Somaliland modern
Sahra Halgan ist eine Sängerin mit beeindruckender Stimme, die bereits 2016 und 2019 Platten veröffentlicht hat und nun ihre dritte, Hiddo Dhawr (deutsche Übersetzung: Kulturförderung), auf den Markt bringt. Sie stammt vom Horn von Afrika, aus Somaliland, das nach der Kolonialzeit mit Somalia vereinigt wurde, sich aber 1991 für unabhängig erklärte, allerdings ohne international anerkannt zu sein. Halgan ist eine Unabhängigkeitsaktivistin und sah sich gezwungen, wegen bewaffneter Auseinandersetzungen für einige Jahre nach Frankreich zu gehen. In Somaliland betreibt sie seit 2013 ein Kulturzentrum, dessen Namen sie für ihr neues Album benutzt. Hier wird sie wieder von den französischen Musikern begleitet, mit denen sie schon vorher zusammengearbeitet hat. Mit Schlagzeug, Keyboards und verzerrter Gitarre hat sie ein richtig rockiges Album aufgenommen. Die Melodien fußen auf dem klassischen Qaraami-Stil, der in Somaliland in den 1940er-Jahren entstand. Das neue Album ist ein sehr schönes Beispiel für zeitgemäße Formen, die traditionelle Stile gänzlich unverstaubt in die Gegenwart bringen. Wunderschöne Melodien, druckvoller Sound und eine tolle Stimme!
Sahra Halgan – Hiddo Dhawr – Danaya Music (Vinyl & digital)
Von Kolumbien inspiriert
Es gibt Künstler*innen, die sich reichlich wortkarg präsentieren. So ist es auch bei Los Guayabo Brothers, die jetzt nach 2017 ihr zweites selbstverlegtes Album herausgebracht haben. Musikalisch geht es hier um eine moderne Form lateinamerikanischer Stile, wie zum Beispiel die Cumbia oder auch um Klänge der indigenen Bevölkerung aus den Anden. Das Quintett in der üblichen Rockbesetzung mit Gitarre, Bass, Drums plus Perkussion lebt in Frankreich, stammt jedoch – vermutlich – aus Kolumbien. Auf etlichen Stücken fügen Gastmusiker Blasinstrumente hinzu. Auf einem Bonustitel sind auch die renommierten kolumbianischen Folkmusiker von Los Gaiteros de San Jacinto zu hören. Den Albumtitel Psychotropical sollte man nicht zu wörtlich nehmen, denn Psychedelisches, was immer das auch sein mag, steht hier nicht im Vordergrund. In den Texten geht es unter anderem um Sklaverei oder die Gewalt in Kolumbien. Das hier ist ein feines Album mit viel Groove, der in die Beine geht und allen, die Spaß an lateinamerikanischen Sounds haben, gefallen sollte.
Los Guayabo Brothers – Psychotropical – Los Guayabo Brothers
Den Kaukasus erkunden
Das A.G.A Trio ist ein Ensemble kompetenter Virtuosen, die die Musik einer Region präsentieren, die hier viel zu wenig wahrgenommen wird. Der Armenier Arsen Petrosyan ist ein Meister auf der Duduk, dem mit der Oboe verwandten Blasinstrument mit klagendem Ton, das in seiner Heimat als Nationalinstrument gilt. Seine kongenialen Mitstreiter sind beide gebürtig aus der Türkei. Mikail Yakut, der georgische Wurzeln hat, ist Akkordeonist und Deniz Mahir Kartal spielt die türkische Langflöte Divane Kaval. Außerdem hört man gelegentlich ein nicht bezeichnetes Saiteninstrument. Das Trio, das sich in Berlin getroffen hat, nimmt die Hörer*innen auf seiner zweiten CD Araxes auf eine Reise durch die musikalischen Traditionen Ostanatoliens, Georgiens und Armeniens mit, in denen melancholische wie beschwingte Melodien ihren Platz finden. Dass die Mitglieder der Gruppe perfekt miteinander harmonieren, hat womöglich nicht nur mit ihrer musikalischen Kompetenz zu tun, sondern auch damit, dass es in dieser Region viele Formen des kulturellen Austauschs gibt. Beeindruckend!
A.G.A Trio – Arexes – Riverboat Records
Arabische Suiten
Wer – mal wieder – in die klassische arabische Musik eintauchen will, sollte sich unbedingt die Platte mit dem Titel Ousoul zulegen. Es ist die zweite Veröffentlichung des Ud-Spielers Tarek Abdallah zusammen mit dem Perkussionisten Adel Shams El Din, der das arabische Tambourin Rigg bedient. Beide sind im ägyptischen Alexandria geboren, leben seit vielen Jahren in Frankreich und haben dort 2015 unter dem Titel Wasla ihre erste gemeinsame Aufnahme herausgebracht. Sie sind ausgewiesene Experten auf ihren Instrumenten und haben auf ihrem neuen Album bei zwei Stücken den Violinisten Christian Fromentin zur Verstärkung dabei. Fast alle Stücke – bis auf eins alle instrumental – sind von Abdallah und in der Tradition der arabischen Klassik komponiert. Sie sind zu fünf Suiten gruppiert, die jeweils einem der tonalen Systeme der arabischen Musik, Maqam genannt, zugeordnet sind. Auf der Platte findet man eine filigrane, spannungsreiche Melodieentwicklung auf der arabischen Laute und eine höchst variationsreiche Perkussionsbegleitung, die viele von einer einfachen Hand-Rahmentrommel nicht erwarten würden. Eine ausgezeichnete, knapp 70-minütige Präsentation arabischer Tonkunst.
Tarek Abdallah & Adel Shams El Din – Ousoul – Buda Musique
Transglobal World Music Chart Juni – Top 20
1. Bab L‘ Bluz · Swaken · Real World
2. Ali Doğan Gönültaş · Keyeyî · Mapamundi Música
3. Sam Lee · Songdreaming · Cooking Vinyl
4. Aynur · Rabe · Dreyer Gaido
5. Asmaa Hamzaoui & Bnat Timbouktou · L’Bnat · Ajabu!
6. Aziza Brahim · Mawja · Glitterbeat
7. Kiran Ahluwalia · Comfort Food · Six Degrees
8. Avalanche Kaito · Talitakum · Glitterbeat
9. Maria Mazzotta · Onde · Zero Nove Nove
10. Ana Lua Caiano · Vou Ficar Neste Quadrado · Glitterbeat
11. Huun-Huur-Tu, Carmen Rizzo & Dhani Harrison · Dreamers in the Field · Dark Horse / BMG
12. Jembaa Groove · Ye Ankasa | We Ourselves · Agogo
13. Olcay Bayir · Tu Gulî · ARC Music
14. V.A. · Congo Funk! Sound Madness from the Shores of the Mighty Congo River (Kinshasa / Brazzaville 1969-1982) · Analog Africa
15. Quintet Bumbac · Héritages · Collectif Çok Malko
16. Tarwa N-Tiniri · Akal · Atty
17. Lina · Fado Camões · Galileo Music Communication
18. Sahra Halgan · Hiddo Dhawr · Danaya Music
19. Marjan Vahdat · The Eagle of My Heart · Kirkelig Kulturverksted
20. Céu · Novela · Urban Jungle / ONErpm
Die TWMC TOP 20/40 bei: www.transglobalwmc.com, Facebook „Mondophon auf Radio ARA“ und woxx.lu