektor der Swedish Agency for Research Cooperation with Developing Countries. Er war auch Generalsekretär des nationalen Roten Kreuzes und Präsident der Kommission für Katastrophenhilfe des Internationalen Roten Kreuzes.

woxx: In Ihrem Buch „Bankrupting Nature“, das 2012 erschienen ist, sprechen Sie von „planetarischen Grenzen“, die wir zu überschreiten im Begriff sind. Können Sie einige konkrete Beispiele solcher Grenzsituationen nennen?

Anders Wijkman: Das augenfälligste ist die Stabilität des Klimasystems. Wenn wir in Europa, aber insbesondere auch auf globaler Ebene, nicht handeln, werden wir uns in einer sehr dramatischen Situation wiederfinden. Es gibt jetzt fast wöchentlich wissenschaftliche Berichte, die zeigen, dass die Sensitivität des Klimas sehr hoch ist und wir einem großen Risiko ausgesetzt sind. Es geht um extremere Wettersysteme, aber auch um einen weltweiten Einbruch der Lebensmittelproduktion. Ein weiteres Beispiel, das ebenfalls mit dem Treibhausgasphänomen zusammenhängt, ist die Versauerung der Meere, die immer mehr CO2 aufnehmen. Es sinkt dadurch der pH-Wert, was vor allem Lebewesen, die Schalen bilden, zu schaffen macht. Als Konsequenz hiervon wird die Nahrungskette, die von hier ausgeht, abreißen, was auch die etwa eine Milliarde Menschen, die ihren Proteinbedarf fast ausschließlich aus dem Meer decken, in Mitleidenschaft ziehen wird. Eine ungewisse Zukunft sehen wir auch im Bereich der Biodiversität. Wir wissen in Wahrheit nicht, was ein Rückgang der Artenvielfalt zur Folge haben wird. Wir wissen aber, dass stark diversifizierte Biosysteme eine stärkere Widerstandskraft aufweisen, gerade wenn es zu klimatischen Veränderungen kommt. Die ganze Diskussion dreht sich um das Risikobewusstsein, das wir entwickeln müssen. Weil wir nicht alles genau voraussagen können, brauchen wir eine intensivere Forschung. Es geht nicht um absolute Katastrophen, die wir genau benennen könnten, sondern um eine Risikoeinschätzung, damit wir vorbeugen können, bevor bestimmte Dinge eintreffen.

„Traditionelle Ökonomisten vertrauen auf lineare mathematische Modelle und sind darum unfähig, Kipp-Situationen in ihre Arbeiten einzubeziehen.“

Sie sprechen von „tipping points“, mit denen die Menschheit spielt. Haben wir überhaupt eine Chance, solche Grenzwerte oder Scheitelpunkte, nach denen es nur noch bergab geht, zu vermeiden?

Wir stellen dieses Konzept bewusst sehr in den Vordergrund, da weder das Klima, noch die Ökosysteme linear funktionieren. Wenn wir CO2 ausstoßen oder ganze Waldbestände abholzen, dann ist der direkte Schaden nicht linear oder proportional erfassbar. Ein solches Vorgehen kann lange ohne direkt sichtbare Konsequenzen bleiben, um dann plötzlich, in einem ganz bestimmten Moment, zu einem Umkippen zu führen. Es gibt Beispiele von Seen oder Meeren, wo ganz abrupt aus gesunden, fischreichen Zonen tote Gewässer wurden. Wir wissen aber nie genau, wann dies eintritt. Das ist auch das Problem, das traditionelle Ökonomisten mit der aktuellen Fragestellung haben: Sie vertrauen auf lineare mathematische Modelle und sind darum unfähig, solche Kipp-Situationen in ihre Arbeiten einzubeziehen. Eine der Thesen im Buch ist, dass gerade die konventionelle Wirtschaftswissenschaft wenig hilfreich ist, um aus der aktuellen Krisensituation herauszuführen. Leider wird aber derzeit die Welt vor allem von Ökonomen geführt.

Sie sprechen im Zusammenhang mit dem finanziellen Kollaps von 2008 und dessen Folgen von einer Nachhaltigkeitskrise. Was macht die aktuelle Situation so anders als etwa die Krise der 1930er?

