Zeitgenössische Kunst: Wolkenhörapparat

In seiner Expo „Do Clouds Listen?“ hat sich der Designer Serge Ecker mit Bildern und Installationen aufs Kunstparkett gewagt – durchaus mit Erfolg.

Wenn er nicht gerade Luxemburg auf der Architektur-Biennale in Venedig vertritt oder die neue Melusina-Statue im Stadtgrund designt und einweiht, gibt sich Serge Ecker als ausgemachter Scherzkeks. So gehen einige sehr beliebte Internet-Memes, in denen Kulturpolitiker veräppelt werden, auf sein Konto. Und auch sonst ist der Jungunternehmer eher locker im Umgang – wie man bei der Vernissage von „Do Clouds Listen?“ letzte Woche miterleben konnte.

Dabei ist sein Werk gar nicht so lustig – sondern sogar ein bisschen gefährlich. Jedenfalls musste man bei der eben erwähnten Vernissage höllisch aufpassen, nicht in die Hauptinstallation zu fallen oder sich in ihr zu verheddern. Die nämlich besteht hauptsächlich aus einer Lage Nato-Klingendraht, die sich quer durch den Raum zieht. Über eine Stelle in der Mitte liegt eine mit Wolkenmotiven bedruckte himmelblaue Decke. Des weiteren vermittelt bereits ein genaueres Hinschauen auf die im Draht verarbeiteten Klingen einen Eindruck, wie sich wohl ein Flüchtender, der das Mittelmeer und den Balkan überquert, bei diesem Anblick fühlen muss. So einfach, wie hier der Titel der Ausstellung mit der Flüchtlingsproblematik verknüpft wird – die stacheldrahtbewehrten ungarischen Grenzzäune sind die deutlichste Variante der europäischen „Antwort“ auf die sich im Mittelmeer abspielenden Dramen -, so überzeugend ist die Ausstellung im Ganzen. Ohne pathetische Geste, mit einem simplen, konsequenten Design politische Kunst zu machen, ist nicht so einfach, wie Serge Ecker es anmuten lässt.

In den weiteren gezeigten Werken ist soviel Empathie zwar nicht zu spüren, doch zieht sich das Wolkenthema wie ein „blauer“ Faden durch sämtliche Bilder. Verschiedene Themen haben es Serge Ecker offensichtlich angetan. Zum Beispiel Fukushima und die Nuklearkatastrophe vom Jahre 2011 – Ecker hat die Region bereist und von ihr eine düstere Fotografie geschaffen, bei der mehrere Schichten verregneter Landschaften sich überlagern.

Das Hauptthema von „Do Clouds Listen?“ ist jedoch die Überwachung. Ob Drohnen oder Satelliten, am Himmel wimmelt es von Abhörgeräten und Kameras jeder Art. Fragen, die Ecker mit seinen Bildern stellt, sind auch diese: Trauen wir uns noch in den Himmel zu schauen, wenn wir wissen, dass er zurückschaut? Wie weit verändert das Bewusstsein der ständigen Überwachung unser Verhalten und unsere Wahrnehmung?

Insgesamt ist „Do Clouds Listen?“ eine einheitliche und gelungene Ausstellung – nicht nur für einen Designer, der auch Kunst macht – sondern auch als künstlerisches Konzept. Es sind vor allem die sozio-politischen Aspekte und Fragestellungen, die Eckers Kunst wichtig machen. Dass sie dabei noch ästhetisch ansprechend umgesetzt sind, ist in diesem Kontext eher einem professionellen Habitus geschuldet als dem Willen, alles so glatt und perfekt wie möglich zu gestalten.

Bis zum 28. April in der Galerie Sofronis.

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