Kunst zum Lachen und zum Nachdenken: Die Illustrationen des Grafikers Patrick Hallé zeugen von einer detailorientierten Praxis, die neben lustigen Szenen auch einen gesellschaftlichen Kommentar bietet.

Amüsiert sich gerne selbst beim Zeichnen: Der Grafiker und Illustrator Patrick Hallé zeichnet für die Februar-Backcover der woxx vier lustige Illustrationen. (Copyright: Patrick Hallé)
woxx: Patrick, als langjähriger Akteur in der luxemburgischen Kulturlandschaft, wie begann Ihre Reise in der Welt der Kunst?
Patrick Hallé: Ich habe schon von klein auf gezeichnet. Einigen fällt es schwer, einen Studiengang zu wählen, für mich stand jedoch seit jeher fest: Es soll irgendwas mit Zeichnen sein. Deswegen habe ich drei Jahre lang Grafikdesign an der Hochschule Saint-Luc in Lüttich studiert. Zwischendurch habe ich weiterhin in meiner Freizeit viel gezeichnet. Als ich danach wieder nach Luxemburg zurückkam, habe ich nach einigem Suchen angefangen, das Layout des Magazins „Queesch“ zu entwerfen. Das Magazin bot jungen Leuten eine Plattform – es war alternativ, antikapitalistisch, Punk. Ich konnte mich in der Arbeit frei austoben, wobei ich viel gelernt habe.
Nach diesem Start haben Sie 2005 ihre eigene Grafikdesignagentur „Bakform“ gegründet. Wieso?
Der Wechsel von Queesch in Richtung eigenes Studio war fließend. Durch meine Arbeit im Queesch habe ich viele Leute kennengelernt, die in aktivistischen Bewegungen oder im zivilgesellschaftlichen, Kultur- und Musikbereich tätig waren. Gemeinsam mit einem Freund entwickelte ich die Idee für „Bakform“; die Zusammenarbeit hat jedoch schlussendlich nicht richtig klappen wollen. Deshalb habe ich mich alleine ins Abenteuer gestürzt. Das durch Queesch aufgebaute Netzwerk half mir dabei viel: Es war meine erste Kundschaft. Irgendwie hatte ich dann soviel Arbeit, dass ich weitermachen konnte. Nach fünf Jahren stellte ich einen ersten Mitarbeiter ein, dann, nach weiteren fünf, eine zweiten.
Sind Sie dadurch von der punkigen Ader des Magazins etwas weggekommen?
Ein bisschen schon, aber nicht ganz: Wir arbeiten immer noch viel an kulturellen und pädagogischen Projekten und für NGOs. Von Werbung halten wir uns meist fern. Dieser Ansatz ist natürlich nicht aktivistisch oder antikapitalistisch an sich, auch wenn er für eine Kommunikations- und Grafikdesignagentur unüblich ist. Der Übergang in die Branche entwickelte sich demnach organisch. Ich bin froh darüber, dass wir keine Werbung für Produkte gestalten, besonders wenn diese nicht sinnvoll sind – solch ein Projekt würde ich auch heute noch ablehnen.
Wie sind Sie auf den Namen „Bakform“ gekommen?
Den habe ich in einem luxemburgischen Wörterbuch gefunden. Ich wusste, welche Namen ich auf keinen Fall wollte: alles was irgendwie in Richtung „Punkt.comm“, „Punkt+“ oder „Kommunikation Plus“ ging. Ich habe deshalb angefangen, mir lauter komische und interessante Wörter aufzuschreiben. Als ich eines Tages im Wörterbuch geblättert habe und mir das Wort „Bakform“ aufgefallen ist, hat es mir schon vom Klang her sehr gut gefallen. Auch als Konzept passt es super: Die Kunden bringen die verschiedenen Zutaten und ich bringe sie in eine bestimmte Form. Der Name gefällt mir heute noch, das ist ja wohl ein gutes Zeichen!

Neben seiner Grafikarbeit für seine Agentur Bakform, ist Hallé vor allem für seine detailreichen Schwarz-Weiß-Skizzen bekannt. (Copyright Patrick Hallé)
Im Oktober dieses Jahr feiern Sie das zwanzigste Jubiläum von „Bakform“. Wie haben die Grafikszene in Luxemburg und Sie selbst sich in der Zeit verändert?
Es sind viele Leute dazugestoßen. Als ich angefangen habe, gab es zwar ein paar Agenturen, die mehr oder weniger groß waren. Doch heutzutage gibt es mehr Grafiker und viele Einmannbetriebe in den Bereichen Illustration oder Grafikdesign. Dann kam ja auch das Internet dazu: Das hat die ganze Branche umgekrempelt. Heutzutage kann sich jeder Hilfe im Netz suchen! Doch für Designer, die etwas von ihrem Handwerk verstehen, gab es bisher immer noch viel Bedarf.
