
(ik) – „Das Volk stürmt nicht mehr die Bastille, es stürmt Ausstellungen“, wie die Autorin einer deutschen Tageszeitung so treffend schrieb: Ein Besucherrekord jagt den nächsten, nach der fulminant besuchten Modigliani-Ausstellung ist nun die absolut sehenswerte René Magritte-Expo der Publikumsmagnet im Pariser Kunstmekka. Über 150 Werke des belgischen Surrealisten, chronologisch aufgehängt, können zurzeit in der Galerie nationale du Jeu de Paume besichtigt werden. Die meisten von ihnen sind bekannt: Der Herr mit der Melone auf dem Kopf und schwebendem Apfel vorm Gesicht, Schuhe, die an den Fußspitzen in Zehen übergehen, der weibliche Oberkörper mit Totenschädel, das Bild im Bild.
Statt wie andere SurrealistInnen ging Magritte in seinen Werken nicht in erster Linie von Träumen aus. Die vermeintliche alltägliche Wirklichkeit und ihre Rezeption durch den/die BetrachterIn waren die Themen, mit denen sich der 1898 in Hainaut geborene Belgier bis zu seinem Tod 1967 immer wieder auseinandersetzte. Ironisch, ja zuweilen in ihrer Bissigkeit hochpolitisch sind zahlreiche seiner Werke, etwa das Bild „Le survivant“ (der Überlebende), das ein an eine Mauer gelehntes blutbesudeltes Jagdgewehr zeigt. Oder das expressionistische „La famine“ (Die Hungersnot) aus dem Jahr 1948, auf dem vier Männerköpfe mit dicken roten Nasen, Lippen und Zungen sich gegenseitig auffressen. An diesem Bild, und am im Renoir-Stil gemalten Schweinskopf „La Bonne Fortune“, zeigt sich übrigens sehr deutlich Magrittes undogmatischer Umgang mit der Maltechnik: Auch wenn er heute zu den bedeutendsten SurrealtistInnen zählt – der Querkopf wurde 1947 wegen seiner eigenwilligen Malweise vom selbst ernannten Surrealisten-Papst André Breton öffentlich exkommuniziert.
Die Ausstellung „Magritte“ läuft bis zum 9.6.2003. Galerie Nationale du Jeu de Paume; 1, Place de la Concorde; 75008 Paris; Tel: +33 1 47 03 12 50. Der Katalog kostet 35 Euro.