FOTOGRAFIE: Über den Alltag hinaus

Auch wenn man sich leicht dem Irrglauben hingeben kann: Kunst ist kein leichtes Brot.

Daher arbeiten die meisten Künstler, während sie ihrer Berufung nachgehen, meistens nebenher in mehr oder weniger seriösen Jobs, sei es als Kunstlehrer oder Illustrator, vielleicht auch nur irgendwo als Aushilfe oder im Schlachthof.

Dementsprechend kommt es hin und wieder zu Lebensläufen, die einem Normalsterblichen als recht abenteuerlich und im Hinblick auf die ausgeübte Kunst vielleicht sogar als inkonsequent erscheinen mögen. Das Paradigma des „armen Poeten“ prägt oft noch unsere Vorstellung vom Künstler als Lebemann, der nicht mehr zum Leben braucht als seine Kunst – auch wenn er davon mehr schlecht als recht über die Runden kommt.

Über Andrès Lejonas Fotografien kann man häufiger stolpern, wenn man denn wahrnähme, von wem die Fotos sind, die den Artikel illustrieren, den man gerade liest, oder den Werbeflyer, der gestern noch im Briefkasten gesteckt hat. Zur Zeit werden in der Galerie Nei Liicht in Dudelange Werke von Andrès Lejonas ausgestellt, die über seine alltägliche Arbeit hinausgehen und nebenbei auch einen Einblick in seinen Lebenslauf geben.

Gezeigt wird eine große Auswahl von Porträts, die der 1962 in Spanien geborene Fotograf in den Jahren von 1986 bis heute gemacht hat. In dieser Zeit begleitete er den Cirque Raluy auf einer Europatournee und auf die französischen Antillen, lebte mehrere Jahre in Cartagena de Indias in Kolumbien und anschließend in Lissabon, bevor er sich in Luxemburg niederließ, wo er heute noch lebt und arbeitet.

Die Porträts, die er auf diesen Reisen gemacht hat, zeigen allerdings auch sein Interesse an der Reportage. Sie liefern nicht nur Menschen oder Gesichter sondern wollen auch vom Leben berichten und sind so zum Teil auch Nahaufnahmen der Gesellschaft. Dieser Anspruch zeigt sich besonders in den Fotografien, die er in der Karibik gemacht hat. Auf der einen Seite großformatige Abzüge, die wirken als seien sie mit einem nassen Tafelschwamm bearbeitet worden. Auf der anderen Gegenüberstellungen ein und derselben Person Rücken an Rücken, die mit Licht und Schatten spielen und damit auf das schwierige Leben in Kuba verweisen. Einfache Menschen, die allerdings so gar nicht dem gängigen Klischee des Kubaners oder dem Leben dort entsprechen und so wieder auf die Vorurteile des Betrachters hinweisen.

Und gerade Vorurteile sind es, die Lejonas abbauen will. Davon zeugt auch seine Bilderserie „homme-femme“, die wieder Gegenüberstellungen zeigt. Auf den ersten Blick unauffällig wird durch Make-up und die nötigen Accessoires der Mann zur Frau und vice versa. Und auch wenn es nur Äußerlichkeiten sind, zeigt dieses Wechselspiel der Geschlechter ihre Nähe zueinander und suggeriert die fast beliebige Austauschbarkeit.

Dass Porträts tatsächlich nicht nur Momentaufnahmen sind, sondern auch Lebensläufe skizzieren können zeigt auch die Serie „noir et blanc“. Hier stechen besonders die Aufnahmen hervor, die er von den Artisten des Cirque Raluy gemacht hat, sei es die stolze Trapezkünstlerin, der mit Abakus rechnende Clown oder der Dompteur, den Lejonas zusammen mit seiner ihn erstickenden Python abgelichtet hat.

Aber der Künstler kann es auch fröhlicher. Das zeigen unter anderem seine Porträts Luxemburger Kriminalautoren, die er ihrem Sujet entsprechend gekonnt absurd in Szene setzt, und die auch zur Illustration der Krimi-Anthologie „D’Messer am Réck“ dienten. Oder die Fotografien, in denen Lejonas fehlendes oder kurzes Haupthaar durch eine Riesengarnele oder Spielzeugkrokodile ersetzt oder schlicht das Gesicht des Porträtierten hinter Salatblättern versteckt.

„Andrès Lejonas: Portaits 1986 – 2009“ in der Galerie Nei Liicht, bis zum 28. Februar.


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