Fotografie
: Mondsüchtig

Der Wasserturm des Düdelinger CNA beherbergt momentan die Ausstellung „Perigee“ des Fotografen Paul Gaffney und bietet dem Besucher die Gelegenheit, tief in die Wälder und in seine eigene Seele zu blicken.

1363expoAuf den ersten Blick ist schwer zu erkennen, was der irische Fotograf Paul Gaffney hier eigentlich im Bild festgehalten hat. Einige erinnern an zufällige Schnappschüsse, wie sie etwa entstehen, wenn man aus Versehen den Auslöser des Fotoapparats berührt, andere dagegen wirken wie erhabene dreidimensionale Landschaftsmalereien, die von sehr fortgeschrittenem künstlerischem Handwerk zeugen.

Und doch sind die Bilder allesamt „nur“ Aufnahmen, die Gaffney nachts in luxemburgischen und irischen Wäldern gemacht hat – ohne Beleuchtung, aber deshalb mit einer meditativen Geduld, die auf die so entstandenen Bilder und, durch sie, auch auf den Besucher eine spürbare Wirkung ausübt. Denn es ist nicht nur die gedämpfte Stimmung in den Ausstellungsräumen, es sind auch die Motive selbst, die machen, dass der Blick des Betrachters sich von außen nach innen wendet. Ganz als ob sich die Stimmung, in der sich der Künstler bei seiner fotografischen Arbeit befand, sich auf den Besucher überträgt, der ihre Ergebnisse auf sich wirken lässt.

Der Titel der Ausstellung „Perigee“ spielt auf die Distanz zwischen Mond und Erde an: Das Perigäum ist der Moment der Nacht, in dem der Erdtrabant unserem Planeten am nächsten steht. Um die Farbenspiele optimal einzufangen, hat sich Gaffney bei seinen in Luxemburg entstandenen Arbeiten zudem auf Vollmondnächte beschränkt. Seine nächtlichen Spaziergänge führten ihn von der nahegelegenen Naturreserve „Op der Haardt“ bis zu den Ausläufern der Ardennen im Norden des Landes.

Es ist durchaus erstaunlich, wie viele Farben auch in tiefster Nacht noch in unseren Wäldern zu sehen sind und wie sich dieses Spektrum bei entsprechender Fokussierung entfaltet. Es sind nicht mehr die knalligen, satten Farben der Blätter, die nun hervorstechen, Moose und Farne bestimmen das Bild.

Überhaupt spielt Gaffney viel mit dem Fokus und setzt so Akzente, die auf den ersten Blick verwirren können, auf den zweiten aber eine eigene Ästhetik entfalten, der man sich nicht so leicht entziehen kann. Sogar der neue Kulturstaatssekretär soll bereits Interesse an Gaffneys Arbeiten bekundet haben.

Die Ausstellung ist in zwei Teile gegliedert: Auf dem ersten Stock kann man die eigentlichen Resultate von Gaffneys luxemburgischen Aufenthalt begutachten, während auf dem letzten Stock, in luftiger Höhe über den immer noch brachliegenden ehemaligen Industrieflächen frühere Arbeiten aus irischen Wäldern zu betrachten sind.

Die Art der Präsentation erzeugt einen großen Unterschied zwischen beiden Teilen. Unten sind die Bilder konventionell aufgehängt, oben werden sie als Dias an die dunklen Wände projiziert. Hier wirkt die Stimmung noch beklemmender und authentischer. Für Menschen, die sich im Dunkeln unwohl fühlen, liegen Taschenlampen bereit – die leider bei Gebrauch die Atmosphäre empfindlich beeinträchtigen. Zur Verstärkung der nächtlichen Waldstimmung in diesem Teil der Ausstellung trägt auch bei, dass die Aufnahmen aus Irland nicht unbedingt in Vollmondnächten entstanden sind. Ein Umstand, der zwar die Farbpalette reduziert, den meditativen Gestus aber noch intensiviert. Allen Liebhabern nocturner Natur und jedem, der sich nachts nicht allein in den Wald traut, sei „Perigee“ wärmstens ans Herz gelegt.

Bis zum 15. Mai im Wasserturm des CNA in Düdelingen.

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