„Fête de la Musique“ in Luxemburg-Stadt: „CID Fraen an Gender“: Für mehr Gleichheit in der Musikbranche

Zum zweiten Mal ist das „CID Fraen an Gender“ mit dabei auf der „Fête de la Musique“ in der Luxemburger Hauptstadt. Mit seiner Programmgestaltung fördert das feministische Zentrum vor allem solche Künstler*innen, die aufgrund ihres Geschlechts und ihrer sexuellen Orientierung noch immer benachteiligt werden. Die woxx hat mit Projektleiterin Claire Schadeck sowie der Künstlerin C’est Karma über das bevorstehende Musikevent und die Unterrepräsentation von Frauen in der Musikbranche gesprochen.

Gute Stimmung auf und vor der Bühne beim Auftritt von Miss Sappho im vergangenen Jahr, als das „CID Fraen an Gender“ zum ersten Mal an der „Fête de la Musique“ teilnahm. (©CID – Alfonso Salgueiro Lora)

Bei Festivals und Veranstaltungen aus dem Bereich moderner Musik gilt noch immer: Die meisten Künstler*innen, die auf der Bühne stehen, sind männlich. Zu diesem Ergebnis kamen die Verfasserinnen einer aktuellen, vom feministischen Zentrum „CID Fraen an Gender“ in Auftrag gegebenen Studie zur Repräsentation der Geschlechter in der Programmgestaltung luxemburgischer Kulturhäuser. Wie die Studie offenbarte, sind Frauen besonders im Bereich der nicht-klassischen Musik unterrepräsentiert. Acht von zehn Menschen, die in dieser Branche arbeiten, sind männlich. Mit Blick auf die Luxemburger Kultursaison 2022-2023 stechen besonders zwei Zahlen hervor: Ganze 98,6 Prozent der Musiker*innen, die auftraten, waren Männer, 82,5 Prozent der Line-ups waren männlich besetzt.

Dieser Ungleichheit möchte das CID dieses Jahr auf der traditionellen „Fête de la Musique“, die vom 14. bis 16. Juni in Luxemburg-Stadt stattfindet, mit einem vornehmlich weiblichen und queeren Line-up entgegenwirken. „Ziel ist es, denen Menschen Raum zu geben, denen in der Musikbranche wenig Platz eingeräumt wird“, schreibt das CID in seinem Pressekommuniqué. Daher werden am heutigen Freitag, dem 14. Juni, für das CID fünf verschiedene Acts auf der Bühne des Musikpavillons auf der Place d’Armes auftreten: die Sängerin und Songwriterin C’est Karma, die Künstlerin Marcy, der pop dance artist Oke, die DJane Emina Helena und die fünfköpfige Indie-Pop-Band Dessy Mesk.

Den Status quo ändern

Wie die diverse Aufstellung der Künstler*innen deutlich macht und die feministische Organisation in ihrem Presseschreiben unterstreicht, werden cis Männer nicht von der alternativen Programmgestaltung ausgeschlossen. „Wir sind der Überzeugung, dass nicht allein das Geschlecht ausschlaggebend ist, ob eine Person feministisch handelt“, schreibt das CID. „Hinsichtlich ihrer signifikanten Unterrepräsentation legen wir allerdings besonderen Wert darauf, dass die Lead-Künstler*innen weiblich oder queer besetzt sind.“ Angesichts all dessen sprechen die Verantwortlichen vom CID in ihrem Kommuniqué von einem „feministischen Line-up“ – doch reicht es für die Etikette „feministisch“ schon, wenn man bevorzugt (queeren) Frauen auf der Bühne den Vortritt lässt? „Nein, bei der Auswahl der Künstler*innen war uns wichtig, dass sich diese auch feministisch positionierten in unserem Austausch, sodass wir merkten, dass sie wirklich hinter der Sache stehen und das auch auf der Bühne zum Ausdruck bringen werden“, betont Projektleiterin Claire Schadeck.