Der größte Unterschied zu 1930 ist die Globalisierung der Wirtschaften, insbesondere des Finanzsystems. Es ist einzelnen Ländern, einzelnen Nationen nicht mehr möglich, allein zu handeln und die Dinge sozusagen in einen Normalzustand oder in eine gewisse Stabilität zurückzuführen. Dazu bedarf es mittlerweile globaler Abkommen, und wir sehen immer wieder, wie schwierig diese zu erreichen sind. Wenn dann auch noch Krisen, wie jetzt die um die Krim-Halbinsel, hinzukommen, dann werden die zarten Versuche, sich einander in globalen Fragen anzunähern, von einem Tag auf den anderen zunichte gemacht. Wenn ich von Globalisierung spreche, dann meine ich auch die ungeheure Anhäufung von Schulden, die das Finanzsystem zum Kollabieren bringen, wenn es sich nicht einem ungehemmten Wachstum verschreibt. Ich weiß nicht, wie lange das noch andauern wird, ich stelle nur fest, dass wir uns an unserer eigenen Zukunft satt essen, sowohl finanziell wie auch hinsichtlich der Nachhaltigkeit. Um diese Schulden und die angehäuften Zinsen zurückzahlen zu können, müssen wir vermehrt Produkte herstellen, die wir verkaufen können. Bei der dazu erforderlichen Nutzung von Energie und Naturressourcen überschreiten wir immer öfter die erwähnten Grenzen. Wir sind längst in einer Phase der Überhitzung, und das Finanzsystem schafft unentwegt mehr Geld, um die Maschine in Gang zu halten. Ich denke nicht, dass dieses Vorgehen nachhaltig ist, aber es ist sehr schwer, hierüber eine Debatte zu führen. Die Politiker sind furchtbar ängstlich und vermeiden es, Stellung zu beziehen. Entweder weil sie schlichtweg nicht verstehen, was da vor sich geht, oder weil sie, wenn sie es verstehen, genau wissen, wie wackelig das Ganze ist. Die Insider wissen, wie nahe wir 2008 an einem globalen wirtschaftlichen Kollaps waren. Neue Blasen haben sich seither aufgebaut, und 2008 war definitiv nicht die letzte Krise …

Luxemburg richtet seine wirtschaft-liche Strategie ebenfalls sehr auf eine Integration in das globale Finanzsystem aus.

Ja, und dies in einem Moment, wo die Finanzinstitute in Luxemburg ohnehin schon so unheimlich groß im Vergleich zur Gesamtökonomie sind. In Schweden haben wir ebenfalls einen sehr großen Finanzsektor, wenn er auch nicht direkt mit dem Luxemburgs gleichzusetzen ist. Aber das, was man in Island erlebt hat, zeigt, wohin eine solche Abhängigkeit führen kann, insbesondere dann, wenn eine Nationalökonomie all diese Verluste nicht mehr zu absorbieren vermag. „Bankrupting Nature“ versucht darzustellen, wie sehr wir von der Natur abhängen, wenn es darum geht, unsere Wirtschaft nachhaltig abzusichern. Es geht nicht nur um die Umwelt, es geht auch um die Wohlfahrt unserer Gesellschaften. Unstabiles Klima, schwächelnde Ökosysteme und immer teurere, weil rarer werdende Rohstoffe für die Industrie – das alles wird das Wohlfahrtsystem in Gefahr bringen. Und genauso verhält es sich mit dem Finanzsystem. Es ist das, was die Umweltwissenschaftler „overshooting“ nennen: Wir übersteuern ein System, das schlagartig zusammenbrechen kann.

„Es geht nicht nur um die Umwelt, es geht auch um die Wohlfahrt unserer Gesellschaften.“

Die politischen Führer in Europa führen fast ausschließlich ein gesteigertes Wachstum des Bruttosozialprodukts als Ausweg aus der aktuellen Krise an. Was halten Sie von diesem Ansatz?

