WOHNUNGSNOT: Spenden und bewenden lassen

Wie ein Tropfen auf den heißen Stein wirkt der Mietzuschuss, den Marco Schank diese Woche vorstellte. Vor allem jedoch wird mit ihm das eigentliche Problem gar nicht berührt: die Preistreiberei bei den Mietwohnungen zu stoppen.

Seit Jahren steigen die Mietpreise in Luxemburg. Der „Observatoire de l’habitat“ stellte bei einer Analyse der in den Tageszeitungen angegebenen Mietpreise fest, dass zwischen 2005 und 2012 die Mieten für Häuser um 11,5 Prozent und diejenigen für Wohnungen um rund 20 Prozent gestiegen sind. Die Mietpreise für Einzimmerwohnungen legten sogar um 27 Prozent zu. Zugleich befanden sich im Jahr 2010 54 Prozent der Haushalte, die ein auf dem privaten Immobilienmarkt gemietetes Studio bewohnen, unter der Armutsgrenze.

Im Ministerrat wurde letzte Woche die gesetzliche Neuregelung bezüglich der Wohnbeihilfen, der sogenannte Mietzuschuss für einkommensschwache Haushalte, gebilligt – eine Maßnahme, von der rund 12.450 Haushalte profitieren sollen und die den Staat 14,3 Millionen Euro kostet.

Anfang dieser Woche stellte Wohnungsbauminister Marco Schank nun die neue Initiative vor. In den Genuss einer solchen „subvention de loyer“ kommen Haushalte, die monatlich mehr als 33 Prozent ihres Einkommens für die Miete ausgeben, keinen RMG beziehen und keine Sozialwohnung belegen. Zudem darf eine Einzelperson nicht mehr als 1.727 Euro im Monat an Einkommen haben, ein kinderloser Haushalt nicht mehr als 2.591 Euro und ein Haushalt mit einem Kind nicht mehr als 3.109 Euro etc.

Ein Witz! Die vom Ministère de logement berrechnete Wohnbeihilfe beläuft sich auf maximal 70 Euro für eine Einzelperson, 100 Euro für einen kinderlosen Haushalt, und jeweils 20 weitere Euro, wenn Kinder im Haushalt vorhanden sind. Die Hilfen sind also sehr niedrig, sind eher ein Tropfen auf den heißen Stein. Oder ein Almosen, das die Reformschwäche der Regierung bemänteln soll. Denn die „Subvention de loyer“ ist mit keinerlei konkreten Maßnahmen gegen den Wucher bei den Mietpreisen verbunden. Was sich in der Immobilienbranche seit geraumer Zeit abspielt, ist ein Skandal, und die Politik schaut zu.

Eine Möglichkeit, gegen den Mangel an Wohnraum vorzugehen und so auch auf die Preise einzuwirken, würde darin bestehen, das Recht auf Wohnraum – wie in Brüssel – neben dem Eigentumsrecht in der Verfassung zu verankern. Das würde auch die Grundlage für eine effiziente Kontrolle der Mietpreise bieten, ebenso wie für die vom Ministerium geplante Quotenregelung, nach der Gemeinden entsprechend ihrer Größe eine bestimmte Anzahl an Sozialwohnungen vorhalten müssen. Doch von einer solchen gesetzlichen Verankerung will Minister Schank nichts wissen.

Empfehlenswert wäre weiterhin, Steuern auf Mietkautionen oder die Kommissionen der Immobilienagenturen zu erheben. Und die Kommissionen vom Wohnungseigentümer bezahlen zu lassen, statt sie – wie jetzt – unlogischerweise dem Mieter aufzuladen.

Ein weiterer Missstand: Personen, die aus finanziellen Gründen sich mit anderen eine Wohnung teilen, sind vom Empfang der „subvention de loyer“ ausgeschlossen. Und die „Agence Immobilière Sociale“ (AIS), die Marco Schank zu unterstützen vorgibt und die er in Zukunft stärker auf Gemeindeebene zu verankern verspricht, muss mit einem bloß fünfköpfigen Personal über 100 Wohnungen verwalten und mehr als 800 laufenden Gesuche bearbeiten.

Schon vor Jahren wurden Neuregelungen im Wohnbereich versprochen, passiert ist jedoch noch nicht viel. Die Maßnahmen der CSV-LSAP-Regierung erscheinen einfach nur scheinheilig: Obwohl bereits viele Luxemburger ins umliegende Ausland ziehen, um dort Wohnraum zu erwerben, wird mittlerweile auch das Mieten – vor allem für Arbeitnehmer der unteren Lohngruppen – in Luxemburg unerschwinglich. Dass bisher in dieser ernsten Lage nur Flickarbeit statt grundlegender Reformen geboten wurden, erscheint wie Hohn.


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