CARGOLUX UND KEIN ENDE: Wirtschaftspolitik ohne Mandat

Gleich zweimal musste letzte Woche die Regierung ein Scheitern ihrer Wirtschaftspolitik eingestehen.

„Aber vielleicht glaubt er [Frieden] ja selbst nicht mehr an eine Zukunft mit den Kataris und ist schon dabei – ganz im Geheimen – eine Exit-Strategie vorzubereiten.“ Diese am 31.10. von uns geäußerte Mutmaßung erweist sich im Nachhinein als (zu) sehr optimistisch. Tatsächlich deuteten – nach dem Rücktritt des von der Regierung bestellten CEO, nach der Ankündigung, Teile der Cargolux-Maintenance ins Ausland verlegen zu wollen, und nach der Aufkündigung des Kollektivvertrags bei der Frachtfirma – schon Ende Oktober alle Anzeichen darauf hin, dass der Deal mit Qatar-Airways über kurz oder lang scheitern würde. Die massive gewerkschaftliche Präsenz vor der Abgeordnetenkammer in der letzten Woche ist nur noch so etwas wie ein Abgesang auf ein Unterfangen, das den Finanzminister, aber auch die ganze Regierung nachhaltig beschädigt hat.

Doch statt seine Fehleinschätzung der Rolle, welche Qatar-Airways innerhalb der Cargolux einzunehmen gedachte, einzugestehen, rechtfertigt Luc Frieden den von ihm eingefädelten Deal weiterhin und bedauert den jetzt definitiv angekündigten Rückzug des ehemals „strategischen“ Partners. Das zeigt aber auch, dass weder Frieden noch die Regierung eine Ersatzlösung parat haben. Insofern hat Transportminister Claude Wiseler Recht, wenn er meint, dass durch den Abgang der Kataris keines der Probleme der Cargolux gelöst sei. Allerdings bleiben er und seine Regierungskollegen uns immer noch den Beweis schuldig, dass die Kataris auch nur den Ansatz einer Lösung gebracht hätten.

Dass an demselben Tag, an dem letztere ihren Rückzug aus der Cargolux ankündigten, die Regierung ihrerseits das endgültige Ende des ominösen Liwingen-Projekts beschloss, das heißt, statt mit einem privaten Unternehmer auf der grünen Wiese ein kombiniertes Stadion-Outlet-Projekt zu verfolgen, nur noch die Instandsetzung des alten Fußball-Stadions in der Hauptstadt realisieren will, hat mehr als nur symbolischen Charakter.Tatsächlich weisen beide Dossiers Parallelen auf, die ein erhellendes Licht auf die Art und Weise werfen, wie in Luxemburg Wirtschaftspolitik betrieben wird. Auch wenn es stimmt, dass die uns so wertvolle Demokratie spätestens an den Werkstoren aufhört, findet Wirtschaftspolitik doch nicht im rechtsfreien Raum statt. Dass bei Kontaktaufnahmen und Vorgesprächen mit potentiellen privaten Investoren eine gewisse Diskretion herrschen muss, ist selbstverständlich. Doch müssen die, die in solche Verhandlungen eintreten, wissen, wie weit ihr Mandat reicht.

Das erfordert, dass sie im Vorfeld mit den Gremien, die mit der endgültigen Beschlussfassung betraut sind, abklären, was geht und was nicht. Und dass sie etwaige Rückmeldungen auch an die potentiellen Investoren weiterleiten. Erst wenn für alle Seiten klar ist, dass man miteinander kann, ist es möglich, solche strategischen Deals abzuschließen.

Dass Frieden erst jetzt „atmosphärische Störungen“ zwischen alten und neuen Cargolux-Eignern ausgemacht hat, zeigt deutlich, dass derlei Fragen nie gestellt wurden. Genauso, wie Ex-Wirtschaftsminister Jeannot Krecké sich zu keinem Zeitpunkt die Kompetenz der landesplanerischen Gremien zunutze gemacht hat – wenn nicht sogar, so der böse Verdacht, deren negative Bescheide auf Geheiß von Oben umgeschrieben wurden.

Es geht dabei nicht um die Frage, ob der eine oder andere Minister bewusst gegen die Interessen des Landes gehandelt hat – das zu klären, ist Sache der Strafgerichte. Es gilt vielmehr, nach diesen beiden Bruchlandungen Verfahrensregeln zu definieren und einzuhalten, die es erlauben, demokratische Mindeststandards und wirtschaftstrategische Erfordernisse miteinander in Einklang zu bringen. Das mag wie naive Träumerei klingen, ist aber langfristig der einzige Weg, Pannen à la Cargolux zu vermeiden. Gerade weil das Klima rauer wird, ist der Grat, auf dem die Wirtschaftspolitik sich bewegt, enger. Deshalb ist es auch kein Fehler, wenn man nicht versucht, Kompromisse über die Köpfe der Betroffenen hinweg einzugehen, selbst wenn diese Kompromisse unvermeidlich sind. Und wenn man die demokratische Kontrolle durch das Parlament nicht als sachwidriges Hindernis begreift.


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