Ich denke, sie sind gefangen in einer sehr primitiven Art und Weise, die Dinge zu analysieren. Ich sage nicht, dass ein negatives Wachstum oder „De-Growth“ ein Ziel politischen Handelns sein kann. Aber das BSP-Wachstum ist ein schlechter Indikator, da nicht zwischen unterschiedlichen Typen und Qualitäten von Wachstum und Entwicklung unterschieden wird. Ob wir unsere Energie aus Ölsand aus Kanada oder von der Sonne erhalten, das unterscheidet dieser Wachstumsmesser nicht. Ich bin ja nicht dagegen, dass gewisse Dinge wachsen. Sonnenenergie, intelligente Biomasse, energieeffizientes Bauen, schienengebundene Verkehre ? das sind alles Dinge, die wir fördern müssen und zwar schnell, da sie die Infrastruktur der Zukunft darstellen. Ich ärgere mich darüber, dass die führenden Kräfte in der EU-Politik immer noch nicht damit begonnen haben, diese Dinge in ihre tägliche politische Agenda zu integrieren. Sie sind noch nicht dazu übergegangen, in ihrer Suche nach mehr Arbeitsplätzen tatsächlich auch qualitative Kriterien einzuführen. Es bleibt beim „business as usual“. Aber es macht nun einmal einen Unterschied, ob wir Produkte konsumieren, die eine sehr begrenzte Lebensdauer haben, oder ob wir übergehen zu einer Kreiswirtschaft, in der die Dinge länger halten und immer wieder zu neuer Verwendung gelangen. Es gibt so viele gute Lösungsansätze, aber wenn ich mir die EU-Kommission ansehe, muss ich feststellen, dass sie zu diesen keinerlei Zugang hat.

Warum sind sie kein Fan von De-Growth?

Ich denke, wenn wir es intelligent angehen und die richtigen Bereiche wachsen lassen, ist es möglich, nachhaltig zu wirtschaften. Ich bin für Entwicklung: Es gibt immer noch viele Menschen, die ein derart niedriges Lebensniveau haben, dass es inakzeptabel ist, ihnen keine Entwicklungschancen zu geben. Und ich sehe die Gefahr, dass das ganze System kollabiert, wenn wir das Wachstum von heute auf morgen stoppen. Wir müssen uns eine intelligente Transition ausdenken, aber die wird nicht weniger als zehn oder fünfzehn Jahre benötigen.

Einer Ihrer Lösungsansätze sieht vor, die Besteuerung der Löhne herabzusetzen und dafür jene für Ressourcenverbrauch zu erhöhen. Wie weit lässt sich ein solches Modell implementieren, etwa in Europa, wo ja Steuerfragen auf nationaler Ebene bestimmt werden?

Das ist natürlich eine schwierige Frage. Ich bin dennoch überzeugt, dass man auf nationaler Ebene anfangen kann. In Schweden gibt es ein paar Ansätze, auch wenn wir nach meiner Meinung etwas entschiedener an die Sache herangehen könnten. Wir besteuern Tabak und Alkohol, da wir die Leute dazu bewegen wollen, weniger davon zu konsumieren. Wenn ich mir dann die Besteuerung von Arbeit ansehe, dann würde diese Logik bedeuten, dass wir weniger Arbeit haben möchten. Und das in einem Kontext, wo traditionelle Wirtschafts-Bereiche eingehen und die Technologie viele Jobs verschwinden lässt. Man sieht es in den Fabriken, wo immer mehr Arbeiten von Robotern übernommen werden und ganze Abläufe automatisch vonstatten gehen. Mittlerweile setzt sich dieser Trend aber auch im Dienstleistungsgewerbe durch, in Banken, in Spitälern ? überall setzt sich die Technologie durch. Wie müssen also dafür sorgen, dass zu hohe Steuern auf Arbeit diese Entwicklung nicht noch verstärken. Auf der anderen Seite müssen wir Ressourcen-Effizienz und niedrigen Energieverbrauch fördern, indem wir die Verschwendung taxieren. Es ist in meinen Augen eine gut nachvollziehbare Politik, wenn wir dies durch höhere Preise für bestimmte Dinge deutlich machen. Es ist bedauerlich, dass die EU-Staaten es nicht schaffen, sich auf dieser Ebene zu verständigen um, mit einer Politik kleiner Schritte, im Zeitraum von etwa fünf Jahren zu einem solchen nachhaltigen Modell zu gelangen.

Viele Ihrer Vorschläge erinnern an originär grüne politische Ansätze. Sie saßen für die EVP im Europaparlament. Sehen Sie denn eine Chance, dass die traditionellen politischen Parteien in diese Richtung gehen?

