Vegane Ernährung
: „Die Nachfrage ist da“

Nicht nur das Angebot an veganen Produkten hat sich hierzulande in den letzten Jahren vervielfältigt, auch einige Blogs zum Thema vegane Ernährung sind im Netz aufgetaucht. Einer davon ist „De Grénge Léiw“. Wir haben mit dem Betreiber Sven Mühlen gesprochen.

Seit vier Jahren betreibt der Luxemburger Sven Mühlen nun schon seinen veganen Blog „De Grénge Léiw“. (Foto: © Sven Mühlen)

woxx: Seit vier Jahren betreiben Sie nun schon den veganen Blog „De Grénge Léiw“. Wie sind Sie zum Veganismus gekommen?


Sven Mühlen: Als ich vor Jahren anfing, mir Gedanken über gesunde Ernährung zu machen, bin ich irgendwann auf Veganismus gestoßen. Ich habe erstmal versucht, 30 Tage lang vegan zu leben, um zu sehen, ob es mir gefällt. Aus den 30 Tagen wurden zwei Monate, dann drei, mittlerweile sind es vier Jahre.

Was macht gerade den Veganismus so gesund?


Bei der Frage, was unter gesunder Ernährung zu verstehen ist, gehen die Meinungen weit auseinander. Man muss dazu sagen: Nur weil etwas vegan ist, ist es noch lange nicht gesund. Ich könnte zum Beispiel den ganzen Tag Pommes essen, das wäre vegan, aber nicht gesund. Aber als ich mich zum ersten Mal gefragt habe, weshalb sich manche Menschen vegan ernähren, bin ich auf weitere Gründe gestoßen, wie beispielsweise Naturschutz oder Tierrechte. Ich hatte damals keine Veganer in meinem Umfeld, vor allem hier in Luxemburg habe ich mich ziemlich alleine beziehungsweise verloren gefühlt. Doch ich war überzeugt, dass es hierzulande noch andere Veganer geben muss, die gerne mit Gleichgesinnten aus Luxemburg in Kontakt treten würden. Aus dem Grund habe ich dann meinen Blog gegründet. Mittlerweile gibt es noch weitere luxemburgische Internetseiten über Veganismus: „The Green Kitchen“, „My Vegan Luxembourg“ und „Animal Dignity“ beispielsweise.

Sie haben sich dann entschieden, auf Ihrem Blog den Fokus auf vegane Rezepte zu legen?


Jein. Ursprünglich wollte ich ihn auf Produkte legen. Fiel mir im Supermarkt ein veganes Produkt auf, das nicht als solches gekennzeichnet war, machte ich ein Foto davon, das ich dann einer Liste auf meinem Blog hinzufügte. Mein Ziel war es, veganen Menschen beim Einkaufen einen kleinen Anhaltspunkt zu geben. Das wurde aber mit der Zeit zu viel Arbeit, denn es gibt mehr solcher Produkte, als man annehmen würde. Es kommt auch vor, dass Rezepte sich ändern, sodass man die Empfehlungen immer wieder überprüfen müsste. Weil ich gerne koche, habe ich meinen Fokus dann auf Rezepte gelegt.

Konnten Sie feststellen, dass manche Supermärkte auffallend mehr vegane Produkte anbieten als andere?


Delhaize und Auchan haben sehr viele vegetarische und vegane Marken, Cactus zieht langsam nach. Ich kaufe aber immer mal wieder woanders ein, das Angebot ändert sich nämlich ständig. Cactus hat jetzt beispielsweise veganen Käse in sein Sortiment aufgenommen. Die Nachfrage ist da und die Supermärkte reagieren darauf.

Woher ziehen Sie die Inspiration für Ihre Rezepte?


Ich lese eigentlich keine veganen Blogs. Meine Hauptmotivation stammt vom Essen selbst. Ich frage mich dann: „Worauf habe ich Lust und wie kann ich das am besten machen?“. Ein Beispiel dafür ist meine vegane „Bouchée à la Reine“. Ich mag Königinpastete und will sie weiterhin essen, nur halt vegan. Das war mein Ziel und das habe ich dann umgesetzt.

Sie haben auf Ihrem Blog einmal geschrieben, was Sie als Veganer vermissen, sei Bequemlichkeit. Kehrt die nicht mit zunehmender Routine zurück?


Im Moment ist es noch nicht bequem, muss ich ehrlich sagen. Ich kann nach der Arbeit nicht einfach irgendwo etwas essen gehen, ohne mir Gedanken zu machen. Bevor ich etwas kaufe, muss ich immer erst die Zutaten durchlesen. Ich bin sicher, dass es in Zukunft leichter werden wird für Veganer, aber da sind wir momentan noch nicht.

„Man sollte sich immer fragen, wer welchen Artikel verfasst hat, und wo eine Ideologie dahintersteht und wo nicht.“

Das bringt bewusste Ernährung insgesamt wohl so mit sich …


Ja, man muss halt abwägen, wo die eigenen Prioritäten liegen: Ist mir Bequemlichkeit wichtig oder folge ich eher meinen ethischen Prinzipien. Da gibt es kein Richtig oder Falsch, jeder macht das so, wie er denkt.

Kann man von einer veganen Community in Luxemburg reden?


