MOIS EUROPEEN DE LA PHOTOGRAPHIE: Wechselbilder

Der europäische Monat der Fotographie erreicht nun endlich auch Luxemburg. In einem internationalen Austausch wird der Dialog in der Bildersprache geübt.

Ob unter Wasser oder aus dem Film: Fotografie im Jahre 2006 kann mehr sein als nur die Kunst der schönen Momentaufnahme. (Fotos: www.cafecreme-art.lu

Zum ersten Mal findet in diesem Herbst in Luxemburg der „Mois européen de la photographie“ (European Month of Photograpy, EMOP) statt. Die Monate Oktober und November werden dem europäischen Austausch von Kunst und Künstlern gewidmet sein. Das Festival, das gleichzeitig in 15 Galerien stattfindet, umfasst mittlerweile sieben Städte und kann als wachsendes Kulturnetzwerk angesehen werden. Im Rahmen des EMOP findet auch die Ausstellung „Mutations 1“ statt, in der sieben ausgewählte Künstler aus den Partnerstädten des EMOP ihre Werke präsentieren.

Die Idee hat ihren Ursprung in Frankreich: 1980 beschlossen Pariser Galerien und Kultureinrichtungen ein biennales Festival der Fotografie, den „Mois de la Photo“ ins Leben zu rufen. In gemeinsamer Arbeit sollten einen Monat lang nicht nur Ausstellungen präsentiert werden, sondern auch Begegnungen und Diskussionen gefördert werden. Der nächste logische Schritt zum Austausch mit anderen europäischen Hauptstädten wurde 1994 vollzogen, als der erste „Mois européen de la photographie“ in Kooperation mit Wien und Berlin organisiert wurde. Ein Netzwerk aus Institutionen und Künstlern entstand, dem nun ab 2006 neben Luxemburg auch Bratislava, Rom und Moskau angehören.

Letzten Samstag gaben die beiden Kuratoren Paul di Felice und Pierre Stiwer in der Galerie „Nei Liicht“ in Dudelange den Startschuss für die luxemburgische Premiere des europäischen Fotomonats.

Und alle machen mit …

Deren Vereinigung Café- Crème asbl. ist zuständig für die Organisation und Koordination der zahlreichen Ausstellungen und Veranstaltungen, in Zusammenarbeit mit dem CNA und der Galerie „Nei Liicht“ in Dudelange. Ihnen ist es gelungen, die bekanntesten Galerien und Museen des Landes für das Projekt zu gewinnen: So stellen die KünstlerInnen unter anderem im Musée National d’Histoire et d’Art, im MUDAM, in der Abbaye Neumünster aber auch in der Étude Arendt & Medernach aus. Mit Unterstützung der Kulturpartner aus den anderen sechs Städten, die Pariser Maison Européenne de la Photographie, der Museumspädagogische Dienst Berlin, die Fotofo Society aus Bratislava, Zone Attive aus Rom, Wien Kultur und das Moscow House of Photography, haben di Felice und Stiwer Luxemburg an das Fotografie-Netzwerk gebunden. Der Grundgedanke des EMOP, der internationale Kulturaustausch sowie die Förderung der visuellen Kunst und, vor allem, der Kreativen, ist ziemlich identisch mit dem Motto ihres bisherigen Schaffens. Die beiden arbeiten seit 1984 gemeinsam im Kunstbereich der zeitgenössischen Fotografie. Zehn Jahre lang schufen sie mit ihrem Kunstmagazin „Café-Crème“ ein anspruchsvolles und in der internationalen Szene renommiertes Medium für Fotokunst. Seit 1995 sind sie als unabhängige Organisatoren und Kuratoren im In- und Ausland tätig, haben zahlreiche Ausstellungen und Kataloge mitgestaltet und diverse Publikationen herausgebracht. Erfahrungen in der Organisation grenzüberschreitender Veranstaltungen bewiesen sie nicht zuletzt ab dem Jahr 2000 mit der dreimaligen Ausrichtung der „Semaines Européenes de l’Image“, einem biennalen Festival in Luxemburg und Le Havre, in Zusammenarbeit mit der Ecole des Beaux Arts du Havre. Für den Europäischen Monat der Fotografie in Luxemburg haben sie neben der organisatorischen Arbeit auch die Kataloge des Festivals mitkonzipiert. Aus gegebenem Anlass wird neben dem Katalog zu den landesweit laufenden Ausstellungen auch ein weiterer zu „Mutations 1“ erscheinen.

