Niederländische Fotografie im MNHA: Sonnenlicht auf Haut

Das Nationalmuseum für Geschichte und Kunst (MNHA) zeigt noch bis zum 18. Oktober eine Retrospektive der niederländischen Fotografin Carla van de Puttelaar. In ihren Fotografien verschmelzen Kunst und Geschichte durch ihre Inspiration an der Kunst der Alten Meister – darunter auch Werke des Museums am Fischmarkt.

Zeitlose Schönheit in der Tradition der Alten Meister. (Fotos: Carla van de Puttelaar)

Wer nach dem Anblick des eleganten Werbeplakates zur Ausstellung „Brushed by Light“ klassisch schöne Fotografien erwartet, wird nicht enttäuscht: Carla van de Puttelaar bildet vorwiegend junge Frauen ab. Vor einem schwarzen Hintergrund sind sie isoliert von jedem Kontext, der Fokus liegt auf einer zeitlosen Schönheit, die stark an den weiblichen Körper gebunden ist. Aber auch realistische Details wie Gänsehaut, zarte blaue Flecke oder Abdrücke von Kleidungsstücken sind auf den fast lebensgroßen Abbildungen vorhanden, wenn auch dezent. Die Schönheitsideale der Statuen der klassischen Antike liegen hier spürbar nahe. Die Motive der Ausstellung variieren nur leicht, neben den jungen Frauenakten und Porträts finden sich auch Pflanzenmotive. Doch auch Baumrinde und verblühte Blumen bildet die Fotografin in ihrem klaren und konstanten Stil ab. Freigelegt vor schwarzem Hintergrund entsteht auch hier ein Chiaroscuro, ein hell-dunkel Effekt, wie man ihn aus der Malerei seit der Spätrenaissance kennt. Besonders interessant ist, dass die Künstlerin ausschließlich mit natürlichem Tageslicht arbeitet. Wer also durch die einfarbigen Hintergründe auf reine Studiofotografie schließt, irrt. Die aufwendige Inszenierung in privaten Räumen mit offenen Fenstern sagt viel über den Wert aus, den van de Puttelaar der Wechselwirkung von Sonnenlicht und organischem Material, insbesondere Haut, beimisst.

Die Künstlerin, die mit einer wissenschaftlichen Arbeit zu schottischer Porträtmalerei in Kunstgeschichte promovierte, stellt vor allem durch die Titelgebung einen offenkundigen Bezug zu historischen Maler*innen , Bewegungen oder einzelnen Werken her. So heißen ihre Serien Rembrandt, Sassoferrato oder Cranach und manche Werke referieren Shakespeares Ophelia oder Galatea, die Skulptur in der griechischen Mythologie, die durch das Flehen ihres Bildhauers an die Göttin der Liebe zum Leben erwachte. Das gezeigte großformatige Panorama mit Tulpen steht dagegen in der direkten Tradition der niederländischen Stillleben. Die von ihr im botanischen Garten der Stadt Leiden aufgenommenen Tulpen werden ergänzt von verschiedensten Insekten wie Schmetterlingen, die im 17. Jahrhundert eine reiche Symbolik beinhalteten. Die Vergänglichkeit, die diese ephemeren Motive ausdrücken, ist Leitsatz dieser kunstgeschichtlichen Epoche und ihrer Vanitasdarstellungen. Für die Ausstellung am MNHA setzte Carla van de Puttelaar sich aber auch mit der Sammlung des Luxemburger Museums auseinander. Es entstanden mehrere neue Werke, die direkt von Gemälden des Hauses inspiriert sind, wie etwa der Pietà des flämischen Künstlers Théodore van Loon. Van de Puttelaar setzt ihre Version jedoch nicht mit einer Mutter, die ihren Sohn beweint, um, sondern mit zwei jungen Frauenakten.

Der Bildtypus der Pietà von Carla van de Puttelaar neu interpretiert.

Heraus sticht aber van de Puttelaars Serie „Artfully Dressed: Women in the Art World“, in der sie Kuratorinnen, Kunsthistorikerinnen, Galeristinnen und andere „prominente oder vielversprechende Frauen der Kunstwelt“ abbildet. Hier sind ihre Modelle keine namenlosen jungen Schönheiten mehr, sondern aktive Talente allen Alters aus allen Teilen der Welt und mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen. Seit sie die Serie 2017 begann, hat die Künstlerin über 450 dieser Porträts, die die Persönlichkeit dieser starken Frauen mit in die Bilder einfließen lassen, fotografiert.

Die fünf ausgestellten Videoarbeiten sind eine wundervolle Ergänzung zu ihrer Fotografie, die ebenso zarten Bewegungen ihrer Motive spiegeln die Stimmung ihres Gesamtwerkes wider und laden zum Verweilen ein. Der persönliche Stil der Künstlerin mit seiner feinen und nuancierten Motivauswahl bleibt sehr klassisch, harmoniert mit dem Rahmen der Sammlung des MNHA und erfreut sicher so manche Kunstliebhaber*innen.

Am 17. September kann man sich den Vortrag des Kunsthistorikers Rudi Ekkart zu der Retrospektive anhören oder sich am 1. Oktober die Bezüge zur Kunstgeschichte von Fred G. Meijer, einem Experten für holländische und flämische Stillleben, erläutern lassen. Eine thematische Führung findet am 20. September statt.

Carla van de Puttelaar, Brushed by Light, Musée national d’histoire et d’art, noch bis zum 18. Oktober.

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