MALEREI: Lateinamerika stellt aus

Marmorskulpturen, Glas- und Tonbüsten, Kollagen, Ölgemälde, Skizzen – Werke in Techniken aller Art von rund 75 KünstlerInnen aus 17 lateinamerikanischen Ländern versammelt die Ausstellung „Art Latino – Américain
ETNIA VI“, die zurzeit im Centre culturel de rencontre Abbaye de Neumünster zu sehen ist. Organisatoren sind das „Espacio Latinoamericano Bruxelles“ (ELA asbl) und die uruguayische Botschaft, der Erlös aus dem Verkauf der Werke kommt dem Roten Kreuz und den SOS-Kinderdörfern zugute, die mit dem Geld Projekte in Lateinamerika unterstützen. In der Ausstellung sind keine traditionellen Kulturgegenstände zu sehen, sondern Erzeugnisse „moderner“ Kunst, wobei die ältesten Exponate aus den sechziger Jahren stammen. Als charakteristisch für den lateinamerikanischen Kontinent erscheinen die Kunstgegenstände allenfalls dadurch, dass oft kräftige Farben benutzt wurden. Inhaltlich verraten die Kunstgegenstände nicht unbedingt etwas über den Ursprung ihrer Macher, denn viele Malereien oder auch Skulpturen sind im abstrakten Duktus gehalten. Sie sind oft eher dekorativer Natur statt politische Aussagen zu machen – die politische und soziale Zerrissenheit Lateinamerikas hat in ihnen keinen Widerschein.

Leider geben die Ausstellungsmacher kaum Informationen zu den einzelnen KünstlerInnen, auch ist die Ausstellung nicht länderspezifisch aufgebaut. Erklärt wird auch nicht, wie die Wahl der einzelnen Exponate zustande kam und worin die Bedeutung der Werke liegt. Deren Bewertung ist daher letztlich dem Betrachter überlassen. Einige Bilder wirken zudem wie Kopien aus Kunst- und Kulturgeschichte, so zum Beispiel die Malereien der argentinischen Künstlerin Karina Conen, die an die kubistischen Stillleben eines Georges Braque oder Juan Gris anknüpfen, oder die Acrylbilder des kubanischen Künstlers Rafael Manuel Calvo, bei denen einem die traditionellen Dot-Paintings der Australischen Aborigines einfallen.

Gut vertreten sind die Bilder des uruguayischen Künstlers José Gurvich (1927-1974). Der ursprünglich aus Litauen stammende Maler reflektiert in seinen abstrakt-figurativen Werken – die an Chagall, Klee und, wegen ihrer narrativen Dichte, auch an Bosch erinnern – Begebenheiten des Alltags und seiner Besuche von israelischen Kibbuzim. So etwa in dem Bild „Poem To Man“, in dem viele kleine Szenen aus dem ländlichen Raum übereinandergelagert sind: Bauern in Stiefeln, Frauengesichter, Schafe, Bäume, Pferdekarren. Gegenstände und Symbole dieser Art tauchen in sämtlichen Bildern des Künstlers auf. Eine seiner Serien variiert das Thema Frau und Mann. In „Forms, Symbols and Images“, einem Gemälde von 1967, hat José Gurvich mit sattem Blau und Rot gearbeitet, mit Effekten, die an die Farbwelten Mirós erinnern.

Jünger als die Werke José Gurvichs sind die gegenständlichen Bilder der argentinischen Künstlerin Sandra Labaronne, die sich in ihrer farbintensiven Malerei mit den Lebensbedingungen der Menschen auseinandersetzt. So etwa in dem Gemälde „Mixta sobre tela“, das sie aus dem Blickwinkel einer sitzenden Bettlerin gemalt zu haben scheint: Auf dem Bürgersteig liegen Getränkedosen herum, ein Hund zerrt an seiner Leine, Beine eilen vorüber, einige in lässigen Sneakers, andere in schicken Damenschuhen. Um die Exponiertheit des Menschen geht es auch in den Gemälden des kolumbianischen Künstlers Sair García: Hier steht ein winziges Haus verloren in einer nebulös-abstrakten Landschaft. Ist es eine Anspielung auf den Einzelnen, der einem korrupten System ausgeliefert ist?

„Art Latino – Américain ETNIA VI“ ist keine Ausstellung die große Erkenntnisse vermittelt, aber schaden tut ein Spaziergang durch die bunten Darstellungswelten auch nicht.

Zu sehen noch bis zum 4. Mai im Centre culturel de rencontre Abbaye de Neumünster.


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