Ich habe zehn Jahre lang versucht, meine Parteikollegen darauf einzuschwören, aber es ist mir nicht gelungen. Ich will aber nicht einfach in Pessimismus verfallen. Ich sehe durchaus einige Chancen. Wenn ich mit intelligenten Wissenschaftlern diskutiere, insbesondere solchen, die sich mit der Problematik des Klimawandels beschäftigen, dann höre ich immer wieder die Forderung, dass wir eine andere Wirtschaftslogik entwickeln müssen. Sogar einige Wirtschaftswissenschaftler kommen zu dieser Schlussfolgerung. Nur: Die Masse der Mainstream-Ökonomen sperrt sich gegen diese Diskussion. Da wo sie sitzen, etwa in den Finanzministerien, herrscht uraltes Denken vor. Cameron Hepburn, einer der führenden Denker für Umwelt-Ökonomie in Großbritannien, hat vor kurzem auf einer Tagung in Schweden dargelegt, wie in den klassischen spezialisierten Hochschulen Wirtschaft immer noch gelehrt wird, als wenn es die letzten 30 oder 40 Jahre nicht gegeben hätte. In den 1960ern und 1970ern war die Welt ganz anders. Wir hatten eine kleine Wirtschaft auf einem großen Planeten. Jetzt haben wir eine riesengroße Wirtschaft auf einem winzig kleinen Planeten. Wir müssen einfach umdenken, es gibt andere Probleme, die andere Lösungen notwendig machen.

„Es ist bedauerlich, dass die EU-Staaten es nicht schaffen, mit einer Politik kleiner Schritte, im Zeitraum von etwa fünf Jahren zu einem nachhaltigen Modell zu gelangen.“

Ist das nicht ein Armutszeugnis für die Politik, denn eigentlich sehen Sie die Wirtschaft als den wichtigsten Akteur an?

Ich wende mich an die Wirtschaft und die Wirtschaftswissenschaftler, weil ich mir wünsche, dass sie ihren Ansatz ändern. Wenn sie ihren Diskurs entsprechend anpassen, werden auch die Politiker hellhörig werden. Zurzeit gibt es ein totale Blockade zwischen der wissenschaftlichen Sphäre, die sich mit den Folgen des Klimawandels beschäftigt, und dem Mainstream der Wirtschaftswissenschaft. Man redet kaum miteinander, und ich frage mich, wie es kommt, dass die Politik eher auf die Ökonomen hört als auf die Naturwissenschaft.

Ihr Ziel ist es, den Planeten für etwa neun Milliarden Menschen lebbar zu machen. Ist das ein realistisches Vorhaben oder ein optimistischer Traum?

Es gibt Modelle, die davon ausgehen, dass sich die Menschheit bei acht Milliarden stabilisieren könnte, wenn alle Mittel der Entwicklungs- und Sozialpolitik auf dieses Ziel ausgerichtet werden. Allerdings gibt es genug Gründe, anzunehmen, dass in einigen Ländern das Bevölkerungswachstum dennoch über das Ziel hinausschießen wird und es etwas länger dauern könnte, bis die Dinge sich stabilisieren. Der „Neun-Milliarden-Filter“ soll vor allem bewusst machen, dass wir relativ schnell dort anlangen werden. Wir müssen eben schon jetzt alles so einrichten und den Ressourcenverbrauch so einschränken, dass einmal neun Milliarden Menschen in würdigen Umständen auf der Erde leben können. Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass die angepassten Technologien entwickelt werden, die spätestens dann zur Verfügung stehen müssen. Hier kommt dem öffentlichen Sektor eine wichtige Rolle zu. In Schweden, wo ich eine Kommission für öffentliche Auftragsvergabe leite, werden mehr als 50 Prozent der Aufträge im Infrastrukturbereich durch staatliche Stellen ausgeschrieben. Wir können also die Zulieferer und Konstrukteure beeinflussen und sie auffordern, nachhaltige Lösungen vorzuschlagen. Wir können es uns heutzutage nicht mehr erlauben, Häuser zu bauen, die Energie verbrauchen statt welche abzugeben. Man braucht sich nur vorzustellen, dass in den kommenden Jahren Hunderte von Millionen an Häusern in Indien, China, Brasilien usw. errichtet werden und diese schon jetzt dieser Logik unterworfen werden könnten. Und wir, als wohlhabende Nationen, schaffen es nicht einmal, mit gutem Beispiel voranzugehen.