Ja, schon. Die ist allerdings eher virtuell präsent. Vor eineinhalb Jahren habe ich ein veganes Picknick organisiert, damit man sich mal von Angesicht zu Angesicht kennenlernen kann. Darüber hinaus findet jedes Wochenende irgendwo anders ein veganer Brunch statt. Das ermöglicht, dass man sich öfter sieht.

(Foto: @ De Grénge Léiw)

Auf Ihrem Blog sind aber nicht nur Rezepte zu finden. In einem rezenten Beitrag kitisieren Sie, dass auf der von der Luxemburger Landjugend und Jungbauern betriebenen Internetseite „Fro de Bauer“ die Existenz von Massentierhaltung in Luxemburg bestritten wird.


In dem Beitrag von „Fro de Bauer“ standen Dinge, die ganz klar schlecht recherchiert waren, Dinge, die nicht der Realität entsprechen. Ich hatte das Gefühl, dass Leser des Beitrags die Informationen einfach schluckten, ohne sie zu hinterfragen. Das ist frustrierend.

Dieser Eintrag sticht jedenfalls heraus auf einem Blog, der sich ansonsten nur wenig mit Argumenten für Veganismus aufhält.


Ich persönlich finde, dass es nur sehr wenige Argumente gegen Veganismus gibt, ich will meine Sichtweise aber niemandem aufdrängen. Es stört mich nicht, wenn jemand ein Rezept von mir nachkocht und dazu noch ein Stück Fleisch isst. Immerhin hat die Person das vegane Gericht ausprobiert. Auf meinem Blog gibt es klare Kategorien: Auf der einen Seite die Rezepte, auf der anderen das, was ich als „Gedanken“ bezeichne, wo ich über meine persönlichen Gedankengänge schreibe. Zurzeit arbeite ich auch noch an einer Asbl, die sich „VegInfo“ nennt. Unser Ziel ist es, objektiv über Vegetarismus und Veganismus in Luxemburg zu informieren und zwar so frei von Ideologie wie möglich.

Gibt es denn einen ideologiefreien Veganismus?


Den gibt es. Nicht unbedingt für mich persönlich, denn wenn ich als Veganer lebe, dann weil ich davon überzeugt bin. Das heißt aber nicht, dass ich meine Ideologie anderen aufdrängen will. Es ist recht komplex.

Sind Ihrer Erfahrung nach die meisten Veganer*innen zugleich auch Tierrechts-Aktivist*innen ?


Ich persönlich bin gegen Aktivismus, weil das bedeutet, jemand anderem seine persönliche Ideologie aufzudrängen. Der Verzehr von Tieren ist ein derart fester Bestandteil unserer Gesellschaft, dass kein Aktivismus etwas daran ändern kann, wenn das Interesse nicht von den Menschen selbst kommt. Du kannst etwas hundertmal wiederholen, wenn dein Gegenüber nicht daran interessiert ist, dir zuzuhören, dann bringt das nichts. Wenn jemand aus reiner Neugierde mehr zu einem Thema erfahren möchte, ist die Wirkung viel stärker, als wenn man auf der Straße demonstriert, mit Blut um sich schmeißt oder Fleischesser als Mörder bezeichnet.

Sie sprechen vom Aufdrängen einer Ideologie. Ist in unserer Gesellschaft nicht gerade die Ideologie des Fleischkonsums die dominantere? 


Doch, das ist wahr. Im Alltag wird man überall mit der Ideologie konfrontiert, dass Fleischessen gesund ist oder man Kuhmilch trinken muss, um ausreichend Kalzium zu sich zu nehmen. Das wird einem von klein auf eingetrichtert. Unsere Gesellschaft ist so aufgebaut und damit muss man leben.

Wie und wo lernt man denn, den Status quo zu hinterfragen?


Dadurch, dass eine Auswahl vorhanden ist. Kinder bekommen in der Schule gratis Kuhmilch zur Verfügung gestellt. Man könnte ihnen aber auch die Wahl geben zwischen Soja-, Mandel- und Kuhmilch. Die meisten würden sich zwar immer noch für letztere entscheiden, ein paar würden aber vielleicht finden, dass die Alternativen genauso gut schmecken und sich dafür entscheiden, fortan diese zu trinken. In dem Moment kommt der Entschluss von innen. Kinder werden bei ihrer Ernährung allerdings hauptsächlich von ihren Eltern beeinflusst, nicht so sehr von der Schule. Es ist einfach wichtig, einen kritischen Geist zu haben und Informationen nicht nur einer Quelle zu entnehmen. Als ich mich zum ersten Mal über Veganismus informierte, habe ich Seiten herangezogen, die rein wissenschaftlich waren, andere wurden von veganen Organisationen betrieben, noch andere von Riesenkonzernen. Man sollte sich immer fragen, wer welchen Artikel verfasst hat, und wo eine Ideologie dahintersteht und wo nicht.

Auf Ihrem Blog versuchen Sie aber hauptsächlich mit Rezepten Interesse für eine vegane Ernährung zu wecken?


Manche lesen meinen Blog auch nur, weil sie einen veganen Gast bekochen möchten und nach Inspiration suchen. Man kocht dann allerdings nicht nur eine Portion, sodass auch Fleischesser von dem veganen Gericht kosten können. Letztes Wochenende habe ich meine vegane Königinpastete gemacht, ich war der einzige Veganer am Tisch, es hat aber jedem geschmeckt.


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