Game-Empfehlung: Dorfromantik

von | 29.04.2021

Wie „Siedler von Catan“, nur ohne Wettbewerb: Dorfromantik ist das perfekte Videospiel für eine Zeit, in der die Welt aus den Fugen zu geraten scheint.

Ferien auf dem virtuellen Dorf: Dorfromantik besticht durch seine einfache Mechanik, die dennoch Spieltiefe ermöglicht. (Screenshots: woxx/Toukana Interactive)

Ruhige, beinahe schon meditative Musik, das Plätschern eines Bachs, Vogelgezwitscher und eine kleinteilige rurale Landschaft: So präsentiert sich das Videospiel Dorfromantik seinen Spieler*innen schon nach einigen Minuten. Das Prinzip ist leicht erklärt und erinnert ein wenig an das Brettspiel „Siedler von Catan“: Sechseckige virtuelle Spielkärtchen werden nach und nach zu einer Landschaft zusammengelegt. Auf ihnen befinden sich Häuser, Felder, Bäume, Wiesen, Flüsse und Schienen. Nach und nach entstehen Dörfer, Wälder, Flusslandschaften und Bahnstrecken.

Das Legen kann nicht völlig beliebig erfolgen, sondern ist gewissen Regeln unterworfen. Vor allem die Wasserläufe und Eisenbahnstrecken können bei unbedachten Spielzügen den Spielfortschritt jäh beenden. Um neue Kärtchen zu erhalten, müssen die Spieler*innen kleine Aufgaben erfüllen, zum Beispiel einen Wald mit bestimmter Größe oder ein Dorf mit einer gewissen Anzahl an Häusern zusammenstellen. Zusätzlich gibt es Herausforderungen, die neue Kärtchen aufdecken, wie eine Mühle, einen Kornspeicher oder ein Schiffchen, das auf den Flüssen herumschippert. Wie die Landschaften aussehen, ändert sich zufällig: Mal gibt es neben Kornfeldern auch mediterranen Lavendel oder statt mitteleuropäischen Häusern, auch skandinavische Holzhütten.

Keine Story, keine Aufregung, kein Stress

Das ist auch schon alles, was Dorfromantik an Spielmechanik bietet. Und genau das macht den Reiz des Games aus: Keine Ressourcenverwaltung, keine Wirtschaftssimulation, keine unzufriedenen Bürger*innen, die Luxusprodukte fordern, keine Gegner*innen, die eine*n angreifen. Solche Features sind laut den Entwickler*innen, allesamt Game Design-Student*innen aus Berlin, auch nicht geplant. Sie wollen sich darauf konzentrieren, das Spielerlebnis zu verbessern und noch weitere Spezial-Kärtchen und Biome hinzuzufügen. Auf eine Handlung wird gänzlich verzichtet, was jedoch kein Nachteil ist: Eine notdürftig zur Mechanik hinzugedichtete Story würde das Spielerlebnis eher trüben als bereichern.

Als die woxx im Dezember 2020 erstmals über das Spiel berichtete, war es noch als kostenlose Demoversion verfügbar. Mittlerweile hat Dorfromantik den Sprung zum „Early Access“-Titel auf Steam geschafft und wird für etwa neun Euro verkauft. Eigentlich sollte das erst Mitte des Jahres passieren, doch das viele positive Feedback hat die Entwickler*innen dazu bewogen, das Spiel bereits im März in einer nahezu fertigen Version zu veröffentlichen. Gelobt wurde vor allem die entspannende Atmosphäre, die vielen Menschen während der Covid-19-Pandemie einen virtuellen Rückzugsort verschaffte.

Virtueller Urlaub am Land

Dorfromantik ist mittlerweile so etwas wie ein Überraschungshit: Vor allem durch Youtube und Streams auf Twitch wurde das Spiel sehr bekannt und hat viele Spieler*innen angezogen. Bei den Streamer*innen steht oft die Jagd nach dem Highscore im Vordergrund, was zu beeindruckend großen Landschaften führt. Ein Modus, der wohl nicht allen Spieler*innen liegt: Laut den Statistiken von Steam hat bisher nur ein kleiner Anteil die Achievements, die mit hoher Punkteanzahl einhergehen, erhalten. Das muss dem Spielspaß aber keinen Abbruch tun: Auch wenn eine Runde nach einer Viertelstunde vorbei ist, so fühlt sich diese wie ein kleiner Urlaub in einer ruhigen, friedvollen Fantasiewelt an.

Wer trotzdem lieber ohne Einschränkungen drauflosbauen will, muss sich noch ein wenig gedulden: Mit einem künftigen Update wird ein „Creative Mode“ freigeschaltet, bei dem nach Herzenslust eine Landschaft erstellt werden kann, ohne dass dafür Aufgaben erfüllt werden müssen. Das verspricht ein noch entspannenderes Spielvergnügen.

Viel zu kritisieren gibt es an Dorfromantik nicht: Das „perfekte“ Platzieren von Karten, das für manche Challenges und generell für einen hohen High-Score vonnöten ist, könnte im Tutorial besser erklärt werden. Mit der Zeit werden manche Soundeffekte etwas repetitiv oder nerven gar – etwa das Muhen einer Kuh, die jedoch nie zu sehen ist. Für ein Spiel, das eigentlich noch in der Entwicklungsphase ist und nicht von einem großen Entwicklungsstudio entworfen wurde, handelt es sich bei Dorfromantik jedoch jetzt schon um ein sehr ausgereiftes Produkt.

9 Euro, auf Steam und Gog.com. 
Die Entwickler*innen haben der woxx eine kostenlose Version des Spiels zum Testen zur Verfügung gestellt.

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