FOTOGRAFIE: Kontraste

Steve McCurry – Fotojournalist und Afghanistanspezialist – lädt ein zum vorurteilsfreien Entdecken fremder Welten.

Markt in Afghanistan (©Steve McCurry)

Wer kennt es nicht, das Bild des afghanischen Mädchens mit den stechend grünen Augen und dem durchdringenden Blick, das 1985 um die Welt ging und zu den bekanntesten Fotos überhaupt zählt?

Selber nicht so bekannt wie sein Bild und doch einer der Besten auf seinem Gebiet ist Steve McCurry, Jahrgang 1950, ein Meister des Fotojournalismus, ein Virtuose im Umgang mit Kontrasten. Im Mittelpunkt seines Werks steht seit nunmehr über dreißig Jahren der Mensch und vor allem die Schönheit des Menschen in ihren vielfältigen und durchaus differenten Erscheinungsformen.

Die Karriere des US-Amerikaners beginnt Anfang der achtziger Jahre in Zentralasien. Während einer Reise nach Indien und vor dem Hintergrund der sowjetischen Afghanistan-Invasion entscheidet er sich kurzerhand dazu, die pakistanische und nach ihr die streng bewachte afghanische Grenze zu überqueren. Verkleidet als Einheimischer und die Kamera wohlversteckt, macht er sich auf in ein Land, das vom Krieg zerrüttet und von der Außenwelt völlig abgeschottet ist. Er wird schließlich der erste westliche Fotograf, der der Welt Bilder aus Afghanistan zugänglich macht.

In gewisser Weise ist es der Afghanistankonflikt, der Steve McCurry bekannt macht: Sein berühmtestes Bild, „Afghan Girl“, das 1985 das Cover des National Geographic schmückt,wurde 1984 in einem afghanischen Flüchtlingslager in Pakistan aufgenommen. Die „Afghanin mit den grünen Augen“ war nach einem sowjetischen Luftangriff auf ihr Dorf zum Waisenkind geworden und hatte sich zu Fuß auf den Weg über die Berge nach Pakistan gemacht. Übrigens wurde sie 2002, im Zuge einer vom National Geographic organisierten und von McCurry geleiteten Expedition, wiedergefunden. Der Fotograf hatte 1984 dummerweise vergessen, sie nach ihrem Namen zu fragen.

Steve McCurrys Bilder sind auf sechs Kontinenten entstanden. Es sind die Krisenherde der Welt, die den Fotografen faszinieren und anziehen. Überall dort, wo bedeutende Umwälzungen stattfinden, wo es brodelt und knallt, ist er mit seiner Kamera vor Ort und schießt seine beeindruckenden Momentaufnahmen. So hat er unter anderem die drei Golfkriege und den Zerfall der jugoslawischen Föderation fotografisch aufgearbeitet. Immer im Mittelpunkt seines Fotografierens stehen die Menschen, die direkt von Krieg, Gewalt und Armut betroffen sind und die er mit einer unglaublichen Liebe zum Detail darstellt.

Nun endlich haben seine Arbeiten, oder zumindest ein Teil von ihnen, auch den Weg nach Luxemburg gefunden. Bis zum 25. Januar sind zwanzig seiner Werke in der Galerie Clairefontaine zu bewundern. „Afghan Girl“ ist nicht dabei, dafür aber ein anderes Bild desselben Mädchens, zum selben Zeitpunkt aufgenommen.

Ausnahmslos sind die ausgestellten Bilder von erstaunlicher Schönheit und Virtuosität. Der Künstler ist ein Meister des Kontrasts, nicht nur in der farblichen Komposition seiner Fotos. Er schafft es immer wieder auf grandiose Art und Weise, in seinen Bildern gesellschaftliche Widersprüche lebendig werden zu lassen. So gelingt es ihm, Alltagssituationen so einzufangen, dass sie natürlich und unverfälscht wirken und gleichzeitig tiefere Einblicke gewähren.

McCurrys Fotos unterstreichen den liebevollen Blick, mit dem er die von ihm fotografierten Menschen ansieht. Im Mittelpunkt seines Schaffens steht die natürliche Schönheit dieser Menschen, und irgendwie schafft er es mit jedem Foto, ihnen ein Stück ihrer Würde zurückzugeben. Wer wahrhaft schöne Momentaufnahmen, bei denen die Menschen im Vordergrund stehen, sehen will, sollte sich diese Ausstellung auf keinen Fall entgehen lassen.

In der Galerie Clairefontaine, noch bis zum 25. Januar.


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