Donald Trump und Elon Musk behaupten, sie wollten den Staat zusammenschrumpfen und effizienter machen, indem sie Abertausende vermeintliche Marxisten und andere Missliebige aus den Behörden jagen. Darin äußert sich der Drang nach einer autoritären Machtübernahme.

Er ist eine Schlüsselfigur im Staatsumbau der Regierung Trump und wird als eigentlicher Macher hinter Elon Musk gesehen: Russell Vought, der Leiter des Amts für Verwaltung und Haushaltswesen. (Foto: EPA-EFE/ALLISON DINNER)
Mit ihm sei die Rettung nah, verkündet Donald Trump seit seinem Amtsantritt immer wieder. „Jahrelang wurde Washington von einer sinistren Gruppe radikal linker Marxisten, von Kriegstreibern und korrupten Interessensgruppen kontrolliert, die unseren Wohlstand abfließen lassen, unsere Freiheiten angreifen, unsere Grenzen abschaffen und unser Land aussaugen. Aber nicht mehr!“, triumphierte er am Wochenende auf der „Conservative Political Action Conference“ (CPAC) in Washington, D.C. Dort hatten sich Anhänger der US-Republikaner und Rechtspopulisten aus der ganzen Welt versammelt.
Früher hätten das viele noch als überdrehte Rhetorik abgetan. Doch selbst Trumps Gegner waren überrascht, mit welcher Aggressivität seine Regierung seit ihrem Amtsantritt staatliche Institutionen feindlich übernommen hat und zu großen Teilen an deren Abschaffung arbeitet.
Das Gesicht dieser Operation ist Elon Musk mit dem ihm unterstellten „Department of Government Efficiency“ (Doge), eine Behörde, deren Status ebenso unklar wie umstritten ist. Sie soll helfen, Haushaltsausgaben zu kürzen, heißt es, wozu aber weder der Präsident noch seine Handlanger die Befugnis haben. „Ganze Regierungsbürokratien“ müssten Musk zufolge abgeschafft werden, Zehntausende entlassen und damit Hunderte Milliarden US-Dollar eingespart werden. Das propagiert Musk mit neoliberaler Rhetorik: Er verspricht die „Disruption“ einer ineffizienten Bürokratie durch Transparenz und Massenentlassungen. Mit der Umsetzung beauftragte er ein Team angeblicher IT-Genies Anfang zwanzig, die über keinerlei Erfahrungen im Verwaltungsbereich verfügen – dass solche Praktiken gegen bestehende Gesetze verstoßen, ist Musk wie Trump egal.
Passend zur Schwächung der Verwaltung ist die Deregulierung möglichst vieler Wirtschaftsbereiche erklärtes Ziel von Donald Trump, vor allem im Finanzbereich und bei Öl- und Erdgasprojekten; Umweltschutz scheint ohnehin überflüssig. Trumps Kabinett ist mit 13 Milliardären das wohlhabendste in der Geschichte der USA. Als Vorstand der Bundesbehörde, die für die Vergabe staatlich geförderter Immobilienkredite zuständig ist, hat Trump den Immobilienunternehmer Bill Pulte nominiert. Stellvertretender Verteidigungsminister soll der Milliardär Stephen Feinberg werden, der über die Jahre mehrere Millionen US-Dollar für Trumps Kampagnen spendete. Feinbergs Investmentunternehmen „Cerberus Capital Management“ hält wiederum Anteile an verschiedenen Rüstungsunternehmen.
Oft lässt sich die extrem kapitalfreundliche Politik kaum von Klientelismus oder schnöder Korruption unterscheiden. So hat neben den großen Silicon-Valley-Unternehmen vor allem die Krypto-Branche viel Geld für Trumps Wahlkampf und demonstrativ noch einmal mehrere Millionen US-Dollar für seine Amtseinführungsveranstaltung gespendet. Im Gegenzug hat Trump, der selbst an der Herausgabe seiner Kryptowährung „$Trump“ kräftig verdient hat, den vorherigen Krypto-Lobbyisten Paul S. Atkins als Leiter der Börsenaufsicht (SEC) eingesetzt.
