Und Danke für den Apfel

Raoul Biltgen, geboren in Luxemburg, lebt und arbeitet in Wien. Er ist Schriftsteller, Schauspieler und Theatermacher. In seiner neuen Veröffentlichung „Und Danke für den Apfel“ hat er 83 Menschen der Vergangenheit eine Stimme verliehen, damit sie sich, außerhalb der offiziellen Geschichtsschreibung, äußern und eventuelle Missverständnisse aufklären können. Das humoristisch angelegte Buch beginnt mit der Vertreibung aus dem Paradies – daher rührt auch der Buchtitel – und hört mit Stanislaw Jewgrafowitsch Petrow auf, der 1983 durch eine Befehlsverweigerung einen Atomkrieg verhinderte. Wichtige Persönlichkeiten und Begebenheiten des 20. und 21. Jahrhunderts sind weniger präsent; dagegen haben biblische oder religiöse Themen dem Autor deutlich öfter Schreibanlässe gegeben. Das Schema der Texte funktioniert jedesmal auf die gleiche Weise: Einem sehr vage gehaltenem Titel – wie etwa Frühstück, Wald, Verweigerung – folgt ein kurzer Monolog von höchstens vier Seiten, an dessen Ende man schließlich erfährt, um wen oder was es sich gehandelt hat. Dieser Aufbau hat einen interessanten Nebeneffekt. Noch bevor man sich die Auflösung am Ende der Seite anschaut, möchte man erraten: Wem gehört diese Stimme eigentlich, Marie Curie, George Harrison oder Siddharta Gautama? Das Rad wurde mit diesem Buch nicht neu erfunden, das wird bei der Lektüre schnell klar, doch es ist solide geschrieben. Raoul Biltgen ist ein Schriftsteller, der sein Metier versteht. Sein Stil scheint sich allerdings in den letzten Jahren wenig entwickelt zu haben. Man hat nicht das Gefühl, dass er den Personen tatsächlich jeweils eine individuelle Stimme verliehen hat – es ist immer seine eigene. Der Duktus, den man aus früheren Publikationen kennt, bleibt durchgehend der gleiche. Das hat zur Folge, dass, wenn man das Buch wie einen Roman liest, also in einem relativ begrenzten Zeitraum, schnell das Interesse erlahmt. Die Texte sind gut, aber Variationen in der Stimmung der Monologe und im Sprachgebrauch der Figuren hätten ihre Qualität noch gehoben. So bleibt es ein Buch, in dem man immer mal wieder blättern kann, in dem man interessante Fakten findet und einen etwas anderen Blick auf die Menschheitsgeschichte.


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