FOTOGRAFIE: Massenverträgliche Subkultur

Starke Kerle auf heißen Eisen, Zirkusbilder, Prostitution und Armut in den Straßen von San Francisco und New Orleans – Petra Arnolds Fotomotive wirken so, als hätte man sie alle schon einmal gesehen.

Rund 170 Fotografien aus den Jahren 1996-2010 und damit eine stattliche Anzahl Aufnahmen der gebürtigen Heidelbergerin Petra Arnold zeigt die Luxemburger Galerie für zeitgenössische Kunst Am Tunnel derzeit unter dem Titel „Turn on the Bright Lights“.

Die Stationen ihres fotografischen Schaffens: San Francisco, New Orleans, Mannheim und Berlin sowie die Bühnen großer Blues- und Jazz-Stars. Ihr Interesse gilt erklärtermaßen den Porträts von Subkulturen und gesellschaftlichen Randgruppen. Damit bezweckt sie das Zusammengehörigkeitsgefühl zu einer Gruppe und die Identifikation mit ihr herauszustellen und hat den Anspruch sie aus dem Leben gegriffen festzuhalten. So etwa die etwas klischeehaft wirkende Serie über den Wanderzirkus Starlight, sowie eine dokumentierende Foto-Serie der Mitglieder des Motorradclubs „Hells Angels Luxembourg“. Aufnahmen starker tätowierter Kerle, die sie auf einigen ihrer Reisen begleitet hat und deren Mitglieder sie aus individueller Perspektive einfängt. Daneben finden sich modern anmutende Polaroid-Aufnahmen in ihrer jüngsten Serie „Stills“ und schließlich eine Foto-Reihe, die mit „Culture and Subculture Luxembourg“ untertitelt ist.

Mehrfach hat Arnold die USA bereist. Bei einem längeren Aufenthalt in San Fransisco entstand ein facettenreiches Gesamtbild der Stadt. Sie lichtete Hippies, KünstlerInnen, Transvestiten und Musiker sowie Leute aus dem Alltag ab und fing die städtische Armut authentisch ein. Die Aufnahme „Is there anybody out there even care“ (San Francisco, 1998) zeigt einen am Boden liegenden Obdachlosen und daneben einen Geschäftsmann mit dem Handy telefonierend vorbeilaufend. Ein Kontrast, der wirkt. Das Bild „ain´t no fun, waiting round to be a millionaire“ (San Francisco, 1998) ist eine Nah-Aufnahme eines sorgenzerfurchten Gesichts. „Money“ (San Francisco, 1997) zeigt einen Jungen mit Baseballkappe und Baseballjacke vor einer Parkbank mit gezückter Plastikpistole – US-amerikanischer Alltag? Weitere Fotografien zeigen ganz andere Facetten, wie die Musik- und Undergroundszene und deren Jazz- und Blues-Musiker in New Orleans.

Beim Gang durch die Galerie stößt man aber auch auf Porträts bekannter Stars: Iggy Pop, David Bowie, B.B. King, Campino, Lenny Kravitz oder Marilyn Manson. Die charakteristischen Gesichter und Posen der Musikgrößen hat sie bei ihren Auftritten leidenschaftlich und durchaus authentisch eingefangen. So etwa auch Erykah Badu im weißen Leinenhemd (New Orleans, 2004). Mit dem vollständigen Verzicht auf Blitzlicht bei ihren Nachtporträts stellt sie bewusst markante Konturen heraus.

Kurios und mysteriös mutet die Bildstrecke „Angel und Pandora“ an. Die beiden Personen verdingen sich in New Orleans als Leichenwäscher. Ein Bild zeigt die ein Hirschgeweih und Herzchenbluse tragende Pandora mit dem Schild „for rent“ im Hintergrund. Eine morbide Aura und einen fast filmischen Charakter strahlt diese Fotografie aus. Tatsächlich gleichen einige von Arnolds Aufnahmen fast eingefrorenen Szenen oder ähneln Filmplakaten. Einem „Screenshot“ gleicht auch das Bild eines Mannes am Küchentisch vor einem Fernseher „Soul Kitchen“ (2009).

Dabei sind ihre oft inszenierten Motive tatsächlich aus dem Alltag gegriffen und nur scheinbar beiläufig abgelichtet. So fokussiert sie in ihrer jüngsten Fotoserie „Stills“ auch auf das Vorgefundene und Alltägliche, wie auf „Ugly Sunday“ (Berlin, 2009) einem Teller mit einer verbrannten Scheibe Brot und ausgedrückten Kippen oder dem Bild einer nackten Frau zusammengekrümmt am Küchentisch „I can’t see your face in my mind“ (Berlin, 2009).

Doch vor allem ihre Polaroidserie wirkt. Die Bildserie „One minute to midnight“ I und II zeigt verschwommene Tulpen in sanften Tönen, die beiden Fotografien „Sister morphine“ Mohn in unterschiedlichen Phasen. Schwach und sehr gewollt inszeniert wirkt dagegen die Fotoserie der Luxemburger Subkulturen. Sie reicht lange nicht an Aufnahmen von Lejona, Mosar oder Galbats heran. Wenngleich Arnolds Bilder insgesamt etwas zu trendig und hipp und dabei zu brav und massenverträglich daherkommen, so entfalten sie in der Galerie am Tunnel eine gute Wirkung. Die Frage, wieso sie ausgerechnet einer Gruppe von Harley-Davidson-Fetischisten so großen Raum gibt, bleibt trotzdem offen.

Petra Arnold „Turn on the bright lights“ in der Galerie d`art contemporain Am Tunnel und Edward Steichen bis 16. Januar 2011.


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