Backcover: Jeff Hemmer

Im März gestaltet der Comiczeichner und Illustrator Jeff Hemmer das Backcover der woxx. Im Gespräch erzählt er, warum er gerne Schnecken zeichnet und wie Aktzeichnen und Comics verbunden werden können.

Der Illustrator und Comiczeichner Jeff Hemmer gestaltet im März das woxx-Backcover. (Foto: Sarah Weber)

Die nächsten vier Wochen werden wir Schnecken auf dem woxx-Backcover sehen. Warum Schnecken?


Das war anfangs Zufall. Ich habe für eine Ausstellung beim Weinfest in Machtum Schnecken gezeichnet, denn an der Mosel werden die Menschen aus Machtum „Meechtemer Schleeken“ genannt. Je mehr ich mich mit Schnecken beschäftigt habe, umso spannender habe ich sie gefunden. Die Bilder mit ihnen haben keine direkte Aussage, aber ich kann Gefühle und Stimmungen gut rüberbringen.

Wir werden auch eine Nacktschnecke zu sehen bekommen, das passt ganz gut zu den Workshops, die du anbietest. Darin werden Aktzeichnen und Comics kombiniert – wie passt das überhaupt zusammen?


Das mache ich mit einer Freundin namens Judith Dürolf gemeinsam. Statt dem klassischen Aktzeichnen, wo man lernt die Figuren und Proportionen zu verändern, verbinden wir das mit Erzählen. Die Aktmodelle machen eine Performance, bewegen sich entweder viel oder sehr langsam. Dadurch kann man keine statische Position festhalten, sondern man muss schneller und intuitiver zeichnen. Manche machen Aktzeichnungen und setzen die später zu Panels zusammen, andere zeichnen verschiedene Posen in einem Bild. Es entsteht nicht unbedingt eine lineare Erzählung wie bei klassischen Comics, aber man kann eine Geschichte in den Zeichnungen finden.

Du gibst generell Workshops zum Comiczeichnen, wer ist dein Publikum?


Das Publikum ist gemischt, ich biete sowohl für Erwachsene als auch für Kinder und Jugendliche Workshops an. Bei Jugendlichen ist es oft in Verbindung mit einem Thema wie politische Bildung. So geht es manchmal auch darum, zum ersten Mal im Leben einen Comic zu zeichnen, und manchmal darum, zu einem bestimmten Thema zu arbeiten, wie man das auch mit Film oder Fotografie machen könnte.

Wie sind die Reaktionen? Comic-
zeichnen ist ja nicht so leicht. 


In der Tat haben viele oft Hemmungen, weil sie bestimmte Vorstellungen haben, wie ein Comic aussehen muss und welcher Zeichenstil benutzt werden soll. Ich versuche zu vermitteln, dass durch die Wiederholung von Zeichnungen in mehreren Panels ein eigener Stil entsteht. Außerdem sind die Zeichnungen oft nicht so wichtig, die Geschichte muss mitreißen – das kann man mit super-realistischen Zeichnungen machen, aber das können dann auch Strichmännchen sein.

Ein Ausschnitt aus der englischen Fassung des Kurzcomics „Void“, den Jeff Hemmer 2021 in Bremen an eine Wand gemalt hat.

50 Prozent eines Comics ist Erzählen, und das machen wir alle jeden Tag.

Wie sieht so ein Prozess aus?


50 Prozent eines Comics ist Erzählen, und das machen wir alle jeden Tag. So muss man sich nur noch überlegen, was man erzählen will und wie man es in Bildform rüberbringen kann. Man denkt sich etwas aus, verzweifelt daran, kriegt es irgendwie hin und hält dann etwas in der Hand, was man anderen zeigen kann. Wenn die dann auch noch verstehen, was man sagen wollte, ist das ein total schönes Gefühl. Das versuche ich zu transportieren: Sich ausdrücken und Vertrauen in die Art und Weise haben, wie man das macht. Bei mir sind das Comics, aber mit einem anderen Medium wäre das wohl ähnlich.

Auf deiner Website schreibst du, als Kind hättest du davon geträumt, für das Lustige Taschenbuch zu zeichnen – Gibt es heute noch große Träume oder geht es mehr um das Überleben als Künstler?


Vor zwei Jahren habe ich mich selbstständig gemacht und mache nur Comics und Workshops. Ich habe damit gerechnet, dass ich nach einiger Zeit damit auf die Schnauze falle, aber bisher klappt es. Ich weiß aber nicht, wie lange noch, denn man muss gesehen werden und Aufträge bekommen. Im Moment freue ich mich, verschiedene Projekte und Stile ausprobieren zu können, besser könnte es eigentlich nicht sein. Mein Traum ist, dass es so weitergeht.

Deine Arbeiten sind eher kurz, reizt dich die Langform nicht so sehr?


Ich finde kürzere Sachen definitiv cool, aber im Moment arbeite an einem längeren Projekt. Das ist eine Auftragsarbeit für die Gedenkstätte Lutherkirche in Lübeck, das wird ein Comic über vier Geistliche, die während der NS-Zeit dort verhaftet und 1943 hingerichtet wurden. Da suchen wir gerade nach einem Verlag, und wenn das steht, dann würde das nächstes Jahr rauskommen. Das wäre dann mein bisher längstes Werk, das ist eine andere Herausforderung als nur ein paar Seiten.

Jeff Hemmer wird im März nicht nur die woxx-Backcover gestalten, seine Werke sind auch vom 9. März bis 2. April im Rahmen der Ausstellung „9. Konscht“ in der Kunstgalerie des Escher Theaters zu sehen.
Website: afurnishedsoul.info 
Instagram: @afurnishedsoul

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