Assises sectorielles du chant choral: Junge Chorsänger*innen gesucht

von | 16.10.2025

Die „Assises sectorielles du chant choral“ vom vergangenen Samstag offenbarten, wo den Chören hierzulande der Schuh drückt. Es mangelt an Sichtbarkeit, pädagogischem Know-how und vor allem an Nachwuchs.

 

Kulturminister Eric Thill (DP) ergriff nach der Diskussionsrunde noch einmal das Wort – dabei wies er auch auf Versäumnisse des Kulturministeriums hinsichtlich der Unterstützung von Chören hin. (Foto: Chris Lauer/woxx)

Wie bei Rundtischgesprächen üblich, boten die „Assises sectorielles du chant choral“ vergangenen Samstag einen Morgen voller leiser Zwischentöne – getragen vor allem von Harmonie. Unter den teilnehmenden Expert*innen herrschte nämlich breite Übereinstimmung über die Herausforderungen, die das Luxemburger Chorwesen in Angriff nehmen muss, um seine Zukunftstauglichkeit sicherzustellen. Denn obgleich der Chorgesang in Luxemburg eine lange Tradition hat – der älteste Chor des Landes „Les Villageois“ feiert demnächst in Contern sein 200-jähriges Bestehen –, gibt es einige Problembereiche, über die sich die Redner*innen in Anwesenheit des Kulturministers Eric Thill (DP) austauschten. Die Hauptpunkte: Es mangelt an Sichtbarkeit, Nachwuchs und professionell ausgebildeten Dirigent*innen, unter deren Leitung sich die Chöre weiterentwickeln können.

Aber wie lassen sich Menschen für den Chorgesang begeistern? Diese Frage bestimmte den Beginn der Diskussionsrunde, an der sich die Chorleiter*innen Nancy Back-Elsen, Madeline Boonen, Marc Dostert und Matthias Rajczyk sowie die Lehrerin und Sängerin Sandra Morroni und Katrin Trierweiler, Lehrbeauftragte am Konservatorium der Stadt Luxemburg, als Kenner*innen des Sektors beteiligten. Die Moderation übernahm Françoise Hetto-Gaasch, Präsidentin des „Institut européen de chant choral“ (INECC), der mit der Unterstützung des Kulturministeriums zur Fachtagung einlud.

Chormusik und Kirche

Wie kann man Menschen, darunter auch jüngere, für ein Engagement in einem Chor erwärmen? Eine während der Podiumsdiskussion geäußerte Idee war, zu diesem Zweck auf eine verstärkte Präsenz im Internet zu setzen. (Foto: Pexels)

Was bereits bei anderen Veranstaltungen, in denen es um den Zugang zu Kultur ging (siehe woxx 1794), Thema war, wurde auch hier wieder angesprochen: Es gilt, symbolische Hürden abzubauen. Laut Rajczyk schüchterten Konzertsäle unter Umständen ein, deswegen müsse man die Musik dorthin bringen, wo sich das Publikum und damit auch potenzielle Chorsänger*innen im Alltag aufhielten, nämlich auf öffentliche Plätze, in Einkaufshallen und – was besonders wichtig sei – in den digitalen Raum, in dem viele Menschen mittlerweile einen beträchtlichen Teil ihrer Zeit verbrächten.

Dass Kirchen als Förderungsorte von Chormusik möglicherweise abschreckend wirken, da nicht jede*r religiös ist beziehungsweise viele Menschen einem anderen Glauben als dem katholischen angehören, wurde ebenfalls zur Sprache gebracht. Das ist ein wesentlicher Punkt, immerhin gibt es in Luxemburg zwei große Dachverbände, die Chöre vertreten, nämlich die „Union Grand-Duc Adolphe“ (UGDA) und den eng mit der katholischen Kirche verbundenen „Piusverband“ (auf Französisch: „Union Saint Pie X“). Die Verzahnung von Chormusik und katholischem Glauben könnte gerade von jüngeren Generationen als Hemmnis empfunden werden, so ein Beitrag aus dem Publikum gegen Ende der Veranstaltung.

Die Redner*innen beanstandeten außerdem, dass es in Luxemburg keinen professionellen Chor gebe. Dies habe zur Folge, dass jungen, gut ausgebildeten Sänger*innen kaum berufliche Alternativen zum Bildungssektor offenstünden. Dies führte auch zu den Kernfragen: Wie führt man die Jugend an Chormusik heran, wie findet man Nachwuchstalente und wie hält man ihr Interesse über einen langen Zeitraum?