Eine der ersten Amtshandlungen des von Trump eingesetzten Leiters des Amts für Verwaltung und Haushaltswesen („Office of Management and Budget“), Russell Vought, war es, die Leitung des „Consumer Financial Protection Bureau“ (CFPB) gleich mit zu übernehmen und dieses praktisch stillzulegen. Das CFPB war nach der Finanzkrise 2008 geschaffen worden, um Verbraucher vor missbräuchlichen Praktiken von Finanzunternehmen zu schützen. Die Behörde hatte geplant, die für Banken übliche Haftungsregeln auch auf die Krypto-Branche auszuweiten. Vought schrieb Anfang Februar auf der Social-Media-Plattform „X“, das CFPB sei schon lange „woke“ gewesen und gegen „missliebige Branchen und Individuen“ eingesetzt worden – „das muss ein Ende haben“.
Alles nur für Kapitalinteressen also? Das ist höchstens die halbe Geschichte. Denn noch mehr als vom Downsizing der Regierung sprechen die Trump-Anhänger von einer Machtübernahme. Musk werde neben Verschwendung auch die Verbrechen und die geheimen Machenschaften des „tiefen Staats“ enthüllen, tönt der Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, und dem gehe es dann an den Kragen.
Trumps Kabinett ist mit 13 Milliardären das wohlhabendste in der Geschichte der USA.
Schon Musks Übernahme von „Twitter“ hatte nur wenig mit Profit- interessen zu tun. Musk machte die Plattform zu einer Propagandaschleuder und sich selbst zu einem der meistbeachteten Unterstützer von Donald Trump.
„Fork in the Road“ war die E-Mail überschrieben, die Musk damals an seine Mitarbeiter schickte: Sie stünden an einer „Weggabelung“ und müssten sich entscheiden, ob sie den Weg mit ihm gehen oder kündigen wollten. Eine E-Mail mit dem gleichen Betreff und einer ähnlichen Aufforderung erhielten Ende Januar alle Angestellten der US-Bundesbehörden. Die Mehrheit von ihnen werde wahrscheinlich sowieso entlassen werden, hieß es darin. Auch werde der Kündigungsschutz gelockert werden und auf strengere „Verhaltensmaßstäbe“ geachtet, um sicherzustellen, dass die Mitarbeiter „verlässlich, loyal, vertrauenswürdig“ seien.
Eine Schlüsselfigur ist der bereits erwähnte Russell Vought. Er hatte im von dem Think Tank „Heritage Foundation“ erstellten Reformplan „Project 2025“, der als Leitfaden für den Staatsumbau in Trumps zweiter Amtszeit gilt, argumentiert, dass der Präsident persönlich die gesamte Macht in der Exekutive an sich reißen und sich die Verwaltung untertan machen müsse. Laut der britischen Tageszeitung „Financial Times“ steht Musk zwar derzeit im Rampenlicht, doch der wirkliche „Kommandeur der Operation“ sei Vought.
Die staatliche Bürokratie sei die Machtbasis des politischen Feindes, so Vought. Die USA befänden sich „in der späten Phase einer kompletten marxistischen Übernahme“ des Landes, sagte er 2023 in einer Rede, die kürzlich von der NGO „Pro Publica“ veröffentlicht wurde: „Unsere Feinde haben bereits den Regierungsapparat in der Hand, den sie als Waffe nutzen und auf uns richten.“
2022 schrieb Vought in einem Essay, in Washington sei ein permanentes „Regime“ entstanden. Es bestehe aus Berufsbeamten in der Exekutive gemeinsam mit dem Establishment der jeweiligen politischen Parteien. Dieses Regime sei bestimmt „von den Werten und dem Milieu einer permanenten herrschenden Klasse in der Hauptstadt, die den Kontakt zu den alltäglichen Sorgen und Wünschen des amerikanischen Volkes verloren“ habe.
Voughts Phantasien zeigen, wie rechtslibertäre Ideen in fast staatsstreichartige Rhetorik münden können. Wichtig für die Radikalisierung der Trump-Anhänger war die Vorstellung, dass das liberale „Regime“ die Institutionen, die es angeblich kontrolliert – die Medien, die Gerichte, die Geheimdienste –, wie Waffen gegen Trump und dessen Vorhaben eingesetzt habe. Bei Personen wie dem neuen FBI-Direktor Kash Patel, der privat in den vergangenen Jahren Wundermittel gegen angebliche Impfschäden vertrieben hatte, werden daraus Rachepläne. 2023 sagte er als Gast des Podcasts des einstigen Trump-Beraters Steve Bannon: „Wir werden losziehen und die Verschwörer finden – nicht nur in der Regierung, sondern auch in den Medien. Wir werden die Leute in den Medien zur Strecke bringen.“ Auch der von ihm ernannte FBI-Vizedirektor, der Podcaster Dan Bongino, verbreitet seit Jahren Verschwörungstheorien über den „tiefen Staat“ und forderte Massenentlassungen beim FBI, weil es sich an den Ermittlungen gegen Trump beteiligte.
