MALEREI: Der Teufel im Detail

von | 21.01.2010

Falls man Probleme mit den Augen hat, vor allem bei einer beginnenden Altersweitsichtigkeit, sollte man über einen Gang zum Optiker nachdenken, bevor man die laufende Ausstellung in der Galerie Nordine Zidoun besucht. Ansonsten könnte einem einiges entgehen.

Unter dem Titel „Upon Closer Inspection“ werden – zum ersten Mal in Europa – Zeichnungen des amerikanischen Künstlers Jason D’Aquino gezeigt. D’Aquino ist seit zwölf Jahren Tätowierer und unterhält in Buffalo, New York zusammen mit Amanda Wachob das Studio Blue Moon Tattoo. Nun genießen Tätowierer keinen besonders guten Ruf, da ihre Arbeit immer noch mit den negativen Seiten der Seefahrerromantik, sexuellen Perversionen oder mit Gewaltorgien feiernden Rockern in Zusammenhang gebracht wird. Dennoch bleibt das Tätowieren eine Kunst mit jahrtausendealter Tradition, die gerade wegen der kaum vorhandenen Möglichkeit zur Fehlerkorrektur, wahre Meister hervorgebracht hat.

Diesen Drang zur Perfektion hat D’Aquino irgendwann auch auf andere Untergründe übertragen. Er sucht auf Floh- und Trödelmärkten nach altem Papier und Pergament, Notizbüchern, losen Zetteln oder auch Streichholzbriefchen – Hauptsache es lässt sich für seine Arbeit verwenden. Die Nadel tauscht er gegen harte Bleistifte und nur die Motive oder sein Stil lassen zum Teil noch die Arbeit des Tätowierers erkennen.

Allerdings geht D’Aquino noch einen Schritt weiter. Bei einem Juwelier lernte er das Arbeiten mit Lupe und setzte dies für sich um. Er begann Miniaturen zu zeichnen.

Dass der Künstler detailverliebt ist, kann man auch auf den zwei größerformatigen Zeichnungen erkennen, die in der Ausstellung gezeigt werden. Wie versessen er darauf ist, zeigt sich allerdings erst beim Betrachten seiner Miniaturen.

Es sind dabei weniger die Motive selbst, die die ausgestellten Miniaturen zu etwas Besonderem machen, sondern die im wahrsten Sinne des Wortes unfassbaren Details. Pinup-Girls, Titelseiten von Fünfziger-Jahre-Schundheftchen, Portraits oder Motorräder, selbst anatomische Zeichnungen sind untergebracht auf zum Teil kaum vier Quadratzentimetern. Man kann die Haare zählen, Adern, Speichen oder Kühlrippen – kein Detail ist zu klein, als dass er es nicht unterbringen würde.

Unweigerlich nähert man sich den Bildern als Betrachter immer weiter an, sucht und findet, bis man sich tatsächlich kaum mehr losreißen kann. Eine fast gegensätzliche Wirkung haben die Details bei den bereits angesprochenen größeren Zeichnungen. Hier verschleiern sie und täuschen den Betrachter – so wird zum Beispiel aus zwei scheinbar harmlos miteinander spielenden Jungen erst auf den zweiten Blick ein sich selbst quälender Schizophrener.

Dabei sind es gerade diese „normalen“ Zeichnungen, die dem Betrachter den teilweise recht morbiden Humor von Jason D’Aquino erschließen und so auch für die ausgewählten Vorlagen seiner Miniaturen einen neuen Zusammenhang verdeutlichen.

„Upon Closer Inspection“, bis zum 28. Februar 2010 in der Galerie Nordine Zidoun.

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