MALEREI: Kopfgeburt

Menschliche Widersprüche und Konflikte hat der Maler Joachim van der Vlugt in seinen rätselhaften Bildern thematisiert.

Düster und fast schwerelos wirken die Bilder von Joachim van der Vlugt. Wie aus einer dunklen Gedanken- oder Traumwelt erscheinen die menschlichen Figuren, die der in Luxemburg lebende Künstler mit Ölfarbe teils auf Leinwand, teils auf Holzuntergrund aufgetragen hat. Etwa der kleine Junge, der nur mit einem Pullover bekleidet, auf einer Art rissigen Eisscholle vor monochromen weißem Hintergrund steht und den Betrachter mit düsterem Blick frontal anschaut. „Thank You Very Much and Fuck You Too“, nennt er dieses Gemälde. Der frontale Blick wirkt hier wie ein Befragen des Lebens. „Unsere ganze Geschichte besteht nur aus Konflikten“, meint der Künstler. Und von diesem Kampf zwischen Zwängen und Verlangen, Selbstschutz und Einsamkeit handeln auch die Bilder, heißt es im Katalog zur Ausstellung, die zurzeit unter dem Titel „Schlachtplan B“ in der Galerie Clairefontaine zu sehen ist.

Um die menschliche Seele zu sezieren braucht Joachim van der Vlugt nur sehr wenige Farben. Schwarz und weiß sowie abstufende Grautöne und ein knalliges Rot genügen ihm. Gegensätze und Kontraste zwischen hellen und dunklen Farbtönen spielen bei ihm, der ein Kunststudium in Maastricht absolviert hat, eine große Rolle. Aber auch auf sehr feine Grauabstufungen greift der Maler zurück, insbesondere wenn er menschliche Körper darstellt: Etwa das kleine Kind, das mit nacktem Oberkörper, ausgebeulter Hose in einer milchigen Flüssigkeit steht. Sein Kopf steckt in einer Blechtrommel – eine Anspielung auf die gleichnamige, obszön-komische Geschichte von Günter Grass. Oder das Bild, das wie ein 3D-Filmstill in schwarz-weiß wirkt, wo ein kleiner Junge durch beleuchtete Hausflure läuft. Nicht nur die Zeichnung der Körper auch die Dramatik des Lichts weiß van der Vlugt für seine Kompositionen zu nutzen: Auch wegen den teils rätselhaften, symbolischen Bildeinschüben sowie den teils verzerrten Porträts, die in fast altmeisterlicher Manier aus dem Bildhintergrund auftauchen wirken seine Bilder unheimlich. Die Malweise erinnert fast ein wenig an die Arbeit des irischen Künstlers Francis Bacon. Dabei scheint es immer wieder die gleiche Person zu sein, der etwas geschieht. So hat van der Vlugt ein Porträt gemalt in Seitenansicht, aus dem ein Kinderkopf geboren wird. Oder eine Gesichtsserie, die von einer Art Zellenbläschen überzogen wird.

Angenehm an dem Werk von van der Vlugt ist, dass sich endlich mal wieder jemand an die Malerei herantraut, indem persönliche Grenzen ausgelotet werden.

Zu sehen im Espace 2 der Galerie Clairefontaine noch bis zum 10. Januar 2009


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