Hier spielt die musikalische Bildung im Schulkontext eine wichtige Rolle, die idealerweise praxisorientiert ist und zugleich auf dem handfesten Fachwissen der zuständigen Lehrkraft fußt – in der Realität noch immer keine Selbstverständlichkeit. Externe Musikpädagog*innen könnten hier Abhilfe schaffen, warf Morroni ein, indem sie die Lehrer*innen bei der Ausarbeitung und Durchführung der Unterrichtsstunden begleiteten. Gleichzeitig sei es aber auch wichtig, dass die verantwortlichen Lehrkräfte über fundiertes Musikwissen verfügten, denn nur so könne Musik zum Beispiel auch fächerübergreifend in den Unterricht mit einfließen und vielleicht auch in den Luxemburgisch- oder Kunststunden auf kreative Weise behandelt werden. Deswegen sei auch das Bildungsministerium und das „Institut de Formation de l’Éducation Nationale“ (IFEN) gefragt, damit sich luxemburgische Lehrpersonen durch gezielte Weiterbildungen und Coaching das Spektrum an Wissen sowie die technischen Fähigkeiten, die für einen qualitativ hochwertigen Musikunterricht nötig sind, aneignen könnten. Schulchöre förderten zudem den Zusammenhalt zwischen den Schüler*innen.

Mehr Unterstützung für Chöre

Die Redner*innen thematisierten auch die Notwendigkeit einer besseren und systematischeren Ausbildung von Dirigent*innen. Ihnen sollen unter anderem die zentralen Aufgaben zukommen, den Chor als solchen voranzubringen und einen Rahmen zu schaffen, in dem die Mitglieder ihr Können entfalten und verbessern können. Zurzeit würden sich viele Dirigent*innen über Wochenendkurse ausbilden lassen, was jedoch nicht reiche, so Rajczyk. Da sie für ihre Arbeit auch pädagogisches Werkzeug bräuchten, solle eine Möglichkeit geschaffen werden, Dirigent*innen am Konservatorium umfassend auszubilden. Als Präsidentin der INECC stellte Hetto-Gaasch eine Idee zur Unterstützung der Arbeit von Dirigent*innen in den Raum: Die Schaffung eines zum Institut gehörenden Archivs von Partituren. Dies würde die Chöre auch finanziell entlasten.

Am Ende der Diskussionsrunde und vor dem letzten Auftritt des Chors „The Duke’s Singers“, der während der „Assises“ für musikalische Atempausen sorgte, meldete sich der Kulturminister noch zu Wort. Die von den Expert*innen geäußerten Anliegen hinsichtlich der musikalischen Bildung in der Schule werde er an seinen verantwortlichen Parteikollegen, Bildungsminister Claude Meisch, herantragen. „Wir arbeiten gut miteinander zusammen, wo wir den Zugang zu Kultur stärken wollen – und da spielt das Bildungssystem eine große Rolle.“ Auch scheute Thill nicht vor Selbstkritik zurück: „Ich erlaube mir zu sagen, dass wir als Kulturministerium die Chöre vielleicht nicht so unterstützt haben, wie wir es hätten machen können und sollen.“ Die Fachtagung sehe er daher als Startschuss, hier nachzulegen – „sei es hinsichtlich der Idee eines professionellen Chors, der Ausbildungen, der Sichtbarkeit und der Kommunikation“. Die finanzielle Unterstützung fiele ebenfalls in seinen Zuständigkeitsbereich.

Das Luxemburger Chorwesen in Zahlen
Der Musikwissenschaftler Francis Lucas präsentierte während der „Assises“ eine von ihm durchgeführte Bestandsaufnahme des Luxemburger Chor- wesens. Die Ergebnisse zeichnen unter anderem ein deutliches Bild des Nachwuchsproblems: Von den rund 2.600 aktiven Chorsänger*innen im Jahr 2024 waren 1.097 zwischen 61 und 80 Jahre alt, während lediglich 62 Teenager und 51 junge Erwachsene bis 25 Jahre gezählt wurden.

Dat kéint Iech och interesséieren

INTERGLOBAL

Die Proteste der Gen-Z: Von den sozialen Medien auf die Straße

In unterschiedlichen Weltregionen werden Angehörige der Gen-Z gegen Korruption, Einschränkungen der Informationsfreiheit und wirtschaftliche Perspektivlosigkeit aktiv. Die Protestierenden haben einiges gemeinsam. So sind sie überwiegend Anfang 20 oder jünger, kommen aus den urbanen Zentren, nutzen soziale Medien und nehmen meist erstmals an...

EXPO

Arts pluriels : Rendre à Cléopâtre ce qui est à Cléopâtre

Pour l’Automne, l’Institut du monde arabe de Paris continue à nous présenter « Le mystère Cléopâtre ». Une expo qui remet les pendules à l’heure sur la vie de la dernière reine d’Égypte. Qui était vraiment Cléopâtre ? D’où vient cette légende de la femme fatale ? Est-ce qu’elle était vraiment aussi belle qu’on le dit ?...

NEWSSOZIALES

2.278 euros de dépenses et c’est la tuile

Une grosse panne de voiture ou un chauffe-eau qui lâche peut s’avérer catastrophique pour près d’un quart des ménages au Luxembourg. C’est ce qui ressort de la dernière édition du « Panorama social » de la Chambre des salariés (CSL), selon laquelle 22,5 % des ménages sont incapables de faire face à une dépense imprévue excédant 2.278 euros....