An diesem Freitag wird das Nachtleben von Luxemburg-Stadt Nachwuchs erhalten. d:qliq, nennt sich die neue Alternative zu dem schon breit gefächerten Angebot für Partygänger.
Die weißen Lieferwagen stehen Schlange in der engen Heilig-Geist-Gasse, nicht weit entfernt vom nationalen Geschichtsmuseum. Jeder einzelne liefert noch mehr braune Pakete in das – von außen klein anmutende – Lokal, und hetzt schnell weiter, ehe der Nächste in der Reihe hupt. Gerade rechtzeitig zum Termin erscheint Fred Baus, einer der beiden Initiatoren des Projektes mit einer Ladung Paletten, die aus den Stocks eines bekannten Supermarkts
stammen.
Die Paletten sind dazu bestimmt die Nachtlager der Künstler die hier spielen werden, um ein paar Zentimeter anzuheben. Und angesichts des bereits bestehenden Terminkalenders werden das einige sein. Doch jetzt sind weder Musiker noch Kunden im ehemaligen „Péché Mignon“ anzutreffen, sondern Handwerker und Freunde, die dem Team unter die Arme greifen. Deshalb hat Fred Baus auch wirklich nicht viel Zeit zum Reden.
Die Sache mit der Deko im Erdgeschoss muss noch geklärt werden, denn die langen schwarz-rot-weißen Papierbahnen mit aufgedruckten Mustern und Zeichnungen wollen nicht so richtig passen. Ansonsten riecht es nach Farbe und Staub, Menschen rufen durcheinander, und wer sich nicht bewegt oder selbst arbeitet steht systematisch im Weg. Umbauarbeiten eben.
„Wir haben viel Zeit und Geld in diese Idee gesteckt“, erklärt Fred Baus während er sich die enge Wendeltreppe zum ersten Stockwerk emporschwingt und aufpassen muss, um dem gerade lötenden Arbeiter nicht auf die Hände zu treten. Der erste Stock ist dann auch für die an das „Péché Mignon“ gewohnten Augen ein relativer Schock. Eher ein Farbschock zwar, aber dennoch. Türkisblaue Wände haben die cosy Art-nouveau-Kulisse ersetzt, eine neue Bühne und ein neuer Tresen sind hinzugekommen. In jeder Ecke wird noch gebohrt und geschraubt, die meisten Sofas sind unter Plastikhauben verborgen. Mittendrin steht Fred Baus. „Wir haben das Glück gehabt, beim Staat mieten zu können, dem das ganze Gebäude gehört. So haben wir dann auch die beiden Stockwerke über dem Café für uns. Das bedeutet weniger potenziellen Zoff mit den Nachbarn“, meint er. In einer Stadt, die eigens Plakatkampagnen startet um die Nachtruhe seiner wenigen BewohnerInnen im Stadtkern in jedem Klo, in jedem Szenelokal zu verteidigen, könnte er damit gar nicht mal so falsch liegen.
Experimentiert wird im Keller
Zumal das Konzept des d:qliq hauptsächlich auf seinem musikalischen Programm beruht, und die Türen sich grundsätzlich erst um 17 Uhr öffnen werden. Es soll betont eklektisch werden. „Wir werden abwechseln zwischen Jazz-Konzerten, Indie-Pop, eher experimenteller Musik und DJ-Abenden“, erzählt Baus. Letztere dürften ihm übrigens besonders am Herzen liegen, da er sich als einer der Initiatoren von Grand Duchy Grooves und der Elektrofabrik in der Kulturfabrik bereits einen Namen in der elektronischen Musikszene gemacht hat. Hardcore-Konzerte könne er sich zwar nicht vorstellen, aber der sanfte Vollbartträger gibt sich betont offen: „Wir geben uns bis Ende des Jahres Zeit, um unser Konzept zu prüfen. Falls die Bilanz doch negativ ausfallen sollte, dann können wir unsere Programmation und die Öffnungszeiten gegebenenfalls immer noch
ändern“.
