Game-Empfehlung: In Other Waters

Zum ersten Mal wird außerirdisches Leben entdeckt – und wir unterstützen in „In Other Waters“ eine Exobiologin dabei, es zu katalogisieren. Ein Spiel für alle, die mal den Wunsch hatten, Kosmonaut*in oder Meeresbiolog*in zu werden.

Ein minimalistisches Interface reicht, um den Planeten Gliese 667Cc zum Leben zu erwecken. (Screenshot: Jump Over the Age)

Gliese 667Cc ist ein Planet, der vollständig von einem Ozean bedeckt ist und in einem Drei-Sterne-System etwas weniger als 24 Lichtjahre von der Erde entfernt liegt. Im Jahr 2216 macht die Exobiologin Ellery Vas dort die vermutlich wichtigste Entdeckung der Menschheitsgeschichte: Es gibt Leben im All. Ellery arbeitet für die Space Resources-Firma Baikal und ihr Job besteht vor allem darin, zu bescheinigen, dass es kein Leben auf den Planeten gibt, deren Mineralien und Erze ihr Arbeitgeber ausbeuten will. Doch Ellery ist nicht in offizieller Mission auf Gliese, sondern sucht ihre ehemalige Kollegin Minae, die sie nach langer Funkstille auf den Planeten gebeten hat. Von der anderen Exobiologin fehlt jede Spur, aber Ellery findet einen Tauchanzug, der mit einer mysteriösen Künstlichen Intelligenz (KI) ausgestattet ist.

Ich, der Tauchanzug

Die Rolle dieser KI übernimmt der*die Spieler*in. Das Ziel des Spiels besteht einerseits darin, die außerirdischen Ökosysteme zu erforschen und zu katalogisieren, und andererseits gilt es, das Rätsel um die verschwundene Minae zu lösen. Schrittweise findet man dabei heraus, dass auf Gliese noch ganz andere Kräfte am Werk waren.

Wie der hochtechnologische Tauchanzug funktioniert, kann Ellery dem*der Spieler*in nicht erklären, man muss es selbst herausfinden. Die erste Aufgabe in „In Other Waters“ ist also, das minimalistische Interface zu verstehen. Zum Glück ist das nicht sonderlich kompliziert, sodass man schnell lernt, die Umgebung zu scannen und sich von Wegpunkt zu Wegpunkt fortzubewegen. Dabei gilt es natürlich, Unterwasserlebewesen – fremdartige Pilze, seltsame Pflanzen und scheue Tiere – zu untersuchen, zu bestimmen und zu katalogisieren. Die Spieler*innen sehen jedoch nur Symbole auf einer Art Radar. Die Unterwasserwelt des Planeten Gliese wird erst durch die Beschreibungen Ellerys lebendig.

Wenn der Sauerstoff 
knapp wird …

Mit ihr kann man lediglich durch Ja oder Nein kommunizieren, ansonsten sind die Gespräche zwischen ihr und dem*der Spieler*in vor allem Monologe, in denen sie die neusten Entdeckungen und Entwicklungen kommentiert. Neben der Fortbewegung unter Wasser gibt es nur wenig Interaktionsmöglichkeiten: Proben nehmen, Spezialausrüstung einsetzen, um Hindernisse zu überwinden, und natürlich die Lebewesen untersuchen. Das ist wenig, reicht aber völlig aus, um die Stimmung einer einsamen Forscherin tief unter der Meeresoberfläche eines fremden Planeten wiederzugeben. Dort lauern auch Gefahren: In manchen Regionen wird durch eine Bakterienblüte der Sauerstoff schnell knapp, in anderen stehlen Lebewesen die Energie des Tauchanzuges. Jeder Schritt muss gut bedacht, jedes Risiko abgewägt werden.

Regelmäßig kehrt man zur Forschungsstation zurück, in der man Ellerys Tagebuch und die Ergebnisse der biologischen Forschung durchlesen kann. Um die Lebensweise einer Spezies komplett zu entschlüsseln, muss man mehrere Proben nehmen und analysieren. Sobald das erledigt ist, kann die Forschungsarbeit weitergehen. Dabei stehen verschiedene Regionen auf einer Karte zur Auswahl, sodass die Spieler*innen selbst entscheiden können, wo es als Nächstes hingehen soll oder welches Gebiet einer weiteren Untersuchung unterzogen werden soll.

Kapitalismus tötet auch 
im Weltraum

„In Other Waters“ ist nicht nur ein hervorragend gestaltetes Sci-Fi-Abenteuer, sondern erzählt auch eine auf mehreren Ebenen spannende Geschichte. Aus Ellerys Tagebucheinträgen erfahren wir, dass die Erde nicht mehr über einen lebendigen Ozean verfügt und ohnehin durch die Klimakrise so gut wie unbewohnbar ist. Aber auch auf Gliese 667Cc hat es vor nicht allzu langer Zeit eine ökologische Katastrophe gegeben, deren Auswirkungen immer noch zu sehen sind. Über alledem thront die düstere Space Resources-Firma Baikal, die eigentlich nur dazu da ist, Planeten in ihre Einzelteile zu zerlegen, damit das Wirtschaftswachstum auch im All weitergehen kann. Die Frage, was Space-Mining-Unternehmen für das Leben im Weltraum bedeuten, mag für uns momentan noch eine theoretische Gedankenspielerei sein, wird hier aber eindrucksvoll behandelt, indem einerseits die tiefe und ehrliche Faszination für das neu entdeckte Leben und andererseits die kalte Brutalität des Konzerns gezeigt werden.

Das Spiel, übrigens fast ausschließlich in Einzelarbeit von Gareth Damian Martin produziert, zeigt, wie gut auch minimalistische Spiele als narratives Medium funktionieren können, wenn die Qualität der Sprache stimmt und die Story fesselnd ist. Das Einzige, was man „In Other Waters“ vorwerfen kann, ist seine relative Kürze: In acht bis neun Stunden kann man es durchspielen. Die Erfahrungen, die man dabei macht, hallen jedoch noch lange nach.

14,50 Euro, auf Steam, Gog und Humblebundle für PC, Mac und für 
die Switch.

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