Die Galerie Am Tunnel zeigt die Retrospektive „Bernd Schuler: Portraits and Landscapes 1973-2013“.
Liest der Besucher das bedeutungsvolle Wort „Retrospektive“ im Titel der Ausstellung, ist er geneigt anzunehmen, eine besondere Berühmtheit sei auf dem Boden, oder besser im Untergeschoss, der verschlafenen Hauptstadt Luxemburg gelandet. Doch dem ist keineswegs so. Bernd Schuler entpuppt sich nach einer erfolglosen Google-Suche als ein Nobody, als Jemand ohne Wikipedia-Eintrag. Trotzdem gönnt die BCEE dem Fotografen aus Gemersheim eine Retrospektive. Das ist mutig, ja fast verwegen.
Viele von Schulers Fotos sind bunt, quietschig und schick. Besonders „Galli Domestici“ und „Recreation II“ veranschaulichen Absurditäten des alltäglichen Lebens. Hühner aus Plastik und pinke Springbrunnen-Skulpturen bilden hier die Hauptdrolligkeit. Stylish gekleidete, skatebordfahrende Omas sind weitere Extravaganzen, die an kalifornischen Stränden festgehalten wurden. Manche der Farbfotos erinnern auffallend an den Stil William Egglestons, des Pioniers der Farbfotografie. Flotte Oldtimer, die durch die Straßen rollen, das simple Interieur von Diners im Halbdunkeln und vor allem Schilder, die im angeblichen Nichts stehen, sind Motive, die auch in den Bildern des amerikanischen Fotografen vorkommen. Auch an deren Farbstrotzig- und ausgeprägte -stichigkeit, die stets ein Gefühl für die Irrealität der Wirklichkeit weckt, lehnt Schuler sich an. Seine Perspektiven sind allerdings bei weitem nicht so ungewöhnlich. Neben den Farbfotos zeigt er auch Schwarz-Weiß-Abzüge, beispielsweise eindrucksvolle Porträts von Grace-Jones und Uschi Obermeier.
Die meisten Reportagebilder sind auf Reisen nach Cuba und in die USA entstanden. Das macht die Bilder nicht schlecht, verhindert aber irgendwie, dass sie perfekt sind. Denn der Betrachter vermisst bei vielen Fotos die Intimität, die entsteht wenn ein Fotograf sich ausgiebig mit seinem Sujet beschäftigt hat und sich auf dieses einlässt. Man merkt: Schuler hat mit diesen Menschen nicht gelebt. Wahrscheinlich nicht einmal geredet. Als Anhängsel der Ausstellung bekommt man noch ein paar, so scheint es, eher lustlos geknipste Fotos mit Luxemburg-Bezug zu sehen. Spätestens hier muss dem Betrachter der thematische und kompositorische Wirrwarr der Ausstellung auffallen. Schwarz-Weiß-Fotos hängen planlos zwischen Farbformaten, Aufnahmen von Parks neben solchen von Tankstellen, und der Aufnahmezeitpunkt der Bilder hat bei ihrer Anordnung keine Rolle gespielt. Schlimm auch: Einige Digitalfotos wurden durch die Vergrößerung, wahrscheinlich ungewollt, verpixelt.
Der Pfälzer möchte mit seinen Bildern nicht belehren, er hat keine didaktischen Absichten und keine Botschaft, wie eine Informationstafel im Tunnel hervorhebt. Das muss er auch nicht unbedingt. Was er allerdings haben müsste, ist der Impuls, thematische Schwerpunkte gezielter zu setzen und etwas mehr Kreativität einzubringen. Oder braucht man hierzu eine Meinung?
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