Irina Moons passt in keine Schublade. In ihrem Atelier in Esch gestaltet die vielseitige Designerin eine experimentierfreudige Kunst, von Posters bis hin zu Wandmalereien. Im Oktober präsentiert sie auf den Rückseiten der woxx ihre Lieblingsrezepte.

(Foto: Michel Dias)
woxx: Irina, Sie arbeiten mit einer Vielfalt an Techniken, bekannt ist Ihre Kunst aber für die kunterbunten Siebdrucke. Wie haben Sie mit dem Druckverfahren angefangen?
Irina Moons: Es war ein Zufall, ich bin da eher hineingerutscht. Anfangs habe ich nämlich etwas anderes studiert, und zwar Special Effects für Filme. Als ich dann gemerkt habe, dass ich nicht genug Geduld für diese Arbeit habe, habe ich mich in Richtung visuelle Kommunikation entwickelt, danach auch noch etwas Art Direction gemacht. Deshalb finden sich in meiner Arbeit heute auch so viele verschiedene Techniken und Werke, weil ich schon vieles in der Vergangenheit ausprobiert habe. Illustration selbst habe ich aber für mich selbst entdeckt – sowohl in meiner Freizeit als auch durch Kundenaufträge. Persönlich mag ich knallbunte Farben und habe daher einfach eines Tages mit Siebdruck experimentiert.
Mögen Sie lieber die analogen Techniken oder die digitale Illustration?
Ich denke, es gibt ein Gleichgewicht zwischen beiden. Wenn ich die ganze Zeit vor dem Bildschirm sitze, werde ich irgendwann nervös. Da ist es hilfreich, etwas Manuelles wie eben einen Siebdruck oder eine Leinwand bemalen zu können, bevor man wieder vor dem Computer hockt. Die Aufträge von Kunden male ich jedoch meist digital, weil es in einigen Fällen einfach praktischer für beide Seiten ist, wenn ich später noch einiges an der Illustration verändern muss.
Was erwartet denn die Leser*innen im Oktober auf den Rückseiten der woxx?
Ich hatte anfangs verschiedene Ideen – mein Hauptziel war es, der Leserschaft eine Reihe von Bildern mit einer logischen Fortsetzung vorzustellen, die sich Woche für Woche entwickelt. Ich finde es wichtig, sich Gedanken zu Projekten zu machen, auch wenn der Auftrag klein sein mag. Das war die Idee hinter meiner Rezept-Reihe.
Woher kam die Inspiration für die Rezepte?
Ich habe mir Gedanken darüber gemacht, was in unserem Leben regelmäßig vorkommt und gleichzeitig etwas ist, mit dem die Leute etwas anfangen können. Da ich sehr gerne esse und mich immer über neue kleine Rezepte freue, habe ich mir gedacht, dass ich verschiedene Rezepte bieten und so einige Leute mit meinen Bildern froh machen kann. Die Rezepte sind alle für Speisen, die ich selbst auch koche und die, verglichen mit dem Endergebnis, ziemlich einfach herzuzaubern sind. Außerdem kann man alle mit lokalen und billigen Zutaten kochen.
Posters, Briefmarken, Hochzeiteinladungen, … Sie arbeiten nicht nur mit verschiedenen Techniken sondern produzieren auch eine Vielzahl an unterschiedlichen Arbeiten. Gibt es ein Projekt, dass Ihnen besonders am Herzen liegt?
Viele, eigentlich. Eins, das ich super fand und mir jetzt spontan in den Kopf kommt, ist die Arbeit für das Plomm, das Kindermuseum. Ich durfte drei ihrer Fassaden anmalen, das war richtig toll. Vor allem war es aber auch toll, weil es anders war als meine vorherigen Projekte, denn ich durfte zwei Monate lang Workshops mit kleinen Kindern machen. Die Kinder haben die Motive für die Wandmalereien geliefert und ich habe die endgültigen Illustrationen geschaffen. Es war ein spezieller Prozess. In den zehn Jahren, in denen ich nun schon als Freischaffende arbeite, habe ich aber an sehr vielen großartigen Projekten arbeiten dürfen, die was den Prozess angeht vielleicht weniger spannend waren, aber sonst etwas hatten, das Spaß gemacht hat.
Wie war die Erfahrung, mit den Kindern zusammen zu arbeiten?
Es war toll! Ich hatte schon vorher mit Kindern zusammengearbeitet, aber in kleineren Formaten. Oft sind es kurze Workshops, wo die Kinder lernen, wie man einen Sieb druckt oder einen Zauberstab bastelt. Das sind kleinere Projekte, die Spaß machen ‒ das Projekt mit dem Plomm-Museum und den Kindern von Wilwerwiltz war dann aber nochmal eine Nummer größer. Und es war so gestaltet, dass die Konzeption ganz in den Händen der Kinder lag.
