Ziemlich abstrakt sind die Gemälde von Thomas Scheibitz und dann auch wieder nicht. Seine ganz spezifische Ausdrucksform hat er auf jeden Fall gefunden.
Mit Überlebenskampf im Regenwald hat die Arbeit des deutschen Künstlers Thomas Scheibitz recht wenig zu tun, auch wenn seine Ausstellung, die zur Zeit im Mudam zu sehen ist, den kryptischen Titel „About 90 Elements / Tod im Dschungel“ trägt. Scheibitz‘ Arbeiten sind hingegen viel abstrakter als das wilde Leben im Dschungel. Und sie erinnern aufgrund ihrer strukturalistischen Formgebung und der Farbwahl an das Bauhaus oder an Tapetenmuster der fünfziger Jahre.
Scheibitz, der in Berlin lebt und arbeitet, ist in der internationalen Kunstszene kein Unbekannter mehr: Er war 2005 im deutschen Pavillon bei der Biennale in Venedig vertreten. Ausgestellt im Mudam, sind vor allem seine großflächigen, in unterschiedlichen Formaten ausgeführten Ölgemälde, denen man eine ernsthafte Recherche anmerkt: So schöpft Scheibitz seine Inspiration aus einem unermesslichen Archiv an visuellem Material. Er sammelt Fotos, Zeitungsausschnitte und Buchseiten, inspiriert sich an Alltagsdesign, Abbildungen aus Hollywoodfilmen oder historischen Grafiken und abstrahiert diese Ausgangsmaterialien in seinen Bildern. Typisch für seine Herangehensweise ist der dünne schwarze Pinselstrich, der die einzelnen Farbflächen seiner geometrischen Volumen und typografischen Elemente einrahmt. Gemeinsam ist den Bildern auch eine gewisse Starrheit – sie wirken abweisend und kühl. Und trotzdem: Auch wenn die Gemälde von der Formgebung und vom Aufbau her streng komponiert wurden, enthalten sie dennoch auch verspielte Elemente: Nüchternen, kubistischen Formen stehen expressive Pinselstriche gegenüber oder verlaufende Farbstriemen; eine graue oder dunkelblaue Farbgebung wird mittels eines fluoreszierenden Rosa durchbrochen.
Auch wenn Scheibitz seine Themen scheinbar auf Zeichenhaftes reduziert, sind dennoch wieder erkennbare Elemente auszumachen. Etwa in dem Gemälde „The Yellow Kid“. Scheibitz interessiert sich gerade für das Uneindeutige, die Dichotomie zwischen Abstraktion und Leben, auf die auch der Ausstellungstitel „90 Elements / Tod im Dschungel“ anspielt: Während die „90 Elements“ an den Versuch der Wissenschaft erinnern, den chemischen Elementen im Periodensystem eine sinnvolle Ordnung zu geben und in ein abstraktes System hineinzuzwängen, gemahnt der „Tod im Dschungel“ – inspiriert von einem Film Werner Herzogs – daran, dass der Natur mit künstlicher Ordnung nicht beizukommen ist.
Im Mudam werden neben den Gemälden auch Skulpturen gezeigt sowie Papiermodelle. Hier fällt auf wie nahe sich die abstrakten Objekte und die Gemälde mit ihren teils irreführenden perspektivischen Räumlichkeiten sind: Einige Skulpturen wirken gar wie dreidimensionale Faltungen seiner Bilder.
Insgesamt hat der Künstler seine ganz eigene Ausdrucksform gefunden. Eine nicht uninteressante Ausstellung, für jene, die sich gerne im Gegenstandslosen verlieren.
Noch bis zum 22. September im Mudam.
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