Viele der präsidentiellen Verordnungen Trumps und Maßnahmen Elon Musks wurden bereits von Gerichten gestoppt oder aufgehoben; zahlreiche solche Verfahren laufen derzeit und umfassende juristische Auseinandersetzungen stehen an. Die Sorge vieler ist, dass Trump Gerichtsentscheidungen ignorieren könnte. Anfang Februar sagte Vizepräsident J. D. Vance, „Richter dürfen die legitime Macht der Exekutive nicht kontrollieren.“ Und Trump twitterte kürzlich andeutungsvoll einen Satz, der Napoleon zugeschrieben wird: „Wer sein Land rettet, verletzt keine Gesetze.“
Die Rhetorik von Vought und anderen Trump-Ideologen geht nicht zuletzt auf einen einflussreichen Text des rechtslibertären Theoretikers Murray Rothbard zurück. Rothbard hat den Begriff des „Anarchokapitalismus“ populär gemacht und ist bis heute bei Rechtslibertären sehr beliebt. Argentiniens Präsident Javier Milei benannte einen seiner Hunde nach ihm, die deutsche Zeitschrift „Eigentümlich frei“, in der auch Autoren aus dem Umfeld der rechtsextremen Zeitschrift „Sezession“ publizieren, nennt ihn als wichtiges Vorbild.
Sein Essay zeigt, wie rechtslibertäre Positionen zu einem autoritären Staatsstreich passen. Rothbard schrieb 1992, „das derzeitige System“ bestehe „aus einer unheiligen Allianz von liberalen Konzerneliten und Medien- eliten“, die den Staat kontrollierten und dadurch „eine parasitäre Unterschicht“ herangezogen hätten. Zusammen würden sie „den Großteil der Arbeiter- und Mittelschicht ausbeuten und ausplündern“. Deshalb müsse die Rechte eine Strategie des „rechten Populismus“ verfolgen. Wie erfolgreich das sein könne, habe der langjährige Anführer des rassistischen „Ku-Klux-Klan“, David Duke, gezeigt, der 1991 mit über 38 Prozent der Stimmen beinahe Gouverneur von Louisiana geworden wäre.
Für den „rechten Populismus“ skizzierte Rothbard ein Minimalprogramm. An erster Stelle stehen radikale Steuersenkungen, der Wohlfahrtsstaat müsste möglichst ganz abgeschafft werden. „Kriminelle“ müssten „zerdrückt“ werden und „Penner“ – gemeint sind Obdachlose – müsse man „loswerden“. Ein „Schlüsselpunkt“ sei „America First“ in der Außenpolitik: „Komm nach Hause, Amerika. Hör auf, ausländische Schnorrer zu unterstützen.“ Das alles sei ja eh nur im Interesse der „Bankster“ – deshalb: „Schluss mit diesem globalen Mist“.
Entscheidend für den Erfolg einer solchen Strategie sei ein Präsidentschaftskandidat, der am Parteiestablishment vorbei direkt zum Volk spreche. Das alles müsse „mitreißend, aufregend, ideologisch“ sein. Dieser „mitreißende, aufregende“ Kampf gegen das „Regime“ muss permanent inszeniert werden, um die Anhänger bei Laune zu halten.
Heutzutage postet Musk am laufenden Band auf X angebliche Beispiele für Korruption und Filz, die er aufgedeckt habe; Trump verspricht, die Wahrheit über die Ermordung John F. Kennedys, die Ufos und geheime Biolabore in der Ukraine zu enthüllen. Irgendwo dort in den Hallen der Macht, so verkündet es Trump, liegen die Beweise für die große Verschwörung der „Elite“ – und Trump werde sie ans Licht zerren und die Übeltäter bestrafen. „Ich will die Person sein, die den tiefen Staat zerstört“, prahlte Vought in einem heimlich aufgenommenen Video im Kreis vermeintlicher Spender im vergangenen Jahr.