Was haben Sie in den zwanzig Jahren dazugelernt?
Rein technisch habe ich mich natürlich bei jedem einzelnen Projekt weiterentwickelt. Dazugelernt habe ich vor allem eins: wie man ein Projekt leitet. Denn ich habe davor nie wirklich in einer Agentur gearbeitet: In meiner Schulzeit hatte ich zwar ein paar Praktika absolviert – in einer Agentur zu arbeiten und dann auch noch eine eigene zu gründen ist jedoch etwas anders. Vieles musste ich mir selbst beibringen und davon hat das meiste nichts mit Kreativität zu tun. Mit den Jahren bin ich auch selbstbewusster geworden. Ich bin weniger nervös und gehe die Arbeit ruhiger an.
„Bakform“ bietet sowohl Illustration als auch Grafikdesign an: Inwiefern unterscheidet sich der kreative Prozess bei beiden Disziplinen?
Ich würde eher einen Unterschied zwischen meinen persönlichen Arbeiten und denen, die ich für Kunden erledige, machen. In den ersten bin ich freier – die müssen einzig und allein mir gefallen – während die Arbeiten für Kunden ein bestimmtes Ziel haben. Sowohl Grafikdesign als auch Illustration müssen kommunizieren, Design muss dazu noch die Information in eine gewisse Struktur bringen. Beide haben einen bestimmten Zweck und sind demnach nicht hundertprozentig frei künstlerisch.
Unter anderem charakterisieren muntere und vielfältige Charaktere Ihre persönlichen Skizzen: Gibt es Figuren, die immer wieder auftauchen?
Ja, ich denke schon! Irgendwie tauchen immer wieder Leute mit Hüten auf [lacht]. Und viele Tiere in menschlicher Gestalt und alle möglichen fantastischen Wesen. Neben den Hüten zeichne ich auch oft Gummistiefel, Dampf und Wolken. Wenn ich jedoch nicht weiß, was ich malen soll, dann hilft mir immer, mit einem Hut anzufangen.
Zudem fällt der Humor in Ihren Bildern auf. Warum ist er ein wichtiger Bestandteil Ihrer Kunst?
Ich amüsiere mich einfach selbst mit dem Zeichnen. Das kommt auch ganz ungewollt: Ich fange etwa mit einer Figur an, die einen Schal anhat und auf einmal kann dieser Schal wie eine Schlange aussehen. Ich arbeite meist ein paar Tage lang an einer Illustration. Dadurch entstehen ungeplante Assoziationen zwischen verschiedenen Ideen, in denen Humor eine große Rolle spielt und die ich oft sehr witzig und absurd finde.
Was fasziniert Sie an dieser Absurdität?
Einerseits das Absurde an sich. Die Figuren, die ich male, existieren nicht. Andererseits werfen die Bilder dadurch lauter Fragen auf und lassen sich nicht einfach interpretieren. Es ist fast schon ein psychologisches Spiel. Nehmen wir mein Bild mit dem Kopf, aus dem ein Vogel rausschaut, als Beispiel. Da fragt man sich, ist es das Unterbewusstsein, das sich bemerkbar macht oder geht es um eine Spiegelpersönlichkeit. Wohnt da überhaupt jemand oder ist der Kopf hohl? Mir ist dabei wichtig, dass die Absurdität nicht zu abstrakt wird, sodass sich das Bild jeglicher Interpretation entzieht. Das mag einfach klingen – ist es auch oft – doch hinter den fertigen Illustrationen stecken viele Versuche! Neben den vier Illustrationen, die in der woxx erscheinen, gibt es dreißig andere Bilder, die zu banal oder nicht überraschend genug sind. Es ist eine interessante Aufgabe, nach guten Ideen zu suchen, bei denen man schmunzeln muss. Die überraschen einen meist selbst.
Patrick Hallé ist Grafiker und Illustrator. Seine Agentur „Bakform“, gegründet in 2005, feiert im Oktober dieses Jahres ihr 20-jähriges Bestehen. Zu den „Bakform“-Kunden gehören das Casino Luxembourg – Forum d’art contemporain, das Umweltministerium, das CGDIS, das Forum-Magazin oder das Literaturfestival der Gemeinde Bettembourg. In seiner Freizeit zeichnet Hallé gerne skurrile Figuren. Ein Projekt, das der Grafiker noch in Angriff nehmen möchte: einen Comic zeichnen. „Das braucht aber Zeit, die ich momentan nicht habe. Vielleicht in ein paar Jahren – ein langfristiges Ziel also!“ Seine Werke sind auf www.patrickhalle.com und auf Instagram @patrick.halle zu finden.