AUSSTELLUNG: ExhibitionTransformation

Am Samstag öffnete die „ExhibitionTransformation“ in der Galerie QG Salzinsel ihre Pforten. Das vom Kollektiv LX5 organisierte Event wirft aber auch Fragen über das hiesige Kunstverständnis auf.

Keine elitäre Kunst produzieren, so lautet einer der Grundsätze des LX5 – Kollektivs. Es geht darum neue, junge Leute anzuziehen, aber auch gleichzeitig die Events so zu gestalten, dass sich auch Menschen ohne allzu fundiertes Wissen und Kunstverständnis in ihnen wiederfinden und sich auch wohlfühlen. Das Vermischen und das Zusammenbringen verschiedener Klassen liegt der Truppe am Herzen.

Doch das ist, gegen 19 Uhr am Samstagabend im Mitteltrakt der Kufa, bei weitem nicht der Fall. Das Publikum ist – womöglich auch wegen der etwas ungünstigen Uhrzeit – relativ spärlich erschienen und besteht nur aus im Kulturbetrieb bekannten Gesichtern. Ein paar Kulturredakteure stehen fachsimpelnd in der Galerie. Zwei Bilder werden aufgehängt. Hinten im Saal schrammelt ein junger Mann, relativ laut auf einer akustischen Gitarre. Afurnishedsoul, das Solo-Projekt des Ex-Carefree Sängers Jeff, ist nicht unbedingt fehl am Platz. Die Besucher der Galerie plappern munter weiter und sind definitiv nicht in Konzertstimmung. Es dürfe jetzt nicht drinnen geraucht werden, meint jemand, da der Direktor der Kulturfabrik noch anwesend sei. Nikotinjunkies bleiben also draußen. Wer allerdings den Kopf etwas anhebt kann sich trotzdem die Live-Übertragung aus dem Inneren des Saales ansehen. Mit der Funkübertragung hapert es allerdings ein bisschen – manchmal verzerrt sich das Bild oder es verschwindet komplett im Flimmern. Diese umgedrehte Sichherheitskamera – von innen nach aussen – kann als Metapher für den ganzen Abend verstanden werden: Far away, so close.

Wo bleibt die Revolution?

Eigentlich sollte an diesem Abend das weitergeführt werden, was die Hoferlin 42 – Installation LX im Januar 2004 angerissen hatte. Doch die revolutionäre Grundstimmung, die vor zwei Jahren noch für Begeisterung gesorgt hatte, scheint in der Zwischenzeit flöten gegangen zu sein. Das Publikum schien aber an diesem Samstagabend nicht gewillt die von den Veranstaltern bereitgestellte Plattform zu nutzen. Die vorherrschende Stimmung war eher auf Konsum aus.

So litt etwa die nur spärlich besuchte Masken-Performance der franko-luxemburgischen Truppe „Zaclama!“ unter dem relativ begrenzten Interaktionswillen der Galeriebesucher. Eigentlich hatten die beiden Vertreterinnen des Ensembles sechs verschiedene Rollen eingeprobt, die sie mit den ZuschauerInnen durchspielen wollten. Doch mangels Beteiligung brachen sie ihr Programm schon nach der Hälfte ab.

Die Liste kann weitergeführt werden: Die Malperformance von Frédéric Atlan aus Frankreich, der die Anwesenden dazu aufrief ein Bild mit ihm zu malen, provozierte zwar die spontane Entstehung eines Freiraums – nur leider nicht im bildlichen Sinn. Statt drinnen füllte sich der Platz vor der Tür wieder. Später am Abend war zu hören, man habe sich nicht die Kleidung versauen wollen, oder aber man sei durch den Tinner-Gestank vertrieben worden.

Dass die Luxemburger Kunst-Konsumenten in der Regel dazu geneigt sind, vor allem das zu nehmen was ihnen auf einem Silbertablett angeboten wird, ist indessen nichts Neues. Möglicherweise beflügelte der Erfolg der Hoferlin 42 – Installation das Kollektiv darin diese Tugend nicht in ihr Konzept einzubauen. Doch diesmal schien die Rechnung nicht so aufzugehen. Denn die in der Salzinsel gebotenen Vorstellungen der Freiraum-Kunst ließen den Eindruck aufkommen, als seien sie schon in die hiesige Kulturszene integriert. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Einmal mehr zeigte sich wie schwer es ist einem Publikum, das Kultur oft nur als Schulzwang oder sozialen Gruppendruck erlebt, die befreiende Wirkung von Kunst und vor allem Kunstschaffen näher zu bringen. Dass es jedoch nicht unmöglich ist zeigte die Performance von Ramiro Magalhaes aus Brasilien, der Soundkünstler und Poet riss mit seiner „chaise sonore“ – einem Stuhl, der durch gekonnte Umbauarbeit mit traditionnellen brasilianischen Instrumenten versehen ist – das Publikum für kurze Zeit aus seiner Smalltalk-Lethargie. Möglicherweise trug die Tatsache dass niemand gezwungen war auf dem Musikstuhl herum zu zupfen, zu dem gelockerten Umgang mit Kunst bei.

Wir feiern uns selbst

Leider machte sich bei diesem Kunstevent eine weitere Eigenschaft des Kulturpublikums bemerkbar: Die schlechte Angewohnheit, sich selbst zu feiern. Die wenigen Neugierigen, die im Café nebenan ihren Samstagabend verbrachten, und eher durch Zufall in der Salzinsel-Galerie landeten, fühlten sich auf jeden Fall nicht unbedingt willkommen. Böse Blicke beim versuchten Zugriff auf den Kühlschrank mit dem Bier, vertrieben die Verirrten relativ schnell. Ein Freiraum ist eben kein Freibierraum. Auch wenn die Gratis-Verpflegung möglicherweise den einen oder anderen „regulären“ Besucher zu längerem Bleiben verlockte.

Trotz aller Kritik sollte man die „Exhibition-Transformation“ nicht vor Monatsende loben oder allzu sehr durch den Kakao ziehen. Schließlich stehen noch einige Events auf dem Plan. Unter anderem der Launch der LX5 Webplattform und ein Rundtischgespräch über unabhängige Künstler in der Großregion, an dem sich auch ein Beamter des Kulturministeriums beteiligt. Vielleicht kommt ja dann etwas von dem in Bewegung, was in so manchem schlummert.

Nächstes Rendez-vous ist diesen Freitagabend in der Galerie QG Salzinsel, dann gibt es unter anderem Performances von Davy (F), Grouinvestregional (F), Flextronics (D) und DJ Sermeq (L).

Galerie QG Salzinsel, Kulturfabrik, Esch/Alzette
Öffnungszeiten: Mi. + Do. 15h – 22h, Fr. + Sa. 15h – 24h, So. 15h – 20h. Noch bis zum 29. Januar.


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