Netzwerk der Bilder

Diese besondere Ausstellung, deren Fokus auf die Weiterentwicklung der Fotografie im Hinblick auf die technischen Fortschritte gerichtet ist, stellt ein konkretes Produkt der Zusammenarbeit der europäischen Partner dar. Erstmals in dieser Form ist eine Selektion der „Crème de la Crème“ der sieben Partnerstädte zu einer gemeinsamen, gewissermaßen wandernden Ausstellung, „Mutations 1“, zusammengestellt worden. Die sieben Künstler oder Künstlergruppen aus der EMOP-Union repräsentieren ihr jeweiliges Ursprungsland und wurden von einer Jury aus insgesamt 35 Kandidaten in einem Vorentscheid ausgewählt. Im Rahmen des EMOP in Luxemburg wird „Mutations 1“ im Casino – Forum d’Art Contemporain und in der Chapelle du Rham ausgestellt. Im Laufe der nächsten Monate werden die sieben Künstler ebenfalls in den sechs anderen Städten präsentiert werden; da die Auswahl der ausgestellten Fotografien jedoch den jeweiligen Kuratoren überlassen ist, werden in den verschiedenen Städte jeweils andere Werke der Künstler zu sehen sein.

Der Hauptsponsor des EMOP, die Alcatel-Gruppe, hat nun für dieses Jahr erstmalig einen mit 10.000 € dotierten Preis vorgeschlagen, den „Prix Alcatel du Mois européen de la photo“, für den die sieben Auserwählten nominiert sind und mit dem künftig im Zwei-Jahre-Turnus herausragende europäische Kreative geehrt werden sollen. Im Rahmen der Vernissage der „Mutations 1“ in Paris wird am 30. Oktober einer der sieben Künstler diesen Preis in der Maison européenne de la photographie verliehen bekommen.

AES & F (Moskau), Philippe Ramette (Paris), Nina Dick (Wien), Eva Frapiccini (Rom), Beate Gütschow (Berlin), Elisabeth und Carine Krecké (Luxemburg) und Marek Kvetan (Bratislava), die offizielle „Seleçao“, zeigen in „Mutations 1“ ihre Ansichten der Evolution, oder eben der Mutation, der modernen Fotografie. Die angewandten Motive und Techniken sind verschieden; doch ihnen gemeinsam ist eine unkonventionelle und spannende Handhabe der visuellen Kunst. Der Franzose Philippe Ramette etwa vereinigt Spiel mit den Perspektiven und technische Kunstfertigkeit, das Ganze mit einer deutlichen Prise schwarzem Humor. Als Beispiel: Ein bis zu den Knien in einen Sockel einbetonierter, gut gekleideter Mann, der am Meeresboden ausharrt. Das Ganze unter dem Titel: „Socle rationnel (Hommage à la Mafia)“. Der gleiche gut gekleidete Mann begegnet einem auf weiteren Bildern, immer wieder in ungewöhnlichen Situationen. Die Zwillingsschwestern Elisabeth und Carine Krecké, die für Luxemburg nominiert sind, beziehen ihre Motive unter anderem aus Filmen. In ihren bestechenden „fictitious filmstills“ halten sie wortwörtliche Augenblicke fest. Angsterfüllte, düstere Porträts, deren Ästhetik nicht nur vom Schwarz-Weiß der Bilder herrührt, sondern auch vom einer guten Kenntnis der Bildmanipulation. Sie präsentieren attraktive und dennoch verstörende Gesichter, die den Glamour von Hollywood, oder eher von David Lynchs „Mulholland Drive“ ausstrahlen.

Genauso wie auch die fünf anderen KünstlerInnen ihre individuelle „Sprache“ haben, verhält sich die zeitgenössische Fotografie polyphon. Umso bemerkenswerter ist es, dass es nicht das Anliegen der Veranstalter ist, die verschiedenen KünstlerInnen und Länder auf eine Stimmlage zu bringen, sondern den Dialog und den Austausch zu fördern. Austausch jedoch nicht nur mit den Aktiven der Szene, sondern hoffentlich auch mit einem breiten Publikum. Gerade durch die so oft dargestellte und fast hysterisch anmutende Verdammung der „digitalen Revolution“ stoßen immer mehr Menschen auf die Fotografie als Ausdrucksmittel und diese Evolution sollte nicht im Namen einer professionnellen Einstellung a priori verdammt werden. Die Aufrüstung etwa von ursprünglich reinen Kommunikationsinstrumenten zu hoch entwickelten Fotoapparaten kann man als Mutation, als gefährliche Veränderung eines Kulturgenoms sehen. Andererseits könnte man in dieser eh unveränderbaren Entwicklung neue Möglichkeiten zur Kunstentfaltung sehen. Eine Veranstaltung wie der EMOP könnte das richtige Forum sein für die Diskussion solcher Themen, wenn nicht sogar der Nährboden für weitere Mutationen.

Sandy Artuso

Europäischer Monat der Fotografie in Luxemburg: Oktober/November 2006.

www.cafecreme-art.lu

„Mutations 1“ im Casino Luxembourg – Forum d’art contemporain und in der Chapelle du Rham, bis 19. November.


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