Konsequent arbeitete Giacomo Costa die letzten Jahre an seinen Untergangsvisionen. Sein Werk ist eine Mahnung.
Schenkt man den Visionen des jungen italienischen Künstlers Glauben, ist der Planet Erde längst seinem Untergang geweiht. Ein Hedonismus jenseits ökologischer Verantwortung, eine technokratische Wirklichkeit und eine aus den Fugen geratene Globalisierung führen die menschliche Spezies unaufhaltsam ihrer eigenen Auslöschung entgegen – das zumindest suggerieren Costas digital auf Computer erarbeite-ten Fotoprints der Riesenmetropolen.
Zwölf Jahre seiner künstlerischen Produktion hat Costa sich mit den ökologischen Verhältnissen und der städtischen Bevölkerungsdichte auseinandergesetzt und daraus apokalyptische Prophezeiungen auf Fotoprint entwickelt, die nun unter dem Titel „The Chronicles of Time“ im Espace 2 der Galerie Clairefontaine zu bestaunen sind. Waren es am Anfang Fotos von bunten Häuserblocks, die Costa digital aufeinander schichtete und zu babylonischen Türmen verdichtete, wuchsen seine Städte ab 2005 immer mehr in die Horizontale. Seine Wolkenkratzer verloren an Farbe, sie wurden zu grau-silbernen von riesigen Wasserkanälen und geometrischen Leitungssystemen durchzogenen Monolithen, die sich, nebeneinander aufgereiht, am nebeligen Horizont verlieren. In brutaler Weise objektiv – so die Darstellung der Megastädte auf den digitalen Collagen von Costa. In seinen Betonwüsten gibt es keine Pflanzen oder Lebewesen mehr: Die von Menschen erschaffene Welt büßt bei Costa jegliche Vorstellung von Menschlichkeit ein. 2006, nur ein Jahr später, radikalisiert der Künstler seine Visionen noch, indem er den Verfall und die Oxidation der Riesenmetropolen darstellt: Betonwände reißen, die Fassaden werden spröde, Rost und eine Flechtenart überziehen die Gebäude. Die Städte wirken nun wie Ruinen einer verlorenen Zivilisation. Ausgefranste Etagen, Schuttberge und riesige Eismassen überziehen ganze Stadtteile – der Wasserpegel steigt. In seinen letzen Werken, die er 2008 angefertigt hat, befinden sich die Megastädte bereits komplett unter Wasser und die Natur erobert sich den verloren gegangenen Lebensraum zurück.
Es ist erstaunlich wie realistisch die technische Umsetzung der apokalyptischen Visionen von Giacomo Costa wirkt. So realistisch, dass der Architekt Norman Foster, der zwei Bilder von Costa über dem Empfangstisch seines Planungsbüros in Madrid hängen hatte, von einem Besucher gefragt wurde, wann das geschehen sei. So ist Costa nicht nur ein großer Tüftler – er stellt seine Digitaldrucke unter anderem in selbst entworfenen Lichtboxen aus -, er informiert sich auch im Vorfeld seiner Arbeiten gründlich mittels wissenschaftlicher Literatur. Der Besuch dieser visionären Ausstellung lohnt sich!
Noch bis zum 11. April im Espace 2 der Galerie Clairefontaine
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