Lizenzen für Palmöl: Moratorium nur Augenwischerei?

Am kommenden Samstag, dem 6. Oktober 2018, findet das Informationsevent „Eise Planéit a mir – Wat ënnerhuelen?“, organisiert von Orang Utan Help Lëtzebuerg asbl, morgens um 10 Uhr im Lycée Belval statt. Ab 16 Uhr werden dann mehrere Konferenzen zu den Themen Palmöl, Tier- und Naturschutz in Indonesien, sowie auch über die Vermüllung der Meere und die Reduzierung von Plastikmüll angeboten.

Foto: flickr/global2000

Palmöl und Palmkernöl sind Pflanzenöle, die aus dem Fruchtfleisch der Früchte der Ölpalme beziehungsweise aus deren Palmkern, gewonnen werden. Palmöl ist mit über 30% Marktanteil vor Sojaöl das am meisten angebaute Pflanzenöl der Welt. Die Weltproduktion von Palmöl stieg in den letzten Jahren teilweise um über 15% pro Jahr. 2015 wurden weltweit etwa 60 Millionen Tonnen Palmöl produziert. Zum Vergleich: 2001 waren es noch 25,6 Millionen Tonnen. Die wichtigsten Anbauländer für Ölpalmen sind Malaysia und Indonesien mit zusammen über 85% der Weltproduktion.

Das Öl wird aufgrund der hohen Produktivität der Palme hochgepriesen. So kann man auf einer spezifischen Fläche etwa dreimal mehr Palmöl pflanzen als Sojaöl. Die negativen Impakte der Palmöl-Produktion – Waldrodungen und Waldbrände in riesigem Stil – werden jedoch nur allzu gern verschwiegen, befindet sich doch Palmöl in jedem zweiten Produkt in unseren Supermärkten. Das ungesunde Öl befindet sich nicht nur in unserer Nahrung, sondern auch in allen möglichen Kosmetikartikeln, ja selbst in Tiernahrung.

Indonesien, das mit über 14 Millionen Hektar Palmöl-Plantagen der größte Produzent von Palmöl weltweit ist, hat jetzt auf genau diesen Produkten ein Moratorium für Lizenzen ausgerufen. Nach den fatalen Waldbränden 2015, die entstanden sind aufgrund der außer Kontrolle geratenen Brandrodungen von Regenwäldern zwecks Pflanzung von Palmöl-Pplantagen, hatte der Präsident Joko Widodo dieses Moratorium erstmals angekündigt. Unterschrieben wurde es jedoch erst am 20. September 2018. Dies bedeutet, dass in den nächsten Jahren keine Lizenzen zum Abholzen und Anpflanzen von Ölpalm-Plantagen vergeben werden dürfen. Alle aktuell laufenden Prozeduren werden ebenfalls eingefroren. Des Weiteren sollen alle Lizenzträger genauer unter die Lupe genommen werden. Hier wird vor allem auf die Einhaltung der auferlegten Kriterien gesetzt; Kriterien, welche den Ruf haben, meist mehr schlecht als recht eingehalten zu werden.

Offizielles Ziel ist es, der Natur Zeit zu geben, sich zu erholen, und der Wirtschaft weitere Stützbeine zu geben. Zu groß wird die internationale Kritik an der Art und Weise der Bewirtschaftung dieser Plantagen, die oft mit Bestechung und Verstößen gegen Menschenrechte in Zusammenhang gebracht werden.

Das Moratorium kommt vor allem für viele lokale Politiker zu einem ungünstigen Zeitpunkt, da in wenigen Monaten die Regionalwahlen anstehen. Da quasi alle Politiker bei ihren Kampagnen von Palmöl-Firmen gesponsort werden, stehen sie generell ab ihrem Amtseintritt in der Schuld dieser Industrie. Diese wird oft großzügig mit neuen Lizenzen beglichen. Das Moratorium schiebt jetzt jedoch genau diesen Lizenzen einen Riegel vor!

