Avantgarde Cumbia
Aus Kolumbien kennt man vor allem die Cumbia mit ihrem markanten Rhythmus. Sie hinterließ in ganz Südamerika Spuren, zum Beispiel im gitarrenlastigen Chicha-Stil Perus. Das Trio Los Pirañas, das sich schon aus gemeinsamen Schultagen in Bogotà kennt, experimentiert mit verschiedenen Varianten der Cumbia und macht daraus ein ganz spezielles Format. Am Schlagzeug sitzt Pedro Ojeda, den Bass spielt Mario Galeano, die Gitarre und den Synthesizer bedient Eblis Alvarez. Alle drei sind ebenfalls in anderen renommierten Gruppen aktiv, wie Meridian Brothers und Ondatrópica. Nur zwei der fünf Alben des Trios sind in Europa erhältlich, darunter das ganz neue Una oportunidad más de triunfar en la vida. Hier hört man eine ganz ausgefallene Version der kolumbianischen Musik, in der die Drums für einen tanzbaren Polyrhythmus sorgen. Der Bass drückt kräftig nach vorne, während die Gitarre mit ein paar Riffs und minimalistisch-repetitiven Melodiebögen in den höheren Lagen meist die Stücke trägt – mit viel Vibrato und Hall fast piepsig klingend. Ein paar Einwürfe auf dem Minisynth bringen zusätzlich Farbe. Gesungen wird nicht. Eine faszinierende, handgemachte Mischung irgendwo zwischen Roots, Avantgarde, Trance und Powerbeat.
Los Pirañas – Una oportunidad más de triunfar en la vida – Glitterbeat
Kongolesischer Funk-Rock
Die erste Platte brachte Jupiter Bokondji mit seiner Gruppe Okwess erst 2013 heraus, dabei hat er schon in den 1980er-Jahren begonnen, Musik zu machen. Damals arbeitete sein Vater an der kongolesischen Botschaft in Ostberlin. Die Musik der beiden Kongos wird allzu oft auf die weltbekannte Rumba Congolaise oder den Soukouss, wie die moderne Form genannt wird, reduziert. Bei Jupiter & Okwess spiegeln sich die beiden Urformen teilweise im Stil der Gitarren wider, während man das Grundkonzept eigentlich Kongo-Funk-Rock nennen könnte. Die Band kann sehr laut spielen und Bokondi ist ein ausgezeichneter Shouter. Auf dem neuen Album Ekoya, dem ersten seit fünf Jahren, zeigt er aber auch andere Seiten von sich. „Na Bado“ zum Beispiel ist eine swingende Ballade, während das Titelstück wieder nach vorn geht und sogar ein bisschen nach senegalesischem Mbalax klingt, wie man ihn von Youssou N’Dour kennt. Bei einem Stück singt er im Duett mit der Brasilianerin Flavia Coelho. Aufgenommen wurde das Album schon während der Coronapandemie in Mexiko, weshalb auch lateinamerikanische Elemente mit einfließen. Eine richtig druckvolle Platte!
Jupiter & Okwess – Ekoya – Airfono
Akustische Mali-Perlen
Das Trio Da Kali kommt aus Mali und hat Aufsehen erregt, als 2017 sein Debütalbum Ladilikan erschien. Für diese CD hatte die malische Gruppe mit dem Kronos Quartet aus San Francisco zusammengearbeitet. Dieses ist eines der führenden Streichquartette für zeitgenössische klassische Musik, hat aber auf zahlreichen Platten bewiesen, dass es auch offene Ohren für Weltmusik hat. Acht Jahre später gibt es nun endlich die neue Platte des Trios, Bagola – dieses Mal ohne das Kronos Quartet. Das Trio Da Kali ist ein ausgezeichnetes Ensemble für traditionelle Musik aus Mali. Die Sängerin Hawa Kassé Mady Diabaté beherrscht sowohl die leisen als auch die kraftvollen Töne in den höheren Registern. Schon ihr Vater Kassé Mady Diabaté war in Westafrika sowie in der Weltmusikszene eine Berühmtheit. Madou Kouyaté spielt die Ngoni-Bass-Laute; er ist der Sohn der Musikgrößen Bassekou Kouyaté und Amy Sacko und spielt auch in deren Gruppe Ngoni Ba. Lassana Diabaté, der als musikalischer Direktor fungiert, spielt das hölzerne Balafon. Er gilt als einer der versiertesten Musiker in Mali, was die Beherrschung dieses Instruments angeht. Elf Stücke aus der malischen Tradition, die rein akustisch aufgenommen wurden, mit hervorragender Sängerin und kongenialer Begleitung.
Trio Da Kali – Bagola – One World Records
Iran trifft Spanien
Dass in Iran Frauen nur im Chor oder unter stimmlicher Dominanz eines Mannes singen dürfen, ist ein humanitäres wie kulturelles Armutszeugnis für das dortige Regime. Eine Reihe von Frauen haben deshalb ihre Heimat verlassen müssen. Farnaz Ohadi ging vor vielen Jahren schon nach Kanada ins Exil. Nun hat sie ihr erstes Album mit dem Titel Breath veröffentlicht. Das besonders Interessante ist dabei, dass sie alte persische Lyrik mit spanischem Flamenco verbindet. Der Bezug stellt sich unter anderem auch dadurch her, dass vor über 1.000 Jahren im damaligen Al-Andaluz, dem heutigen Spanien, der aus dem persischen Reich angereiste Universalgelehrte Ziryab in Córdoba das erste Musikkonservatorium gründete. Das Album wurde in Sevilla aufgenommen. Die Gedichte stammen unter anderem von legendären Poeten wie Hafez und Rumi, die im 13. und 14. Jahrhundert wirkten. Das Kernthema des Albums ist, wie die Künstlerin schreibt, die Liebe. Sich trauen zu lieben sei in Iran bereits ein Akt der Rebellion. Die Instrumentierung umfasst sowohl die spanische Gitarre, Cello und Viola wie auch die orientalische Ney-Flöte und das Hackbrett Santur. Ein in jeder Hinsicht sehr bemerkenswertes Doppelalbum, bei dem auf der zweiten CD auch eine Reihe von Instrumentals zu hören sind.
Farnaz Ohadi – Breath – Air Music Group
World Music Charts Europe April- Top 20
1. Trio Da Kali – Bagola – One World Records
2. Santrofi – Making Moves – Outhere Records
3. Los Piranas – Una oportunidad más de triunfar en la vida – Glitterbeat
4. Maybahar – Meybahar – Fonó
5. Jupiter & Okwess – Ekoya – Airfono
6. Maria Joao – Abundancia – Galileo
7. Félix Lajkó – Gisl – Fonó
8. Park Jiha – All living things – Glitterbeat
9. Samba Touré – Baarakelaw – Glitterbeat
10. Frigg – Dreamscapes – Bafe’s Factory
11. Áššu – Luohteniegut – Nordic Notes
12. Farnaz Ohadi – Breath – Air Music
13. Fado Inverso – Avenida da Liberdade – Fado Inverso
14. El Pantorrillas – Palomo Cojo – El Pantorrillas
15. Derya Yildirim – Yarin Yoska – Big Crown
16. Black Rooster Kapelye – Vos mir zaynen – Lauska
17. Songhoy Blues – Héritage – Transgressive Records
18. L’Alba – Grilli – Buda Musique
19. &Fusion – La marche du bonheur – Buda Musique
20. Ilkka Arola Sound Tagine – Adventures in the now – Flame Jazz Records
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