„Wir haben im Klimabereich ein fundamentales Problem, und das ist das Misstrauen, das zwischen Nord und Süd herrscht.“

Die Umsetzung Ihrer Vorschläge hängt sehr stark von einer funktionierenden weltweiten „Governance“ ab. Wie realistisch ist eine solche Perspektive, wenn man bedenkt, dass internationale Abkommen, etwa im Bereich der Klimapolitik, immer weniger Unterstützung finden?

Wir haben im Klimabereich ein fundamentales Problem, und das ist das Misstrauen, das zwischen Nord und Süd herrscht. Die Industrienationen ? oder, um genauer zu sein, die OECD-Mitgliedsstaaten – haben ihre Wirtschaften und ihre Wohlfahrtsysteme auf billiger Energie und billigen Rohstoffen aufgebaut. Nun gibt es einige Länder im Süden, die aufschließen. Die sehen sich jetzt einer ganze Reihe von Restriktionen, hinsichtlich des CO2-Ausstoßes, des Energieverbrauchs, der Ressourcennutzung usw. ausgesetzt. Ihr berechtigter Ruf nach Unterstützung durch die reicheren Länder für einige der wichtigen, aber für sie unbezahlbaren Zukunfts-Investitionen, verhallt ungehört. Die einzige erwähnenswerte Entscheidung der Klimakonferenz in Kopenhagen war die Schaffung eines Fonds, der pro Jahr 200 Milliarden Dollar für Technologietransfer, Adaptationsmaßnahmen und ähnliches zur Verfügung stellen sollte. Dieser Fonds ist mehr als vier Jahre später nicht einmal ansatzweise operationell. So baut man kein Misstrauen ab. Und die Tatsache, dass die USA dem Prozess immer noch nicht beigetreten sind, lässt bei Ländern wie Indien oder China die Frage aufkommen, weshalb gerade sie jetzt größere Schritte unternehmen sollten, wenn andere das nicht tun. Wenn wir es schaffen, diese Barriere des Misstrauens zu überwinden, dann glaube ich, gibt es viele Dinge, bei denen wir uns auf globaler Ebene einigen könnten.

Sie wollen die Millennium Goals in Richtung mehr Nachhaltigkeit um-orientieren. Heißt das, dass der Süden seine Entwicklungsziele aufgeben muss?

Die Millennium Goals zielten auf den Süden. Die Nachhaltigkeitsziele, so wie ich sie verstehe, betreffen alle, den Norden wie den Süden. Wir haben das Buch vor zwei Jahren verfasst, seitdem haben sich die Dinge meiner Meinung nach durchaus positiv weiterentwickelt. Dieser Prozess in Richtung nachhaltiger Entwicklung hat sich konkretisiert, und ich bin zuversichtlich, dass sich daraus etwas Positives ergeben wird. Als die Millennium Goals im Jahre 2000 beschlossen wurden, gab es viele Skeptiker, die dem Vorhaben kaum Chancen einräumten. Ich glaube aber, dass sie trotzdem von Bedeutung waren, auch wenn vieles nicht erreicht wurde. Diese Art der Zielsetzung hat einige Länder immerhin dazu gebracht, sich zu bemühen, zumindest die richtige Richtung einzuschlagen. Auch wen die Global Governance immer noch schwach ist, sollten wir die Wirkungskraft solcher breit angelegter Ziele, die zwar nicht präzise aber zielorientiert sind, nicht unterschätzen. Der Prozess einer Suche nach einer nachhaltigen Entwicklung erscheint mir sehr unterstützenswert, und genau hier hätte die Europäische Gemeinschaft eine sehr wichtige Rolle zu spielen.

Mittwoch, 26. März 18h30 im Hotel Parc Belle-Vue (Konvikt): „Bankrupting Nature, denying our Planetary Boundaries“, Vortrag von Anders Wijkman in englischer Sprache mit Übersetzung ins Französische; Eröffnungsrede der Umweltministerin Carole Dieschbourg.

Org.: Caritas, Action Solidarité Tiers Monde, Mouvement écologique, Conseil supérieur du développement durable.


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