Und doch darf man daran zweifeln, dass die Absichten des Präsidenten annähernd so nobel sind, wie es die obigen Zeilen vermuten lassen. Dies wird schon allein durch seine frustrierte Reaktion auf die Entscheidung der EU, die Verwendung von Palmöl in Biodiesel ab 2021 zu untersagen, ersichtlich. Auch die Tatsache, dass er erst kürzlich den Bau von großen Straßen quer durch die Regenwälder bewilligt hat, zeigt, dass Naturschutz wohl eher nicht das große Ziel des Moratoriums ist.

Laut Mongabay, einem Onlinemagazin, das versucht, das Interesse und die Wertschätzung der Wildnis und ihrer Tierarten zu fördern, soll das Moratorium auf drei Jahre begrenzt sein. Diese Dauer wird der Natur höchstens Zeit geben, etwas Luft zu schnappen, nicht jedoch sich zu erholen. Hierzu bräuchte es wohl mindestens 20 Jahre und man müsste nicht nur die Abholzungen einstellen, sondern abgeholzte Wälder wieder neu anpflanzen.

Ein weiteres Indiz dafür, dass man sich vom Moratorium womöglich nicht zu viel erhoffen sollte, ist die Tatsache, dass es sich lediglich um eine präsidentielle Anordnung handelt und nicht um eine Regulierung. Während Letztere einem Gesetz gleichzustellen wäre und ein Verstoß somit mit hohen Bußgeldern bestraft würde, fallen die Strafen für ein Zuwiderhandeln der präsidentiellen Anordnung nur gering aus. Bei den hohen Gewinnen die Palmöl-Konzerne abwerfen, sollte dies nicht allzu viel schmerzen.

Zusätzlich kommt das Verbot zu einem Zeitpunkt, an dem die Preise für Palmöl immer weiter gefallen sind. Bei stetig steigender Nachfrage und gleichbleibendem Angebot sollten die Preise wieder anziehen, wovon letztendlich die kleinen Palmöl-Bauern, vor allem jedoch die großen Palmöl-Firmen profitieren werden. Diese Preiserhöhung wird den Ausfall, oder wohl viel eher den Aufschub von neuen Lizenzen kompensieren, sodass kaum Schaden für die Industrie entstehen wird.

Nicht zuletzt wird der Zeitpunkt des Moratoriums wohl auch im Hinblick auf die nationalen Wahlen 2019 entschieden worden sein. Durch die jährlich wiederkehrenden Brandrodungen hat Indonesien einen der höchsten CO2-Ausstöße weltweit. Das Land wird regelmäßig wochenlang in Dampf gehüllt und viele Leute kämpfen dadurch mit Atemerkrankungen. Außerdem müssen aufgrund von außer Kontrolle geratenen Feuern jedes Jahr mehrere tausend Menschen aus ihren Häusern fliehen. Das Moratorium erlaubt es dem Präsidenten zu wirken, als könne er diesen Firmen Einhalt gebieten und die Lebensqualität der Einwohner verbessern, was ihm hohe Sympathien und somit Stimmen einbringt.

Es ist also durchaus davon auszugehen, dass das Moratorium kurzfristig positive Impakte auf Mensch, Natur und Tierwelt hat. Jedoch ist auch zu vermuten, dass sich spätestens in ein paar Jahren doch zeigen wird, dass aufgeschoben noch lange nicht aufgehoben ist. Schließlich wollen die Firmen, die den Präsidenten bei den nächsten Wahlen unterstützen, im Falle einer Wiederwahl auch etwas als Gegenleistung bekommen. Und dass unter diesen Firmen keine Palmöl-Produzenten sein sollen, erscheint aufgrund der historischen Erfahrungen mehr als unwahrscheinlich.

Für weitere Infos zum Event am 6. Oktober: www.orangutan.lu.


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