Neben kommerzielleren Projekten haben Sie aber auch politische Projekte gestaltet, etwa eine Posterkampagne für die Europawahlen dieses Jahres. Wie kam es dazu?
Ach, das war auch ein cooles Projekt! Als ich vor rund zehn Jahren angefangen habe, hatte ich mein Atelier als Erstes im kreativen Zentrum 1535º, zusammen mit anderen selbständigen Designern und Künstlern in Differdingen. Wir haben alle zur gleichen Zeit angefangen und sind wirklich zu einer guten Gruppe zusammengewachsen. Für die Posterkampagne bin ich also quasi zu meinen Wurzeln zurückgekehrt. In der 1535º-Gruppe haben wir alle die Nachrichten über den befürchteten Rechtsruck in verschiedenen Ländern in Europa mit Nervosität verfolgt. Wir wollten etwas tun, um die Leute dazu aufzufordern, wählen zu gehen. Da hatten wir die Idee der Posters und haben zusammen mit anderen freischaffenden Designers und Künstlern eine Reihe von Plakaten gestaltet. Dafür hatten wir auch kein Budget ‒ wir haben das Ganze neben unserer eigentlichen Arbeit gemacht. Für die Druckkosten haben wir aber ein Fundraising gestartet, und damit haben wir schlussendlich doppelt so viel eingenommen wie geplant, sodass wir gegen Ende auch jeden, der mitgemacht hat, bezahlen konnten. Die Kampagne hat viel Energie gekostet, doch sie hat meiner Meinung nach auch einige Leute berührt. Mir ist es wichtig, soziale oder politische Projekte zu gestalten, letztes Jahr beispielsweise habe ich zusammen mit einer ONG in Luxemburg ein Projekt über Rassismus auf die Beine gestellt.

(Foto: Irina Moons)
Sie sind in Luxemburg mittlerweile zu einer Referenz in der Welt der Illustration geworden. Wie einfach ist es, sich hierzulande als selbstständige*r Künstler*in zu verwirklichen?
Ich denke, in Luxemburg ist es einfacher, an größere Kunden zu kommen als in anderen Ländern oder Städten wie etwa Paris oder Berlin. Denn die Konkurrenz hierzulande ist noch recht klein, auch wenn die Design-Szene in Luxemburg immer weiter wächst. Es gibt aber auch einige Schwierigkeiten wie das Setzen der Preise, weil es hier noch keine Designer- oder Illustratorenverbände gibt, wie es etwa in der Architektur mit der OAI [Ordre des Architectes et des Ingénieurs, Anm. der Red.] der Fall ist. Das macht die Arbeit schwieriger. Beispielsweise nehmen dann junge Designer oft Aufträge an, die entweder nicht gut oder einfach gar nicht bezahlt sind. Davon sind aber auch alle anderen betroffen, weil die Kunden dir dann mit den gleichen schlechten Bedingungen einen Auftrag geben. Oder dir ein sogenanntes Partenariat anbieten und statt einer Bezahlung Visibilität auf ihren sozialen Netzwerken versprechen. Meine Ausgaben kann ich davon aber nicht bezahlen.
Wie hat sich die Kunstszene in Luxemburg im letzten Jahrzehnt verändert?
Früher war es nicht leicht, andere Designer oder Künstler kennenzulernen, vor allem wenn man wie ich aus dem Ausland zurückkam. Für mich war deshalb das 1535º eine große Hilfe. Doch von solchen kreativen Ateliers und Zentren gibt es immer mehr, 1535º selbst ist auch größer geworden. Es ist einfacher, glaube ich, sich nicht alleine zu fühlen. Anfangs kann man schnell verzweifeln, da hilft der Austausch mit anderen sehr.
Welche Ziele würden Sie gerne noch verwirklichen?
Gerade arbeite ich an einem sehr tollen Projekt, davon kann ich aber noch nichts verraten! Sollte es klappen, wäre es aber meine erste Solo-Ausstellung, was ein Traum wäre.
Seit zehn Jahren arbeitet Irina Moons als selbständige Designerin. Branding, Design von Webseiten, Illustrationen, Wandmalereien, …: Die Designerin, die zuerst in Lyon und dann in Paris studierte, arbeitet an den verschiedensten Projekten und für eine Vielzahl von Kunden, von Amnesty International Luxembourg und Radio Ara bis hin zum Luxembourg City Museum. Ihre Werke sind in Taiwan, Frankreich und Deutschland ausgestellt worden und sind auf www.moons.lu zu finden.