Erst ab den siebziger Jahren wurden Afro-Amerikaner von der Filmindustrie ernster genommen. Das Künstlerpaar Bradley McCallum und Jacqueline Tarry nahm die Rollenklischees näher unter die Lupe.
Eine afro-amerikanische, muskulöse Frau mit Kraushaarfrisur beugt sich über einen weißen Mann, um ihn zu küssen. Die Episode stammt aus „Live and Let Die“, dem 1973 veröffentlichten, achten James-Bond-Film. Weniger verwunderlich ist hier, dass James Bond alias Roger Moore sich mal wieder eine hübsche Frau geangelt hat, als der Umstand, dass es sich um eine Schwarze handelt – genauer gesagt um Kubi Chaza Indi, eine Frau aus Zimbabwe – die im Film eine Beziehung mit einem Weißen führt. Eine Zweisamkeit, die in den siebziger Jahren noch nicht selbstverständlich war. Sie war geradezu skandalös. Noch nicht lange war es her, dass Ende der 50er und Anfang der 60er Jahre Afro-Amerikaner unter Führung von Martin Luther King mit Boykotts, Märschen und gewaltfreien Protesten eine Gleichbehandlung nach dem Gesetz und das Ende der Rassendiskriminierung forderten. Mit ihrer Ausstellung „Shades of Black“, die zurzeit in der Galerie Nordine Zidoun zu sehen ist, will das in New York lebende Künstlerpaar Bradley McCallum und Jacqueline Tarry das Publikum auf die historischen schwarz-weiß-Darstellungen in den Filmen sensibilisieren. Im Mittelpunkt ihrer künstlerischen Auseinandersetzung stehen amerikanische Filme seit den dreißiger Jahren, in denen das Künstlerpaar die Art der Beziehung zwischen Weißen und Schwarzen untersucht hat. Sich an altem Fotomaterial der Filme inspirierend, hat das Paar gewisse Szenen mit Ölfarbe auf Leinwand übertragen. Das gleiche Motiv haben sie auf ein Stück Seide gedruckt und über die Leinwand gespannt, so dass die Darstellung insgesamt durch die leichte Verschiebung fast dreidimensional erscheint. Oder so, als bewegten sich die dargestellten Figuren.
Durch die Auswahl gewisser Filmstile und deren Verzerrung wollen die Künstler auf soziale und rassistische Zuschreibungen aufmerksam machen, die in der Filmindustrie der Zeit gang und gäbe waren: Lange belegten die Afro-Amerikaner in Filmen weißer Regisseure nur die Rolle des Küchen- und Kindermädchens, der Bediensteten, leichten Tänzerin oder des guten Clowns – ernst zu nehmende Hauptrollen, und das auch noch in einer Liebesbeziehung zu einem Weißen, gab es kaum. Die Bilder von Bradley McCallum und Jacqueline Tarry beschwören insofern auch ein Stück amerikanische Geschichte und ihr Traum von der Familie. Dabei ist ihre Auseinandersetzung durchaus autobiografisch motiviert. Auch ihre eigene Beziehung wäre vor dreißig Jahren undenkbar gewesen: Bradley McCallum stammt ursprünglich aus Irland und Jacqueline Tarry ist Afro-Amerikanerin. Seit 1998 arbeiten die beiden zusammen. Insgesamt spricht ihre Arbeit, die sich zwischen Fotografie und Malerei bewegt, ein wichtiges Thema an. Jedoch liegt die Art der Umsetzung nicht jedem. Und wirkt zuweilen etwas bieder.
In der Galerie Nordine Zidoun noch bis zum 30. Juli
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