Der ehemalige Sacem-Mitarbeiter Baus kann aus seinen Erfahrungen Profit ziehen, und lässt abwechselnd internationale Acts wie The Wedding Present mit luxemburgischen Vorgruppen oder französischen Chansonniers auftreten. Platz genug hat er ja. Die drei Bühnen des d:qliq geben genug Raum für – fast – jede musikalische Ausdrucksform her. Im Erdgeschoss die Jazz-Acts, oben die etwas größeren Gruppen und die experimentelleren Events, die DJ-Abende werden in den Keller verlegt.
Zusammenarbeit mit der Szene
Dort ist es zwar immer noch etwas feucht, riecht muffig und die Lichter fehlen noch, mit viel Fantasie kann sich der Betrachter aber schon ein paar gemütlich-beschwingte Abende hier vorstellen. Auch an technischem Material wurde nicht gespart: Niemand muss eine eigene Anlage mit Mischpult anschleppen. „Das wollen wir schon sehr professionell angehen“, so der frischgebackene Betreiber, „denn wer will, dass die Leute und die Künstler sich wohlfühlen, der hat nicht allzu viel Raum zum improvisieren“.
Dagegen hat das d:qliq aber einen Raum zum Schlafen für die Künstler, der mit Ausblick auf die Dächer Luxemburgs einladend ist. Nebenbei spart das die hohen Hotelkosten, die weniger glückliche Betreiber oder Organisatoren immer zu den Konzertkosten und Gagen hinzu zählen müssen und die schon so manches Budget gesprengt haben.
Um sein Lokal auch gleich richtig in der „Szene“ zu situieren will Fred Baus das d:qliq sofort und bestmöglich in das künstlerische Umfeld Luxemburgs einbetten. Die Kontakte hat er ja schon. „Wir wollen grundsätzlich mit jeder Assoziation zusammenarbeiten“, bestätigt er, „denn die können jeden neuen Raum gut gebrauchen. Und auch wenn sie nicht zu hundert Prozent auf unserer Linie liegen – die Meisten haben die eine oder andere Band im Adressbuch stehen, die hier spielen könnte.“
Was nach übertriebener Zuversicht klingen mag, könnte die Achillesferse des Projektes sein. Darauf angesprochen ob der Musik-Event-Markt im Großherzogtum nicht schon gnadenlos überfüllt ist und das d:qliq in den Schlachten die sich Atelier, Rockhal und andere Venues liefern untergehen kann, meint Baus nur: „Ich glaube das nicht. Denn die Leute die hierher kommen, wollen auch in einem Lokal sein, in dem sie sich wohl fühlen, und gleichzeitig die Konzerte hautnah erleben können. Das ist schon ein Vorteil, dazu kommt auch noch dass wir hier Gruppen spielen lassen die nicht nur ein bestimmtes Publikum ansprechen werden sondern eine eher gemischte Klientel. Es wird die geben, die nur im Erdgeschoss bleiben um etwas zu trinken und Musik zu hören, und die die eigens für die Konzerte oder DJ-Abende kommen. Mal davon abgesehen, dass wir auch sehr verschiedene Acts einladen. Es soll eben auch ein Ort der Zusammenkunft werden.“
Draußen vor dem Eingang, dem einzigen Ort an dem wirklich Platz genug zum Stehen ist, stößt dann auch noch Manu hinzu, der zweite Kopf des Projekts der sich um die Bars kümmert und den einige schon als Leiter der Trip Lounge im Celula-Gebäude in Bettemburg kennen dürften. Gerade ist er auf der Suche nach Gabeln. Für solche hat man später im d:qliq wohl nicht viel Gebrauch, denn dem Lokal fehlt die Küche. Deshalb soll Fingerfood aus der Mesa Verde nebenan bestellt werden, sowie von anderen Lieferanten, für die Nicht-Vegetarier. Zum Abschluss des Gesprächs taucht auch noch ein LSAP-Abgeordneter auf, eine alte Bekanntschaft, die die schlechte Nachricht kundtut, dass in diesem Sommer die Strasse wirklich neu gemacht werden soll. „Egal“, meint einer der beiden, „dann können wir im Sommer wenigstens eine kleine Terrasse machen“.