Mit seiner Teilnahme an der „Fête de la Musique“ geht es dem feministischen Zentrum besonders um eines: „Unser Anliegen ist es, andere Programmverantwortliche dazu zu ermutigen, gezielt nach Künstlerinnen zu suchen und den internalisierten Gender Bias, den wir alle in uns tragen, infrage zu stellen“, sagt Claire Schadeck. „Wir sollten uns nicht mehr mit einem rein männlichen Line-up zufriedengeben, sondern bewusst unsere Perspektiven erweitern.“ Mit seinem eigenen Line-up verfolgt das CID auch das Ziel, das von Organisator*innen immer wieder vorgebrachte Argument, es gäbe eben nicht genug weibliche und queere Künstler*innen, die man einladen könnte, zu entkräften.

The stage isn’t yours

Ein Umdenken in der Musikbranche käme vor allem Künstlerinnen wie C’est Karma zugute, die nach eigener Aussage auf Festivals oder Musikveranstaltungen noch immer oft die einzige Frau unter vielen Männern ist. Deswegen überraschen sie die Ergebnisse der eingangs erwähnten Studie auch nicht. Die Tatsache, dass Männer in der Musikbranche auf eklatante Weise überrepräsentiert sind, nennt sie im Gespräch mit der woxx „eine universelle Realität“. Die 22-jährige Kulturtheorie-Studentin sagt: „Die Krux ist, dass es Orte gibt, die für verschiedene Menschengruppen reserviert sind, und Musik, Popmusik, ist ein Ort, der nicht für Frauen gedacht ist.“ Deswegen ist das Auftreten für sie auch ein feministischer Akt: „Wenn ich auf die Bühne steige, bin ich eine queere Frau, die für sich Raum einfordert – Raum, den sie normalerweise nicht bekommt. Das kann gar nicht unfeministisch sein.“

Diversere Line-ups bringen für sie viel Positives mit sich. „Zunächst einmal geht es um Repräsentation. Auf der anderen Seite ist es aber auch ein wichtiger Schritt, eine Gemeinschaft aufzubauen und eine Form von kinship innerhalb einer Szene oder einer Industrie hervorzubringen,“ erklärt C’est Karma. „Der dritte und wichtigste Aspekt ist, dass es der einzige Weg ist, die Chancen auszugleichen und Frauen dieselben Möglichkeiten zu geben wie den männlichen Acts, die viel schneller gebucht werden.“ Doch ist es damit getan? „Queer-feministische Initiativen in der Kulturszene sind immer nur ein Teil der Lösung,“ wirft die Songwriterin ein. Die Ungleichheit fange schon bei der Musikbildung an. „Solange wir an patriarchalen Strukturen festhalten und solange wir unsere Kinder so sozialisieren, wie wir es momentan tun, ist es schwierig, veraltete Muster komplett aufzubrechen.“ Von Mädchen, die eine Musikschule besuchten, würde viel weniger oft erwartet, dass sie späterhin professionelle Künstlerinnen würden. Das führe dazu, dass tatsächlich auch weniger Mädchen diesen Weg einschlügen.

Als sie selbst anfing, Musik zu machen, fehlte es C’est Karma an weiblichen Vorbildern, an denen sie sich hätte orientieren können. „Ich hatte niemanden, der es mir vorgemacht hat.“ Mittlerweile scheint sich aber ein langsamer Wandel anzudeuten, sieben Jahre nach Beginn ihrer Musikkarriere stellt C’est Karma nämlich fest: „Es gibt jetzt mehr Frauen in der Luxemburger Musikszene, mehr Frauen, die sich trauen, auf die Bühne zu steigen.“ Mit vielen verbinde sie eine Freundschaft. „Das ist etwas, das ich enorm schätze und wertvoll finde.“ Und auch in Bezug auf Line-ups macht C’est Karma nun übrigens öfter positive Erfahrungen – denn mittlerweile arbeiteten wenigstens manche Veranstalter*innen mit Quoten.


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